Full text: Krankheiten des chylopoetischen Systems (6. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
Magen- und Darmblutung. 945 
8. 182. 1. Blutungen durch verstärkten Blutdruck. Da- 
hin gehören: 
a. Die früher sogenannten activen Blutungen bei entzündlich -hyper- 
aemischem und eongestivem Zustande der Magen - und Darmschleimhaut; 
so bei acuten catarrhalischen und beginnenden croupösen oder phlegmo- 
nösen Entzündungen. Die Blutung ist in diesem Falle eine capiliare, ihrer 
Quantität und pathologischen Wichtigkeit nach meist nicht bedeutend. Hier- 
her dürften wohl auch die wahrscheinlich auf einer rasch eintretenden Hy- 
perämie des Darms beruhenden Blutungen zu rechnen sein, die KRoki- 
tansky nach Verbrennungen der Bauchhaut beobachtete. 
b. Die auf Hindernissen im Kreislauf beruhenden, zur Blutstauung 
führenden, sogenannten mechanischen Blutungen. Dahin gehören vorzugs- 
weise Krankheiten der Pfortader und der Leber (Cirrhose, Muskatnuss- 
leber, grosse Geschwülste, acule Atrophie), Verengerung der unlern Hohl- 
vene oberhalb des Einiritispunktes der Lebervenen; dann Krankheiten des 
Herzens und der Lungen, seltener der Milz. Die Blutungen sind zwar hier 
meist capilläre, doch kann die Ruptur auch grössere Gefässe betreffen. 
Die Quantität ist daher manchmal eine bedeutende, insbesondere sind Blu- 
tungen dieser Art durch ihre Neigung zu öfteren Recidiven gefährlich, doch 
können durch sie auch bestehende Beschwerden gehoben oder verringert 
werden. 
c. Zu den Blutungen durch verstärkten Seitendruck gehören auch 
die sogenannten vicariirenden Blutungen aus dem Magen und Darmkanal 
bei Unterdrückung oder Anomalieen der Menstrualion, der Haemorrhoidal- 
blutungen. Denn obwohl die Häufigkeit dieser Fälle gewiss bei weitem 
übertrieben worden und manches als vicariirende Blutung angesehen wor- 
den ist, was seinen Grund in anderweiligen materiellen Texturveränderungen 
hatte, so lässt sich doch das Vorkommen derselben nicht in Abrede stellen. 
8. 183. 2. Blutungen durch Veränderungen der Gefäss- 
häute. Dahin sind zu rechnen: 
a. Chronische nnd mechanische Einwirkungen wie caustische und 
corrodirende Substanzen, verschluckte oder spilze Gegenstände, sehr an- 
strengendes Erbrechen, Fall, Schlag oder Stoss auf die Bauchgegend. Auch 
bei einem Fall auf den Rücken sah ich eine heflige Magenblutung. 
b. Pathologische Zustände derselben wie Varicositäten der Venen, 
aneurysmalische Ausdehnung der Arterien. (Grössere arterielle Gefässe des 
Unterleibs selbst die Aorta können an die Magen- oder Darmwand ange- 
löthet werden, dieselbe perforiren und ihr Blut in die Höhle ergiessen, 
wobei natürlich der Tod fast augenblicklich erfolgt.) Allein auch die Capil- 
largefässe unterliegen ohne Zweifel krankhaften Veränderungen, die aber 
bisher eben in dieser Provinz nicht näher untersucht worden sind. Ge- 
wiss mögen manche Blutungen für die sich keine genügende Ursache nach- 
weisen lässt, besonders bei älteren Individuen auf derselben fettigen Me- 
tamorphose der Gefässhäule heruben, die an anderen Orten nachgewiesen 
worden ist. 
ec. Bisher noch ungekannte Veränderungen der Gefässhäute sind es 
auch wohl zunächst, die den sogenannten passiven Blutungen bei schwe- 
ren allgemeinen Krankheiten. wie beim Scorbut, beim gelben Fieber, bei 
aculen exanihematischen Processen, vielleicht auch bei der Bluterkrankheit 
zu Grunde liegen. Ob diese Veränderung bloss in Verlust des normalen 
Tonus und der Elastieilät, oder auf anatomischen Störungen der Gefäss- 
membranen beruhen, die durch- die veränderte Blutmischung eingeleitet 
werden, lässt sich bisher wohl kaum entscheiden. Dass sich übrigens an 
 
	        
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