Full text: Krankheiten des chylopoetischen Systems (6. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
Diarrhöe. 917 
malitätsgrad der Functionen des Darms andeuten, als weniger gefährlich 
angesehen und ihr Wiedererscheinen in gewissen Darmkrankheiten (Darm- 
eatarrhen, Typhus, besonders Ruhr und den stenotischen Zuständen) als 
günstige prognostische Bedeutung betrachtet wird. — Der Abgang unver- 
dauter Nahrungsmittel in flüssigen Stühlen — Lienterie*) — kömmt nicht 
selten bei diarrhoischen Zuständen der verschiedensten Art vor, andauernd 
und in höheren Graden findet er sich bisweilen bei ausgedehntem Verluste 
der Darmzoiten und pathologischen Veränderungen der Gekrösdrüsen (ins- 
besondere nach Typhus und Dysenterie)so wie beiabnormen Communicalionen 
zwischen Magen und Duodenum einerseits und dem Dickdarm andererseits, 
für welche Fälle jener Zustand von diagnostischem Werthe sein kann. 
b) Wässrige Beschaffenheit. Sie scheint auf einer dünnen, 
wässrigen, nur wenig von den chemischen und Formelementen des Darm- 
schleims enthaltenden Seeretion des Darms zu beruhen. Sie findet sich 
häufig im Anfangsstadium der Schleimhautentzündungen, bei ödematöser 
Schwellung der Darmschleimhaut (Morbus Brighti und allgemeine Hydro- 
psieen), bei den, nach Verkältungen, unterdrücktem Schweisse und Ge- 
müthsbewegungen plötzlich entstehenden Diarrhöen, bei den im Lösungs- 
zeitraum mancher, besonders acuter Krankheiten sponlan eintretenden (So- 
genannten kriischen) und den durch medicamentöse Einwirkung entstehen- 
den Diarrhöen, so wie nach übermässigem Genuss von Flüssigkeiten, flüs- 
sigen Nahrungsmitteln, wässrigen Früchten u. S. w. Gewöhnlich sind der- 
art wässrigen Entleerungen noch Faecalmassen, mitunter auch pathologi- 
sche Producie (insbesondere Darmschleim in grösserer Menge oder ver- 
änderier Beschaffenheit) beigemischt. Die semiotische Bedeutung ergibt 
sich aus dem Angeführten. Hierher gehören auch die reiswasserar- 
tigen Entleerungen der Cholera asiatica, die überwiegend aus einer an 
Chlornatrium sehr reichen wässrigen Flüssigkeit bestehen, und deren reis- 
wasserarliges Aussehen von suspendirten Epithelien herrührt. Das soge- 
nannte Darmgeschabsel besteht meist aus dem abgestossenen Epithelialüber- 
zuge des Darms, in Form grösserer Lappen und Feizen, doch gehen 
auch abgestossene Exsudatmassen, Geschwürsschorfe und andere Beimen- 
gungen häufig mit unter diesem Namen. 
ec) Schleimige und eitrige Beschaffenheit. Glasarlig durch- 
scheinende grössere Schleimmassen finden sich häufig bei calarrhalischen 
Zuständen des Diekdarms. Kleinere sagoartige Schleimklümpchen bedeu- 
ten überwiegendes Ergriffensein der Diekdarmfollikel (Follieularcatarrh) 
nicht selten sind ihnen Blutklümpchen beigemischt. Im weiteren Verlaufe 
trübt sich der Schleim nimmt, eine undurchsichlige puriforme Beschaffen- 
heit an, zeigt nicht selten vollkommen die Beschaffenheit des Eiters (Dys- 
enterie). Hierher gehört auch die sogenannte Chylorrhoea oder Fluxus 
eoeliacus, indem die früher für Chylus gehaltenen weisslichen Massen auf 
“ einer derartig veränderten Seereiion der Schleimhaut beruhen. Mitunter 
  
*) In älteren und zum Theil auch noch in neueren pathologischen Schriften werden unter 
dem Namen Lienterie Diarrhöen der verschiedensten Art (wie denn auch der Name: 
von }stov glatt, und Zvreoov Eingeweide, laevitas intestinorum eben nichts anderes 
bedeutet), beschrieben. Nur bei einem Theile der Schriftsteller gilt der Abgang 
unverdauter Speisereste als charakterisch für die Lienterie. Die zu Grunde liegen- 
den anatomischen Veränderungen sind’ nach den Beschreibungen sehr verschieden, 
in der Mehrzahl der Fälle aber scheint das, was man mit Lienterie bezeichnete, 
eine Form der chronischen Dysenterie gewesen zu sein. 
  
 
	        
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