Full text: Krankheiten des chylopoetischen Systems (6. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
  
  
  
  
Proctitis. 379 
Schliessmuskel krampfhaft contrahirt, das Einführen des Fingers oder des 
Speculum in hohem Grade schmerzhaft. Die Mastdarmschleimhaut er- 
scheint bei der Untersuchung heiss, gewulstet, trocken, oder mit einem 
dünnen schleimarligen Secreie bedeckt, bei der Einführung des Speculum 
dunkelroth und sammtartig aufgelockert. Die Masidarmvenen am After- 
eingang sind manchmal angeschwollen, bläulich durchscheinend, in hohem 
Grade schmerzhaft, öfters sind Excorialionen am After, besonders bei Kin- 
dern vorhanden. Der Stuhl ist beim acuten idiopathischen Mastdarmca- 
tarıh gewöhnlich verstopft, die Entleerungen sind von grosser Anstrengung, 
hefliigem Schmerz und Tenesmus begleitet, ihrer Qualität nach vom "Nor- 
täslen nicht abweichend, oder von ner dünnen, farblosen oder schwach 
blutigen Schleimschichte überzogen. Bei heftigem Drängen tritt manchmal 
der Mastdarm bei den Entleerungen in Form eines dunkel- oder bläulich- 
rothen Fleischwulstes unter hefligem Schmerz vor. In heftigeren Fäilen 
treten die Erscheinungen der Entzündung des äussern Zellgewebes (Peri- 
proelitis) hinzu. Das begleitende Fieber ist mässig, in leichteren Fällen 
fehlt -es gänzlich. Unter allmähliger Abnahme des Schmerzes und des 
Stuhlzwanges geht die Krankheit nach kurzer Zeit in Genesung über, oder 
sie entartet zur chronischen Form, oder es bleibt nach Heilung a... 
Periproctitis als selbstständige Krankheit zurück. 
8.77. Beim chronischen Mastdarmcatarrh ist der Schmerz ge- 
wöhnlich mehr dumpf, und besteht meistin einem lästigen Gefühle von Span- 
nung, Schwere, Völle, Hervordrängen oder Kitzeln, doch treten nicht selten 
zeitweise heftigere Schmerzen ein, die besonders durch feste Stuhlentlee- 
rungen hervorgerufen werden. Das wichtigste Symptom ist die Blennorhöe 
der Mastdarmschleimhaut. Das dicke, gelbliche, weisslichgelbe, eilerarlige 
und wirklich Eiterzellen in grosser Anzahl enthaltende Secret ist entweder 
mit den Stühlen, deren sonstige Qualität sich nach dem Zustande des üb- 
rigen Darmcanals richtet, gemengt, bei fester Beschaffenheit derselben 
ihre Oberfläche als eitrige Schichte überziehend, oder es wird ohne fae- 
cale Beimischung unter mehr oder weniger lebhaftem Drängen und Stuhl- 
zwang entleert, oder endlich es sickert beständig aus dem Mastdarm hervor 
und verunreinigt die Wäsche und Unterlagen der Kranken mit ähnlichen 
steifen dunkelrandigen Flecken, wie bei der Urethralblennorrhöe. Nicht 
selten ist zugleich chronischer Catarrh der Harnblase, des Uterus, der 
Scheide vorhanden. Die Hämorrhoidalvenen sind oft angeschwollen, 
schmerzhaft, und es treten dann zeitweise Hämorrhoidalblutungen ein, 
oder es ist zugleich Periproctlilis vorhanden, die zu Abscessbildung und 
Mastdarmäisteln führt. In lange dauernden Fällen kömmi es zu bleibendem 
Vorfall des Mastdarms mit Excoriationen und Geschwürsbildung der vor- 
gefallenen Partie, zur Paralyse des Afterschliessmuskels. 
$. 78. Mancherlei mehr oder weniger wichtige Modificationen sind 
durch die verschiedene ätiologische Begründung der Krankheit bedingt. 
So können bei dem durch Würmer (Oxyuris) bedingten Catarrhe zugleich 
andere der dort anzugebenden Symptome vorhanden sein; bei der durch 
mechanische Reize fremder Körper ‚bedingten Entzündung treten nicht sel- 
ten Blutungen ein, es kann zur Geschwürsbildung und Perforation des 
Rectum mit vielfachen anderen Erscheinungen kommen; die syphilitische 
Entzündung führt zu callöser Verdickung der Darmhäute, constringirender 
Narbenbildung und endlich häufig zu allen Erscheinungen der Mastdarm- 
stenose. Ist die Krankheit durch hämorrhoidale Stase bedingt, oder mit 
ihr verbunden, so zeigen sich alle Erscheinungen dieses Zustandes mit ihr 
in vielfacher und wechselnder Verbindung. Sehr verschiedenartig endlich 
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