Full text: Krankheiten des chylopoetischen Systems (6. Band, 1. Abtheilung)

  
  
  
  
Mercurielle Entzündung. . 35 
kaltem Wasser oder mit gleichen Theilen von Weinessig und Wasser un- 
terdrücken oder man wendet, wenn dieses nicht ausreicht, adstringirende 
Gurgelwässer an, denen man nöthigenfalls etwas Opium zusetzen kann. 
Man wählt dazu Alaunsolutionen oder die Decocte von Cort. Quercus und 
Ulmi, von Tormentilla, Ratanhia, Salvia, denen man überdiess Alaun oder 
Weinessig zusetzen kann. Das Plumbum acelicum ist wegen seiner Eigen- 
schaft, die Zähne schwarz zu färben, wo möglich zu vermeiden. Auf diese 
Weise gelingt es sehr häufig, die Krankheit in kurzer Zeit zu heilen, ohne 
dass es zu heftiger Entzündung und zu eigentlicher Exsudalion kömmt. 
Bedenklich wäre es daher nach dem Rathe Ricord’s u. A. die mercu- 
rielle Stomatitis gleich von vorn herein durch Aetzungen mit concenirirter 
Salzsäure zu behandeln, da ein so energisches Verfahren häufig überflüs- 
sig ist, und vielleicht selbst zur Exsudation und Geschwürsbildung Veran- 
lassung geben kann. 
$. 51. Ist die Krankheit schon in das Stadium der croupösen oder 
diphtheritischen Exsudation getreten, so ist die Behandlung gleichfalls der 
bei diesen Formen angegebenen ähnlich. Die mechanische Entfernung der 
Exsudate ist wegen der grossen Schmerzhaftigkeit und Anschwellung der 
Schleimhaut selten oder nur in beschränktem Grade möglich, desto wirk- 
samer ist dagegen die von den meisten neueren Schriftstellern empfohlene 
Cauterisation mit concentrirter oder mit 1—3 Theilen Wasser verdünnter 
Salzsäure, die mittelst- eines Charpiepinsels aufgetragen wird, wobei man 
jedoch vermeiden muss, die Zähne zu berühren. Ricord empfiehlt das 
Bepinseln der Schleimhaut mit Ag. oxymuriatica gleich im Beginne der 
Krankheit, so wie im weiteren Verlaufe. Auch das salpetersaure Silber 
kann man als Aetzmittel benützen, besonders ist dasselbe bei vorhande- 
nen Geschwüren wirksam und leichter zu applieiren. Velpeau rathet 
das Auftragen von Alaunpulver auf die entzündeten Partieen; im Allge- 
meinen kömmt es jedoch weniger auf die Art des Aetzmittels als auf seine 
energische und geschickte Anwendung an. Gleichzeitig müssen die übri- 
gen localen Erscheinungen berücksichtigt werden. Ist die Anschwellung 
und Schmerzhaftigkeit sehr bedeutend, so müssen, wenn es überhaupt mög- 
lich ist, schleimige und erweichende Gurgelwässer mit narcolischen Zu- 
sätzen angewendet, und auch innerlich Opium gereicht werden, ist der 
Schmerz weniger bedeutend, so sucht man durch kalte adstringirende Gur- 
gelwässer, wenn dieselben vertragen werden, die Anschwellung und Sali- 
vation zu vermindern. Die allgemeine Behandlung richtet sich nach der 
Reaction des Organismus: man gibt leichte Abführmittel, vegetabilische 
Säuren, kühlende Salze bei übrigens kräftigen Individuen und bedeutenderer 
fieberhafter Aufregung; befolgt dagegen ein tonisches, roborirendes und 
analeptisches Verfahren bei kachectischen herabgekommenen Kranken und 
bei eintretendem Verfall der Kräfte. 
$. 52. Ist endlich gangränöse Zerstörung eingetreten, So müssen 
die abgestossenen Partien entfernt werden und man muss noch versuchen, 
durch Aetzungen mit concentririer Salzsäure das Weiterschreiten der 
Gangrän zu verhindern. Gelingt diess nicht, so erübrigt nur die symptoma- 
tische Anwendung antiseptischer Einspritzungen, Gurgelwässer, Pinselsäfte 
und Pulver, in welcher Beziehung die verdünnten mineralischen Säuren, 
das Chlor, das Kreosot, die China, der Chlorkalk, das Chlornatrium und 
Chlorkalium am meisten empfohlen zu werden verdienen. Auch das Be- 
streichen mit reinem Terpenthinöl (Geddings), das Bepinseln mit Pix li- 
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