Colik. 211
gegen die Entfernung der Ursache meist erst in zweiter Reihe zu berück-
sichtigen, denn da diese gewöhnlich eine längere Behandlungsdauer in
Anspruch nimmt, ja sich der direkten Einwirkung oft genug ganz entzieht,
so muss sie gewöhnlich für die anfallsfreie Zeit aufgehoben, oder die
Dauer und Heftigkeit der Anfälle zuvor auf symptomalischem Wege ge-
mildert werden.
Wo überhaupt eine causale Behandlung möglich und nothwendig ist,
möge man stets darauf Bedacht nehmen, zur Erreichung des Zweckes,
sich möglichst solcher Mittel zu bedienen, die den vorhandenen Darm-
schmerz nicht vermehren. So wähle man bei der durch Stuhlverstopfung
und Verhärltung von Faecalmassen entstandenen Colik die leichteren und
milderen Purganlia oder Kiystiere und gehe nicht ohne Noth zu den hel-
tiger wirkenden, drastischen Mitteln über.
$. 126. Symptomatische Behandlung: Sie stimmt in ihren
wesentlichen Umrissen mit der bei der Cardialgie angegebenen überein,
und bezweckt in ähnlicher Weise wie dort Hebung oder Minderung der
abnormer Weise gesteigerlen Sensibilität des Darms und der dadurch be-
dingten verstärkten Reflexbewegungen. Innerlich passen daher: die Nar-
cotica, insbesondere die Blausäure und Opiumpräparate, die Nux vomica,
unter Umständen, insbesondere bei rein nervösem Charakter der Kolik die
aromatischen, ätherischen, krampfstillenden Mittel (insbesondere heisse Auf-
güsse von Chamillen, Mentha, Melissa, Flor. Aurant., Valeriana, die Tinct.
Castorei, Valerianae, Ol. Cajeput. Assa foetid.) Von äusseren Mitteln wir-
ken vortheilhaft die Wärme in Form von Cataplasmen, warmen Tüchern,
Wärmflaschen u. dgl., das Reiben, Frottiren und Kneten des Unterleibs,
Einreibungen von ätherischen, nareotischen und krampfstillenden Mitteln.
Die Umrisse der Behandlung der wichtigsten Formen der Kolik, die
oben bezeichnet wurden, mögen hier angedeutet werden.
$, 127. 1) Die Kolik durch Anomalieen des Inhalts, (Spei-
sen, Getränke, Medicamente). Es ist zunächst zu berücksichtigen, ob
Theile der schädlich wirkenden Ingesta sich noch im Magen befinden, in
welchem Falle unter den nöthigen Cautelen die Entfernung derselben durch
Brechmittel zu bewerkstelligen ist. Ist, wie hei dieser Form gewöhnlich,
Diarrhöe vorhanden, so ist dieselbe in so lange nicht zu stillen, als die
Stühle den faecalen Charakter darbieten, und erst wenn diese einen schlei-
migen oder wässrigen Charakter annehmen, längere Zeit forldauern, dür-
fen die gegen Diarrhöen indieirten Mittel (Opiate, Ipecacuanha, die adstrin-
girenden Vegetabilien, nicht leicht bei fortdauernder Colik mineralische Ad-
stringentia) angewendet werden. Wenn dagegen bei fortdauernder Colik
die Darmentleerungen sistiren, während durch Palpation und Percussion
die Gegenwart von Faecalmassen im Darm naöhgewiesen werden kann,
so sind die milderen Purgantia, von welchen nicht leicht eine Vermehrung
des Kolikschmerzes zu fürchten (Ol. Rieini, einige Gaben Calomel, Rheum)
möglichst in der schmerzfreien Zeit in Gebrauch zu ziehen. — Bei saurer
Beschaffenheit, der durch Stühle und Erbrechen entleerten Massen, (ins-
besondere bei Kindern) die absorbirenden und säurelilgenden Mittel, bei
toxischer Einwirkung, nebst den speecifischen Antidolis: schleimige, ölige,
einhüllende und schmerzstillende, bei den auf Wurmreiz beruhenden Fäl-
len die anthelminlischen Mittel. In symptomatischer Beziehung ist auch
hier das eben angedeutete Verfahren im Allgemeinen zu befolgen. Die
Heftigkeit des Schmerzes kann die Anwendung der Narcotica ‘erfordern,
von denen jedoch das Opium, wegen seiner siuhlanhaltenden Wirkung
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