Toxische Magenentzündung. 977
das erfolgte Erbrechen, besonders das Blutbrechen zu berücksichtigen — Zei-
chen, die bei der auf die Mundhöhle beschränkten Corrosion fehlen. Auch
die Diagnose der consecutiven Erscheinungen unterliegt in der Regel
keinen Schwierigkeiten. Die Perforation des Magens verräth sich nebst den
allgemeinen äusserst heftigen Erscheinungen, dem raschen Collapsus und
Aufhören des Erbrechens durch die Auftreibung des Unterleibs und die‘
Luftansammlung über der Leber mit hellem Pereussionsschall in der Leber-
gegend, besonders über dem linken Lappen, allgemeine Peritonilis zeigt
die gewöhnlichen nicht zu verkennenden Symptome, bei oedematöser An-
schwellung derLigamenta aryepiglotlica, der Epigloutis und Siimmritzenbänder
zeigen sich heflige Suffocationsanfälle, grosses Angstgefühl, pfeifende pro-
trahirte Respiralion, heftige Bewegung des Larynx, Mangel des vesticul-
lären Athmungsgeräusches am Thorax. Die Bildung von Fistelgängen und
Communicationen zwischen Oesophagus und den Luftwegen lässt sich dann
diagnostieiren, wenn bei der Deglutition heftige Hustenanfälle eintreten und
die genossenen Substanzen durch solche entleert werden. Consecutive
Pleuritis und Pneumothorax zeigen die gewöhnlichen physicalischen Er-
scheinungen. — Von besonderer Wichtigkeit ist die frühzeitige Diagnose
der Stenose des Oesophagus nicht nur in prognostischer Beziehung, sondern
auch weil sie ein direetes therapeutisches Einschreiten erfordert. Man
unterlasse daher sobald bei beginnender Vernarbung sich neuerdings De-
glutitionsbeschwerden einstellen oder die noch vorhandenen sich steigern,
niemals den Catheterismus des Oesophagus. Doch ist dieser stets mit der
höchsten Vorsicht vorzunehmen, weil man sonst sehr leicht zu hefligen
Haemorrhagieen, oder zu Perforationen Veranlassung geben könnte. Die
vorsichtige Untersuchung gibt zugleich über den Ort und die Ausdehnung
erd Verengerung Aufschluss.
PROGNOSE.
$. 34. Diese ist um So ungünstiger, je concentrirter die ätzende Sub-
stanz und je mehr davon in den Magen gelangt ist. Sterben die Kran-
ken nicht innerhalb der ersten 3 Tage an den unmittelbaren Folgen, SO
ist wohl einige Hoffnung vorhanden, doch sind die durch die angeführten
Folgezustände drohenden Gefahren so 8ToSS, dass man eine günstige
Prognose erst dann stellen kann, wenn man sich überzeugt, dass die Ver-
narbung ohne wesentliche Verengerung der natürlichen Canäle eintritt, was
gewöhnlich erst nach mehreren Wochen derFallist. Selbst beim scheinbar
günstigsten Verlauf bleibt die Prognose stets eine sehr unsichere , plötzliche
Haemorrhagieen und Perforationen vernichten oft auf einmal die besten Aus-
sichten. Geschwüre, die allmählig in die Tiefe dringen und sich manch-
mal durch keine wesentlichen Symptome verraihen, sind am meisten zu
fürchten; ich sah selbst noch 6 Wochen nach geschehener Vergiftung
durch ein solches: Perforation in die Pleurahöhle und Pneumothorax er-
folgen. Verengerungen führen den Tod oft erst nach Monaten und Jahren
herbei.
THERAPIE.
8. 35. Unmittelbar nach geschehener Vergiftung muss man die cor-
rodirende Substanz zu neutralisiren suchen, doch ist die Wirkung der con-
eenirirten Säuren und causlischen Alkalien eine so rasche, dass man sich
von chemischen Antidotis selbst nach einigen Minuten wenig Wirkung ver-
sprechen darf. Dennoch darf‘ man ihre Anwendung in den ersten Stun-
den nicht unterlassen, wenn sie auch hier nur dazu dienen, das etwa noch
vorhandene überschüssige, durch den Magensaft oder eiwa vorhandenen Spei-
sebrei verdünnte Caustieum in eine weiter unschädliche Verbindung zu bringen
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