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936 Bamberger, Krankheiten des Digestionstractus.
nen Sauerstoff mehr, dagegen sehr viel Wasserstoff und Kohlensäure. Im
Dickdarm kommen zu diesen Gasen noch durch weitere Zersetzung beson-
ders der stickstoffhaltigen Nahrungsmittel: Kohlenwasserstoflgas uud meist
auch Schwefelwassersloffgas hinzu.
Unter abnormen Umständen finden sich oft im Magen Kohlensäure
und Wasserstoffgas in grösserer Menge als Producte der saueren und
weinigen Gährung, selbst Schwefelwassersioffgas durch Zersetzung der
stickstoffhaltigen Nahrungsmitlel. Ueber die Beschaffenheit der Darmgase
bei krankhaftem Zustande ist bis jetzt leider beinahe nichts Sicheres be-
kannt.
$. 166. Suchen wir nun nach den Gründen der krankhaften An-
sammlung von Gas im Magen und Darmkanal, so zeigen sich in allge-
meiner Uebersicht folgende:
1. Die Beschaffenheit der Nahrungsmittel. — Dahin gehören be-
sonders solche, die der weinigen oder essigsauren Gährung unterliegen
wie: Most, unausgegohrenes Bier, frisches Brod, mit Hefe bereitetes Back-
werk, ferner die Hülsenfrüchte, rohes Obst, Kohl und andere Gemüse.
(Bei Rindern und Pferden bedingt bekanntlich der Genuss des frischen
Grünfutters im Frühjahre eine sehr gefährliche Form von Trommelsucht.)
Je weniger energisch die Verdauung, je mehr Magen und Darmkanal sich
in krankhaftem Zustande befinden, desto leichter treten nach dem Genusse
ähnlicher Substanzen, Blähungsbeschwerden ein. Auch bei Säuglingen und
eiwas älteren Kindern sind Gasansammlungen in Folge fehlerhafter Nahrung
eine häufige Erscheinung und sind da oft mit Erbrechen und gastrischen
Erscheinungen, noch öfters mit Diarrhoe oder Stuhlverstopfung verbunden.
2. Veränderle Beschaffenheit der Verdauungssecrete. Unter dem
Einflusse derselben bilden sich neben anderen abnormen Umsetzungspro-
ducten häufig auch gasförmige. Im Magen insbesondere kömmt es unter
solchen Umständen öfters zu wirklicher Gährung der Ingesta und hiebei
zur Bildung von Kohlensäure. Ueber das pathologische Verhalten der
übrigen Verdauungssecrete, und über die nähere Beschaffenheit der Gase,
die sich unter solchem Einflusse im Darmkanale bilden, ist bisher nichts
näheres bekannt. Wahrscheinlich dürften hier besonders Kohlen - und
Wasserstoffgas gebildet werden. ;
3. Verminderung des Tonus der Magen - und Darmmuscularis, wo-
dureh die Weiterbeförderung der Contenta gehindert, ihre Zersetzung und
die Ansammlung von Gasen begünstigt wird. Der Meteorismus ist daher
eine häufige Erscheinung bei schweren acuten Krankheiten im Allgemei-
nen, bei welchen der Tonus sowohl der willkührlichen als unwillkührlichen
Muskeln leidet, so nahmentlich beim Typhus (auch ohne Darmaffection)
bei schweren Fällen von Pneumonie, von acuten Exanthemen, Puerperal-
fieber u. s. w. Höhere Grade desselben sind daher bei diesen und ähn-
lichen Krankheitsformen stets ein ungern gesehenes Symptom. Nicht
leicht: erreicht der genannte Zustand in seiner acuten Entwicklung bei
einer anderen Krankheit höhere Grade als bei der Peritonilis als Folge der
durch dieselbe bedingten Paralyse der Darmmuscularis, namentlich bei
der puerperalen Form wegen der bedeutenden Telaxation der Bauchwand.
Ein solcher paralylischer Zustand kann ferner auch durch acute und chro-
nische Leiden des Darms, besonders der Schleimhaut (Katarrh, Dysenterie
ausgedehnte Geschwüre, Vergiftungen u. s. w.) durch länger dauernden
Ascites, durch die Gewohnheit die Exeremente und Darmgase zurückzu-
halten, durch Missbrauch der Purgirmittel und Klystiere, sowie endlich
central durch Krankheiten des Gehirns, des Rückenmarkes (vielleicht auch