Full text: Krankheiten des chylopoetischen Systems (6. Band, 1. Abtheilung)

  
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Symptomatologie. 511 
Ob es einen selbstständigen nervösen Leberschmerz (Neuralgia hepa- 
is, Hepatalgia) gebe, ist eine Frage, die sich vor der Hand weder be- 
jahen noch verneinen lässt, da uns alle positiven Data zu ihrer Enischei- 
dung fehlen. Wenn man bedenkt wie leicht materielle Veränderungen 
der Leber, die zu Schmerzanfällen Veranlassung geben, im Leben über- 
sehen werden können, wie oft schmerzhafte Sensalionen, die in den In- 
tereostalnerven oder in den benachbarten Organen wie: Bauchmuskeln, 
Magen, Darm, Bauchfell, Pleura, Perieardium u. $. w. ihre Begründung 
haben, irriger Weise auf die Leber bezogen werden, so wird man min- 
destens gegen jede Annahme einer reinen Hepatalgie im höchsten Grade 
misstrauisch sein müssen. Meist werden leichtere Anfälle von Gallenstein- 
kolik, die nicht von Ieterus begleitet sind, für reine Hepatalgie gehalten, 
besonders wenn sie bei weiblichen Individuen vorkommen, wo sich gern 
andere hysterische und nervöse Erscheinungen hinzugesellen. Portal hat 
die meisten Fälle von Hepatalgie bis zu seiner Zeit zusammengestellt, 
allein bei genauerer Durchsicht derselben überzeugt man sich leicht, dass 
es sich fast überall um materielle Veränderungen der Leber handelt. und 
wenn selbst Andral ’eine wahre Neuralgie des plexus hepalicus annimmt, 
so scheint diess doch mehr auf Analogie als auf directer Erfahrung be- 
gründet zu sein und die meisten Fälle, die sowohl von ihm als von 
Stokes erwähnt werden, scheinen auf Hysterie zu beruhen, bei welcher 
in der That ein bloss nervöser Schmerz in ‚der Lebergegend vorkömmt, 
von dem es aber zweifelhaft ist, ob er in der Leber selbst seinen Sitz 
habe. Die Behandlung des Leberschmerzes muss sich nach seiner jewei- 
ligen Natur und Begründung riehten und wird daher in einem Falle eine 
antiphlogistische, in einem zweiten eine sopirende und krampfsüllende, 
in einem dritten eine ableitende u. S. w. sein müssen, wie diess bei den 
betreffenden Krankheitsformen näher auseinander geselzl wird. 
8. 9. 2) Störungen der Verdauung und Ernährung. Die ver- 
schiedensten gasirischen Erscheinungen: Appelitlosigkeit, Druck in der 
Magengegend, Uebligkeiten, Aufstossen, Sodbrennen, Erbrechen können 
bei Leberkrankheiten vorkommen, sind aber nichis weniger als conslante 
Symptome; ja selbst bei den zerstörendsten und ausgedehntesten Ver- 
änderungen der Leber behalten die Kranken nicht selten ihren guten Ap- 
petit bis zum Ende ohne über Verdauungsstörungen zu klagen. Bei solchen 
Krankheiten dagegen, die mit Fieber oder entzündlichen Complieatio- 
nen verbunden sind, liegt die Verdauung fast stels darnieder. Die gast- 
rischen Erscheinungen werden in der Regel dureh eine gleichzeitige Er- 
krankung der Magenschleimhaut bedingt, die zur Leberkrankheit gewöhn- 
lich in irgend einem Causalitätsverhällniss steht. Die durch Störungen des 
Pfortaderkreislaufs in der Leber herbeigelührte mechanische Hyperämie in 
allen Wurzelvenen der Pforlader ist hiefür die häufigste Veranlassung. 
Sie führt zum ehronischen Katarrh, zur Blenorrhoe der Magenschleim- 
haut, zu hämorrhagischen Erosionen und Magenblutungen. Oder das 
Leiden der Magenschleimhaut ist dem Leberleiden vorausgegangen, SO 
beim sogenannten calarrhalischen Ieterus und gewöhnlich beim Leber - 
und Magenkrebs; oder endlich es sind Complieationen vorhanden. Doch 
darf nicht vergessen werden, dass Leberkrankheiten in derselben Weise 
wie Erkrankungen anderer wichtiger Organe bloss durch ihre Rückwirkung 
auf den Organismus im Allgemeinen und Veränderungen im Stoffwechsel, 
zu Störungen der Appetenz und der Verdauung führen können. Möglicher- 
weise können hiebei auch Veränderungen in der Seerelion des Magensaftes in 
Beirachtkommen. Dagegen scheint die geslörle Gallenseeretion aufdie Magen- 
 
	        
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