552 Bamberger, Krankheiten der Leber.
Pfortaderblute die Tendenz zur spontanen Gerinnung in der Capillarität
mitzulheilen, ıst eine Frage, die nach dem verschiedenen Standpunkte, den
man gegenüber der Ansicht von der Pyaemie einnimmt, verschieden be-
antworlel werden wird, die aber, so bedeutend auch ihr seientifisches In-
teresse ist, in Bezug auf den fraglichen Gegensiand von nur unlergeord-
netlem praklischem Werthe is. — Von einzelnen Beobachtern über Krank-
heiten der Tropen wird zwar angegeben, dass die Hepatitis gleichzeitig
mit der Dysenierie, oder selbst vor derselben auftrete, so dass sie nicht
wohl als Folge derselben betrachtet werden könne, es mag diess wohl
auch mitunter in Folge zufälliger Complieation der Fall sein, allein für die
Mehrzahl der Fälle muss man nach dem Zeugnisse der besien Beobachter ent-
schieden die Dysenierieen als die Ursache der Hepatitis annehmen. Höchst
merkwürdig muss es erscheinen, dass in unseren Gegenden, obwohl die
Dysenterie keineswegs zu den seltenen Krankheiten gehört, ein solcher
Zusammenhang zwischen ihr und der Leberentzündung im höchsten Grade
selten ist. Zwar erwähnen auch Budd, Andral und Louis dieses Ver-
hältaisses, indess scheinen wenigstens die Beobachtungen des ersteren
sich meist auf Individuen, die kurz zuvor Dysenterieen in heissen Zonen
überstanden hatten, zu beziehen. Unter mehreren hundert Dysenterieen,
die ich beobachtete, zeigte sich wenigstens niemals ein Leherabscess und
nur ein einziges Mal ein obturirender Piropf in der Pfortader, gleichsam
als erster Schritt dazu. In Constantinopel hingegen, wo diess Verhältniss
schon weit häufiger vorkömmt, sah ich selbst einen mehr als fausigros-
sen im Verlaufe der Dysenierie enistandenen Leberabscess auf Prof. Rig-
lers Klinik. Ob in der That in südlichen Gegenden die Leber eine grös-
sere Neigung zur Erkrankung besitzt, oder ob vielmehr die Dysenterie leichter
zu melastatischen Entzündungen führt als bei uns, müssen wir unentschieden
lassen. — Auch dass es bei den so häufigen tubereulösen, typhösen
und krebsigen Darmgeschwüren kaum jemals zu Leberabscessen kömmt,
könnte auffallen, indess macht Mühlig mit Recht auf die hochgradigen
Zersetzut.gsprocesse im dysenterischen Darm, die das Zustandekommen
derselben jedenfalls erleichtern, aufmerksam.
Ob ausser der Dysenterie auch die in den heissen Gegenden herr-
schenden Sumpffieber und ob überhaupt das heisse Clima an und für
sich eine Veranlassung zur Leberentzündung geben, lässt sich nach den
mitgetheilten Beobachtungen nicht mit Sicherheit entscheiden. _ Ueber-
haupt betrifft Alles, was man über die grosse Häufigkeit der Leberkrank-
heilen in heissen Climaten angegeben hat, in so ferne es nicht, wie diess
häufig genug der Fall, auf ganz irrigen Anschauungen und offenbaren Ver-
wechslungen mit Magen- und Darmkrankheiten beruht, eben nur die Hepa-
tilis, und für diese möchten wir uns in der That lieber an die von allen
bessern Beobachtern eingestandene Beziehung zur Dysenterie halten, als
zu vorderhand ganz unerwiesenen Hypothesen von übermässigem Koh-
lenstoffreichthum des Blutes, vicariirender Leberthätigkeit u. s. w. unsere
Zuflucht zu nehmen.
Wenn wir zu allem, was wir eben bemerkten, noch hinzufügen, dass
auch in den Tropengegenden die Häufigkeit des Vorkommens der Hepa-
titis nach den verschiedenen Orten eine sehr verschiedene sei, dass aber
dieser Umstand wahrscheinlich durch die verschiedene Verbreitung der
Dysenterie bedingt werde, dass in jenen Gegenden überwiegend häufig
fremde Einwanderer und besonders Europäer von der Krankheit befallen
werden, während die Eingeborenen derselben bei weitem seltener unter-
liegen, endlich dass dieselbe Männer beträchtlich häufiger als Weiber
und
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