946 Bamberger, Krankheiten des Digestionstraetus.
dem Zustandekommen dieser Blutungen häufig auch veränderte Strömungsver-
hältnisse, locale Stauungen und Verstärkungen des Seitendrucks bethei-
ligen ist mehr als wahrscheinlich,
d. Endlich gehören hieher die Verletzungen und Arrosionen kleiner
oder grösserer Gefässe des Magens- und Darmkanals, sowohl durch ulce-
röse Processe seiner Schleimhaut, als auch durch Afterprodukie und Ge-
schwüre, die von benachbarten Organen her den Darmtractus von aussen
perforiren. Bezüglich der letzteren müssen wir auf die Perforationen des
Darms verweisen, beireffs der ersteren ‚sind hier für die Magenblutung
vorzugsweise das runde oder perforirende Magengeschwür als die Quelle
der meisten und hefligsten Fälle von Haematemesis, dann die haemorrha-
gischen Erosionen und der Magenkrebs; für die Darmblutungen aber die
dysenterischen, {yphösen, folliculären, tuberculösen, Krebsigen und ca-
tarrhalischen Geschwüre, das runde Duodenalgeschwür (und die Ge-
schwüre daselbst nach Verbrennungen der Haut) die.Gangraen des Darms
und die Darmeinschiebung zu erwähnen. Blutungen in den Darm aus der
Leber durch den Ductus choledochus oder aus dem Pancreas sind äusserst
seltene Vorkommnisse.
$. 184. Wollte man, was in praktischer Beziehung nicht ganz ohne
Interesse ist, eine Häufigkeitsscalä der in Rede stehenden Blutungen mit
Bezug auf die Ursache aufstellen, so würde sich diese in absteigender Ord-
nung ungefähr folgendermaassen verhalten:
Für den Magen: Rundes Geschwür, Krebs, hämorrhagische Ero-
sionen und mechanische Kreislaufsstase, Vergiftungen, Verletzungen und
fremde Körper, Dyserasieen (Scorbut),Schleimhautentzündungen, Ruptur grös-
serer Aneurysmen (Aorta, Coeliaca), vieariirende Blutungen
Für den Darm: Dysenterie, Typhus, Krebs (im Dickdarm), mecha-
nische Blutung, dyscrasische Blutung, Vergiftungen und fremde Körper,
tuberculöse, follieuläre, catarrhalische Geschwüre und Schleimhautenizün-
dungen, rundes Duodenalgeschwür, Aneurysmen, vicariirende Blutungen *).
$. 185. Die Magen- und Darmblutung kommt in allen Lebensaltern
vor, allein das mittlere und höhere Alter sind ihr im Ganzen mehr unter-
worfen, bei Kindern ist sie verhältnissmässig selten. Doch kommt eine be-
sondere Form der Melaena mit reichlichen blutigen Entleerungen meist
gleichzeitig durch Mund und After, bei Neugebornen **) in den ersten Le-
benstagen (meist von lten bis 4ien) vor, deren causale Verhältnisse bisher
noch wenig gekannt sind. Billard schreibt sie einem allgemein plethori-
schen Zustande, Kiwisch der zu schnellen Unterbindung des Nabel-
stranges zu, Rilliet und Barthez glauben, dass die Disposition in dem
natürlichen Blutreichthum der Magen-Darmschleimhaut der Neugebornen
*) Es mag vielleicht Unrecht, sein und den Erfahrungen Anderer widersprechen,
dass ich hier die vicarürenden Blutungen als die seltensten bezeichne; allein da ich
alle oben angegebenen Arten der Blutung ohne Ausnahme selbst beobachtet habe,
während mir nie ein Fall vorgekommen ist, den ich unzweifelhaft hätte als vica-
riirende Blutung bezeichnen können, so mag man diess meinem subjecliven Stand-
punkte zu Gute halten.
Siehe hierüber besonders: Hesse vom Blutbrechen und der Melaena der Neuge-
bornen. In Pierer’'s Annalen 1825. Hft. 6.— Billard, Traite des maladies des en-
fants nouveau-nes. 3 Edit. p. 384 — Gendrin, Trait& philosoph. de Med. prat.
T. I. p. 189. — Rilliet et Barthez, Thraite des maladies des enfants. 2 Edit.
Patis, 1893. 7. 11. p; 298.
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