Full text: Krankheiten des chylopoetischen Systems (6. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
30 Bamber ger, Krankheiten der Mund- und Rachenhöhle. 
ren Fällen des Puerperalfiebers, wo die Anwendung der Mercurialien bis 
zur Salivalion, von welcher man sich, obwohl ohne zureichenden Grund 
einen günstigen Einfluss verspricht, häufig vergeblich ‚bleibt. Grosse Ga- 
ben der Mercurialien scheinen weniger leicht Stomatitis herbeizuführen als 
kleine, längere Zeit fortgesetzte — vielleicht weil die ersteren, besonders das 
Calomel Diarrhöen bewirken, desshalb nicht resorbirt, sondern mit den 
Stühlen wieder entfernt werden. Bereits vorhandene krankhafte Zustände 
des Mundes so wie schlechte Lebensverhältnisse , Unreinlichkeit, die Ein- 
wirkung der Kälte und Feuchtigkeit begünstigen den Ausbruch der Krank- 
heit und es ist desshalb eine bekannte Regel, dass bei mercurieller Be- 
handlung jede Verkühlung streng zu meiden und der Kranke in einer 
möglichst gleichmässigen Temperatur zu erhalten ist. 
Auch andere mineralische Substanzen: das Murias Auri et Sodae, 
das Jodkali, die Mineralsäuren bringen eine der mercuriellen ähnliche Rei- 
zung der Mundhöhlenschleimhaut und Salivation jedoch weniger leicht 
hervor. 
SYMPTOME UND VERLAUF. 
$. 43. Die ersten Erscheinungen, die auf die Krankheit aufmerksam 
machen, sind gewöhnlich ein unangenehmer metallischer Geschmack im 
Munde, das Gefühl von Stumpfsein, Verlängerung der Zähne. Dabei kla- 
gen die Kranken über Hitze und Trockenheit im Munde, die aber sehr 
bald einer reichlicheren Speichelsecretion Platz macht, die zum öfteren 
Ausspucken nöthigt; beim Kauen fester Gegenstände haben sie Schmerz 
im Zahnfleische und dasselbe blutet leicht. Bald zeigen sich nun die ana- 
tomischen Charaktere der catarrhalischen Entzündung: die Schleimhaut 
der inneren Wangenfläche, derLippen ist blass geröthet, am Zahnfleische 
‚geht diese Färbung gegen den freien Rand in eine livide, bläuliche Fär- 
bung über, dasselbe ist angeschwollen, von den Zähnen etwas abstehend, 
beim Drucke schmerzhaft und manchmal leicht blutend, in den Lücken 
zwischen den Zähnen zeigt sich in grösserer Menge eine gelbliche, schmie- 
rige, stinkende Masse (nicht Exsudat, sondern der gewöhnliche Beleg der 
Zähne in grössern Mengen angehäuft). Der Athem der Kranken nimmt 
einen eigenthümlichen, widerwärtigen Geruch an (viele wollen an dem 
blossen Geruche die Stomatitis mercurialis erkennen), die Speichelsecretion 
wird immer reichlicher und geht endlich in wahre Salivation über, die 
Zähne sind etwas gelockert, das Kauen festerer Gegenstände wird immer 
schwieriger und endlich unmöglich. Auch die Zunge schwillt etwas an, 
ist weniger beweglich, breiter, zeigt an den Rändern flache Eindrücke der 
Zähne -und ist mit einem dicken schleimigen Ueberzuge ‘bedeckt. Der 
Schmerz ist zwar weniger bedeutend, doch klagen die Kranken über ein 
beständiges lästiges Gefühl im Munde, über das fortwährende Spei- 
cheln, den unangenehmen Geschmack, nicht selten über vermehrten Durst, 
über Uebligkeiten und Brechneigung wenn mehr Speichel herabgeschluckt 
ward. 
Oft überschreitet die Krankheit dieses Stadium nicht, sondern nach- 
dem die genannten Symptome einige Tage, ein bis zwei Wochen in grös- 
serer oder geringerer Intensität angehalten haben, iriti Besserung ein. Der 
Speichelfluss lässt nach und verschwindet endlich, allmählich vermindert 
sich die Anschwellung der Schleimhaut, der lästige Geruch und Geschmack 
sowie die Beschwerden beim Kauen und es tritt vollständige Genesung ein. 
$. 44. Häufig aber kömmt es zu einer wirklichen Exsudation auf 
der Schleimhautfläche, die entweder die Charaktere der croupösen oder 
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