Full text: Krankheiten des chylopoetischen Systems (6. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
  
  
796 Bamberger, Krankheiten des Digestionstractus. 
ist diese Unterscheidung begreiflicherweise von Wichtigkeit und man wird 
sich im concreten Falle stets darüber Rechenschaft geben müssen, ob 
man es mit dem einen oder andern Umstand zu thun habe, oder ob sich 
beide Momente und in welchem Grade daran betheiligen. 
URSACHEN. 
$. 149. Die zahlreichen speciellen Gründe der Stuhlverstopfung las- 
sen sich im Allgemeinen auf folgende Reihen zurückführen: 
1) Fehlerhafte Beschaffenheit der Ingesta besonders grobe, schwer- 
verdauliche, sehr trockene, viel Rückstand hinterlassende Nahrungsmittel 
(vorzugsweise Hülsenfrüchte, grobe Mehlspeisen, harte zähe Fleischarten, 
Kartoffeln, manche Früchte, wie Mispeln, Kastanien u. dergl.) ferner ad- 
Stringirende Substanzen, herbe rothe Weine, starke Biere und von Arz- 
neimitteln besonders die Bleipräparate, Alaun, Kalk, Wismuth, Nitras ar- 
genti und die als Antidiarrhoica bekannten vegetabilischen Adstringentia. 
2) Geringe Menge oder fehlerhafte Beschaffenheit des Darmsafles, 
besonders bei chronischen entzündlichen Zuständen der Schleimhaut, auch 
bei blosser chronischer Hyperämie, wie sie oft als Folge mechanischer 
Stase bei Krankheiten der Leber und Pfortader (desshalb häufig bei Hä- 
morrhoidariern) des Herzens und der Lungen vorkommt. - Zum Theile 
wenigstens liegt auch in diesem Momente der Grund der Stuhverstopfung 
in den meisten fieberhaften und entzündlichen Krankheiten, und da wo 
. andere Secrelionen (Schweiss, Diurese) übermässig reichlich sind, bei 
Diabetes, zu lange fortgesetzter Lactation u. s. w. Ob auch Veränderun- 
gen in der Menge und Beschaffenheit des Magensaftes, der Galle, des 
Pancreassaftes Ursache der Stuhlverstopfung sein können, lässt sich zur 
Zeit nicht mit Sicherheit bestimmen. Für die Galle ist diess auf Grund 
mancher pathologischen Beobachtungen allerdings wahrscheinlich. 
3) Mangelnde oder geringe peristaltische Bewegung des Darms; be- 
dingt durch verschiedene, theils selbstständige, theils secundäre Verände- 
rungen der Muskelhaut, insbesondere: 
a. Uebermässige Verdünnung und Atrophie derselben bei bedeuten- 
den Ausdehnungen des Darmrohrs. Ob es eine selbstständige Atrophie 
der Darmmuskelfasern gebe, ist zweifelhaft, doch scheint dieselbe jeden- 
falls bei allgemeiner Atrophie nicht selten an dem Schwunde Theil zu 
nehmen. 
b. Infiltrationen und Continuitätsstörungen derselben und zwar: seröse 
Infiltration des Darms namentlich bei Morbus Brightii, seltener bei andern 
Hydropsieen, vorzugsweise aber als Folge entzündlicher Processe der 
Schleimhaut, des submucösen Zellgewebes und des Peritonaeum. (Ohne 
Zweifel kommt hier häufig, namentlich bei Entzündungen des Peritonäum 
noch ein lähmungsarliger Zustand der Muscularis in Betracht, von wel- 
chem es zweifelhaft ist, ob er in der Infiltration der Muskelhaut allein 
“seine ausreichende Erklärung findet. Analoge Zustände finden sich fast 
an allen von serösen Häuten bedecekten Muskeln). Infiltration von Krebs- 
  
nirte Stoffe betrachten, kann heut zu Tage, wo man von der rein exerementitiel- 
len Natur derselben überzeugt ist, nicht mehr angenommen werden. Desshalb 
unterliegen auch Mittheilungen wie z.B. die vonStaniland über eine Tmonatliche 
Constipalion bei vortrefllichem Appetit und ohne vorhandene Faecalstase wohl 
gerechten Bedenken. Es mag wohl auch in der vorgefassten Ansicht über die 
Resorption der Fäcalmassen als solcher liegen, wenn Copland behauptet, bei 
langwierigen "Verstopfungen übelriechenden Athem und stinkende Hautausdünstung 
beobachtet zu haben. 
  
  
  
  
  
  
  
 
	        
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