Full text: Krankheiten des chylopoetischen Systems (6. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
386 Bamberger, Krankheiten des Darmcanals. 
Wirkung des Sumpfmiasma und reihen sie unter die Malariakrankheiten: 
remittirende, intermittirende Fieber, Cholera ete., Roederer und Wag- 
ler nennen sie sogar geradezu eine Tochter des Wechselfiebers, andere 
(Eisenmann, Canstatt) läugnen ihren selbstständigen Character und 
betrachten sie als die Localisation verschiedener pathologischer Processe 
(des pyrösen, typhösen, rheumatischen, seorbutischen, cholosen) im Darm- 
kanal. Coelius Aurel. und Stoll hielten sie für rheumalischer Natur 
(Rheumalismus internus cum ulcere: Coel). Huxham und Broussais 
erklären sie für eine einfache Darmentzündung (Colitis), Cullen suchte 
ihre Begründung in einer Constrieliion des Darms und der dadurch be- 
dingten Fäcalstase, Zimmermann und Annesley glauben wieder vor- 
züglich eine primäre Veränderung der Galle als Ursache ansehen zu 
müssen. Auch Johnson und Martin halten die Veränderung der Gal- 
lensecretion und der Hautthätigkeit für das wichtigste Moment. Für viele 
ist sie eine miasmalische, für andere eine eontagiöse Krankheit, noch an- 
dere lassen sie durch miasmalische Einflüsse entstehen, und durch Conta- 
gium sich weiterverbreiten u. s. f. 
Nur mit der grössten Behutsamkeit darf man an die Beantwortung 
solcher allgemeiner Fragen gehen, deren glückliche und allseitige Lösung 
theils eine ausgedehnte unter den verschiedensten Verhältnissen und Him- 
melsstrichen gesammelte Erfahrung voraussetzt, theils unmöglich ist, so 
lange nicht gewisse allgemeiue Begriffe, wie die Bluterasen und ihre Lo- 
calisation, Contagium, Miasma u. s. w. mit grösserer Schärfe festgestellt 
und allgemein angenommen sind, als diess bisher geschehen. Unzweifel- 
haft ist die praktische Bedeutung und Wichtigkeit dieser Fragen und man 
wird es verzeihen, wenn denselben eine kurze Auseinanderseizung zu Theil 
wird, deren Basis nicht theoretische und aprioristische Anschauungen, 
sondern nur die festgestellten Ergebnisse der Erfahrung sein sollen, auf 
deren Wege allein in Zukunft positives Wissen gewonnen werden kann. 
$. 90. Wenn wir uns zunächst an die Beantwortung der Frage 
wagen, ob die Dysenterie eine locale Krankheit des Darms, oder eine 
sich dort localisirende Blutkrankheit sei, so können wir kaum im Zweifel 
sein, dass beides, nicht nur als möglich, sondern als wirklich bezeichnet 
werden müsse. Es gibt eine Dysenterie die nur das secundäre Ergebniss 
und die Localisalion einer eigenthümlichen Blutveränderung ist, die wir 
die pyämische nennen, sie wird als secundärer Croup des Darms selbst- 
ständig abgehandelt werden. Doch ist es nicht diese Form, die gewöhn- 
lich mit dem Namen Dysenterie bezeichnet und gemeint wird, ist auch der 
Process dem Wesen und anatomischen Character nach derselbe, so sind 
doch die Erscheinungen und die Art: des Auftretens verschieden und 
die Bedingtheit desselben durch eine andere vorhandene Krankheit, 
die zu ähnlichen Producten in anderen Organen führt, unterliegt keinem 
Zweifel. . Handelt es sich aber um jene Form, die theils sporadisch, theils 
en- oder epidemisch, bei vollkommen gesunden oder anderweilig (doch 
nicht unter den Erscheinungen der Pyämie) erkrankten Individuen unter 
dem wohlbekannten Bilde der Ruhr auftritt, so können wir kaum anstehen, 
dieselbe für eine locale Krankheit des Darms zu erklären. 
‘Wir wissen wohl, dass örtliche Exsudationsprocesse von gewissen 
Veränderungen des Blutes nothwendig begleitet sind, in diesem Sinne 
lässı sich von Blutkrankheiten überhaupt nicht reden, behalten wir aber 
den Begriff in der Bedeutung, wie er gang und gebe ist, bei, verstehen 
wir darunter jene Krankheitsformen, in welchen eine primäre qualitative 
oder quantitative Veränderung des Blutes angenommen oder vermuthet 
  
  
  
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.