714 Bamberger, Krankheiten des Digestionstractus,
2) In krankhaften Zuständen der Darmschleimhaut. Der Häufigkeits-
reihe nach oben an stehen hier die acuten und chronischen catarrhali-
schen Zustände, namentlich des Dickdarms. Weniger constant ist die
Diarrhöe bei den Catarrhen des lleum; am Duodenum und Jejunum kom-
men selbst heftige Entzündungen ohne Diarrhöe, ja selbst mit dem entge-
gengeselzien Zustande vor. Der secundäre Catarrh ist überdiess sowohl
bei Geschwüren, als bei andern Texturerkrankungen des Darms die eigent-
liche Ursache der begleitenden Diarrhöen, oder er betheiligt sich mi nde-
stens an derselben in verschiedenem Massstabe. — Ein ähnliches Verhält-
niss zwischen Diarrhöe und der ergriffenen Localität zeigen die croupösen
Exsudate, die aber an und für sich schon weit häufiger im Dickdarm als
im Dünndarm vorkommen. Bei dysenlerischen, tubereulösen,, typhösen,
follieulären, catarrhalischen und anderen Geschwüren hängt das Vorkom-
men und die Heftigkeit der Diarrhöe neben dem eben genannten Momente
auch von der mehr oder weniger reichlichen Secretion der Geschwürs-
fläche, ab. In dieser Art kann es auch bei Lageveränderungen, Compres-
sion und Verengerung, sowie bei Incarceralionen und Intussusceptionen,
trotz der mehr oder weniger vollständigen Aufhebung der Continuität zu
Diarrhöen kommen.
3) Auch durch Innervationsstörungen können Diarrhöen bedingt wer-
den, meist sind dieselben jedoch eine rasch vorübergehende Erscheinung,
die wohl auf vermehrter Seeretion des Darms beruht. Furcht, Schreck,
Zorn und andere Gemüthsaffecte, Hysterie und manche andere nervöse
Störungen rufen solche vorübergehende Diarrhöen bei manchen Individuen
hervor. i
4) Die Diarrhöe begleitet manchmal andere Krankheiten, ohne dass
man in solchen Eällen immer von einer calarrhalischen, oder anderweitig
nachweisbaren Erkrankung des Darms mit Sicherheit sprechen könnte,
auch hier mögen wohl veränderte Secrelionsverhältnisse eine nicht un-
wichtige Rolle spielen. Die sogenannien colliquativen Diarrhöen hingegen
bei dyscratischen Krankheiten (Tubereulose, Pyaemie, Puerperalfieber u.
Ss. w.) beruhen, so weit ich mich davon durch eigene Erfahrung überzeu- .
gen konnte, stets auf nachweisbaren Texturveränderungen des Darms, na-
mentlich Geschwüren, catarrhalischen und croupösen Entzündungen, oder
sie tritt bei manchen acuten und chronischen Krankheiten zu einer ge-
wissen Zeitperiode mit wahrnehmbarer Rückwirkung auf den Krankheits-
verlauf ein (kritische Diarrhöe) und es können auf diese Weise allerdings
bestehende Störungen ausgeglichen werden. Hieher wären auch jene Fälle
zu rechnen, wo man die Diarrhöe als vicarirende Secretion bei Verbren-
nungen und plölzlicher Unterdrückung der Hautthätigkeit, bei Unterdrückung
der Menstrualion, schneller Heilung von Fussgeschwüren u.dgl. beobachtet
haben will. Wenn auch ein gewisses antagonistisches Verhältniss nament-
lich zwischen Haut und Darmschleimhaut nicht in Abrede gestellt werden
kann, so sind doch hiebei vielfach gleichzeitige Erkrankungen der leizteren
übersehen worden. — Es wird behauptet, dass die Diarrhöe auch als
Ausdruck und Localisation des Intermiltensprocesses auftreten könne
Diarrhöa typosa).
$. 130. Manchen Individuen ist eine gewisse Disposition zu Diar-
thöen eigenthümlich, von denen sie auf die leichteste Veranlassung, nach
geringen Diätfehlern, oder auch wohl bloss auf den Genuss eines weniger
gewohnten Nahrungsmiltels, nach leichten Verkältungen, Durchnässungen
u. dgl. befallen werden. Bei solehen bewirken auch schon die leichtesten
Abführmittel in geringer Dosis flüssige Entleerungen. Wir sind nicht im
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