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Diarrhöe. 219
8. 136. Von den mieroscopischen und chemischen Bestandtheilen
der diarrhoischen Stühle sind ausser dem bereits erwähnten Vorkommen
unzersetzter Galle und der Beimengung von Blut noch insbesondere zu er-
wähnen.:
1) Epithelien, einzeln oder in zusammhängenden Masse nsind eine ge-
wöhnliche Erscheinung bei allen diarrhoischen Zuständen. - Dasselbe gilt
von den:
2) Schleim- und Eiterkörperchen. Je bedeutender der Grad der
Schleimhautentzündung desto mehr pflegen letztere zu überwiegen.
3) Auch die Krystalle von phosphorsaurer Ammoniak-Magnesia,
früher als charakteristisch für Typhusstühle angesehen, finden sich häufig
bei Diarrhöen jeder Art, insbesondere dort, wo durch Zersetzung und
Fäulniss des Darminhalts sich Ammoniak bildet, daher in der That häufig
bei Typhus, Dysenterie, Cholera.
4) Necerolische Schleimhautstücke, Geschwürsschorfe, faserstofige Ex-
sudate, kommen bei den verschiedenen Geschwürsprocessen, Dysenterieen,
Darmbrand, Intussusceptionen u. Ss. w. vor. 3
5) Eiweissgehalt der Stühle (in etwas grösserer Menge und nicht
von Nahrungstoffen ableitbar) ist steis ein Zeichen von bedeutenderen
Entzündungsgraden des Darms und findet sich insbesondere bei der Dy-
senterie, der Follicularverschwärung bei Typhus und Cholera, nach Leh-
mann auch bei den flüssigen Entleerungen hei Morbus Brighti, dann
selbstverständlich bei allen Darmblutungen.
(Ueber die besonderen Eigenthümlichkeiten der Stühle bei den ein-
zelnen Krankheiten des Darms, siehe sowohl die betreffenden Kapitel, als:
Lehmann’'s physiol. Chemie. Bd. 2. Pag. 123.)
$. 137. Die Häufigkeit der diarrhoischen Entleerungen ist sehr ver-
schieden nach den bedingenden Krankheiten, sie ist nebst dem etwa noch
vorhandenen Inhalt an Fäcalstoffen, insbesondere von der Secretion der
Schleimhautfläche und von der peristallischen Bewegung des Darms ab-
hängig, welche letztere selbst wieder durch die Grösse des auf die
Schleimhaut ausgeübten Reizes, und den Grad der Reflexerregbarkeit im
Allgemeinen begründet ist. So kann es geschehen, dass trotz bedeuten-
der Ansammlung von flüssigen Stoffen doch keine oder nur sparsame Ent-
leerungen erfolgen. (Nicht selten als Zeichen eines paralytischen Zu-
standes des Darms ein lethales Symptom bei Dysenterie, Cholera, Darm-
blutungen und andern schweren Darmkrankheiten.)
VERLAUF, AUSGAENGE, PROGNOSE.
$. 138. Der Verlauf der Diarrhoeen ist acut oder chronisch, und ist
zunächst von der Urache, weiterhin von zahlreichen inneren und äusseren
Einflüssen, vorzüglich von diätelischen und therapeutischen Momenten ab-
hängig. ;
Als acut verlaufende Diarrhoeen zeigen sich meist solche, die auf
Verkältungen, Gemüthsaffeeten, vorübergehenden, die Darmschleimhaut tref-
fenden Reizen und acuten Erkrankungen derselben beruhen. — Einen
chronischen Verlauf zeigen jene die durch chronische Texturveränderung
des Darms bedingt sind. In beiden Fällen entwickelt sich häufig eine ge-
wisse Disposition des Darms, die auf unbedeutende Veranlassungen zu
Reeidiven führt. — Es werden Fälle von jahrelanger Dauer der Diarrhoe
ohne besondere Rückwirkung auf den Organismus angeführt, deren Be-
sründung unbekannt ist. Ich selbst behandelte einen Kranken der angeb-
lich seit 20 Jahren an Diarrhoe litt, ohne dass bei demselben eine we-