516 Bamberger, Krankheiten der Leber.
missen, auf die man sich stützt, sind die bekannten Experimente von
Müller, Kunde und Moleschotit, welche das Resultat gaben, dass
selbst nach vollkommener Exstirpation der Leber bei Fröschen, wenn die
Thiere noch längere Zeit lebten, im Blute keine Gallenbestandtheile nach-
zuweisen waren. Ferner Analysen des normalen Blutes die völlige Ab-
wesenheit der Gallenbestandtheile zeigten, besonders aber die Untersuchun-
gen Lehmanns, der selbst wenn er mit grossen Mengen Pfortaderblutes ar-
beilete, niemals irgend einen der charakieristischen Bestanditheile der Galle in
demselben zu entdecken vermochte. Lehmann siellt als Resultat seiner
Forschungen den Schluss auf, „dass die von der Pfortader zugeführten
slickstofffreien, und stickstoffhaltigenMaterien, von denen die meisten be-
reils im Blute den Character in Umwandlung begriffener Substanzen an
sich tragen, zur Bildung der Gallenbestandtheile verwendet werden, dass
aber andererseits auch Stoffe in die Galle mit übergehen, die als Residuen
oder Nebenproducie des in der Leber vor sich gehenden Processes der
Blutzellenbildung oder Blutzellenverjüngung zu betrachten sind. Zu den
leiziern gehören vorzugsweise die Fette und einige Mineralbestandtheile,
zu den erstern hauptsächlich die stickstoffhaltigen Materien: Fibrin und
Haematin.“ *)
So anerkennenswerth aber diese Untersuchungen sind, so gesteht doch
selbst Lehmann, dass sie noch keineswegs’ auf unumstösslichen Grundlagen
beruhen. In der That ist auch die Auffindung kleiner Quantiläten Gallenbe-
standtheile im Blute mit der grössten Schwierigkeit verbunden und treffend
sagi hierüber Liebig: „Ueber die Anwesenheit gewisser Bestandtheile der
Galle im Blute des gesunden Menschen findet man in den Schriften der
Physiologen viele Belege, wiewohl sie quantitativ schwerlich bestimmbar
darin sind; denken wir uns in der That, dass in einer Minute 10 Pfund
Blut durch die Leber gehen, von diesem Blut 2 Tropfen Galle (zu drei
Gran den Tropfen) abgesondert würde, so macht dies !/geoo? von dem Ge-
wichte der Blutmasse aus, ein Gehalt, der durch die Analyse nicht mehr
festgesetzt werden kann **).“
So ist es z. B. mehr als wahrscheinlich, und auch ziemlich allgemein
angenommen, (Liebig, Lehmann u. A.) dass die harzigen Bestandtheile der
Galle im Darmkanal wieder resorbirt werden und doch konnte Lehmann
weder in dem Inhalte der Chylusgefässe, noch in dem der Pfortader diese
Stoffe entdecken, so dass er sich zu der Hypothese gezwungen sieht, dass
die Gallensioffe in den Drüsen bereits so verändert werden, dass sie durch
die bis jetzt bekannten chemischen Hilfsmittel nicht mehr nachgewiesen
werden können. a. 0. 0. P. 94.
Derselbe Einwurf trifft natürlich in noch höherem Grade die von
Müller und Kunde angesiellien Versuche. Denn wenn sie auch dan-
kenswertihe Beiträge liefern, so kann doch die Untersuchung einiger Grane
Blut, das durch Amputation der Schenkel eines bereits einem so gewaltigen
Eingriff unterworfenen Frosches gewonnen wurde, über die Frage kein ent-
scheidendes Licht werfen. — Wir möchten hier noch auf einen Umstand
aufmerksam machen : Selbst bei den ausgesprochensten Fällen von Ieterus
zeigt die Untersuchung des Bluts nur das Vorhandensein von Gallenpig-
‚ment. Nurin sehr seltenen Fällen findet man Spuren der Gallenharzsäuren, ja
von Vielen wird das Vorkommen derselben im Blute vollkommen in Ab-
rede gestellt. Nun ist es jedenfalls nicht sehr wahrscheinlich, dass von
*) Lehmann physiol. Chemie Il. P. 93.
**) Liebig die org. Chemie in ihrer Anwenduug auf Physiolog. und Patholog. Braun-
schweig 1842. Pag. 172.
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