Hämorrhagie der Leber. 643
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nerung bedingen können. Wo übrigens die eine oder die andere in be-
deutenderem Grade entwickelt ist, liegen wohl stets pathologische Vor-
gänge zu Grunde.
Die Vergrösserung der Leber lässt sich wohl durch die physikalische
Untersuchung erkennen, ihre Unterscheidung von leichteren Graden der
fettigen oder colloiden Infiltration ist nicht leicht möglich. Eher lässt sich
die einfache Atrophie der Leber da vermuthen, wo bei den Zeichen auf-
fallender Volumsverminderung alle Krankheitserscheinungen von Seite der
Leber fehlen, indem alle Krankheiten, die.zu Volumsverminderung dersel-
ben führen (Cirrhose, acute Atrophie, Obliteration der Pfortader) von auf-
fallenden und wichtigen Symptomen begleitet sind. Doch muss man be-
rücksichtigen, dass bei bejahrten Individuen auch die Leber an dem Ma-
rasmus der übrigen Organe Theil nimmt.
Die Anaemie der Leber ist eine Theilerscheinung allgemeiner Anae-
mie, oder sie tritt als Begleiterin und Folge mancher Leberkrankheiten
auf, z. B. der Feit- und Colloidleber, so wie aller Processe, durch welche
die Pfortader comprimirt und undurchgängig gemacht wird. In höherem
Grade ist sie gewöhnlich mit Verkleinerung der Leber verbunden. Symp-
tome sindunbekannt.
Die rothe Atrophie. Sie characterisirt sich durch dunkelbraune
oder blaurothe Färbung, Blutreichthum, Turgor mit eigenthümlicher schwam-
mig-elastischer Resistenz, Mangel der Körnung und anscheinender Homo-
geneilät des Gewebes auf dem Durchschnitte, Volumsabnahme mit Vor-
waltendbleiben des Dickendurchmessers (Rokitansky). Man trifft sie
manchmal als Begleiterin der Tubereulose und anderer chronischer Krank-
heiten. Nach Virchow’s gewiss ganz richtiger Ansicht ist die rothe
Atrophie nichts als Marasmus der Leber mit reicherem Biutgehalte der-
selben. Leizterer kann nun durch mechanische oder anderweitige Ver-
hältnisse bedingt sein. Ihre Symptome sind vollkommen unbekannt.
Die Haemorrhagie (Apoplexie) der Leber. Sie erscheint als
oberflächliche Blutung, wo sich unter dem losgelösten Peritonäalüber-
zug der Leber in verschiedener Ausdehnung und Menge geronnenes oder
flüssiges Blut ansammelt. Oder die Blutung geschieht in das Innere des
Organs und siellt einen verschieden grossen von zerrissenen und suffundirten
Wandungen umgebenen Herd dar. In beiden Fällen befindet sich die Le-
ber gewöhnlich in einem hohen Grade von Hyperaemie. In beiden Fäl-
len ist Heilung möglich, im letztern geschieht sie nach Rokitansky,
mit Hinterlassung einer cellulo-fibrösen Narbe. Bei subperitonäalen Er-
güssen kann Blutung in die Bauchhöhle erfolgen. Die Haemorrhagie der
Leber ist eine sehr seltene Erscheinung, bei Kindern entsteht sie manch-
mal. nach Rokitansky durch Hemmungen der Respiration. Manchmal
scheint sie durch den Geburisact selbst, besonders bei engem Becken und
Kunsthilfe bedingt. Ausserdem kann sie durch traumatische Einflüsse ver-
anlasst werden, oder es kann durch Arrosion der Lebergefässe von Seite
angelötheter Geschwüre des Magens, Duodenums und Colons eine Blu-
tung in diese Organe entstehen. Fauconneau-Dufresne, der die
einschlägigen Beobachtungen gesammelt und verglichen hat (L’Union
med. 1847 Nr. 88. 89. 90.) nimmt an, dass Leberblutungen auch durch
Hyperaemieen des Organs und Krankheiten des Herzens, die hiezu Ver-
anlassung geben, durch Allgemeinleiden, wie Typhus, acute Exaniheme
und Seorbut, so wie endlich vieariirend bei Anomalieen der Menstrua-
tion und des Hämorrhoidalzustandes entstehen können — doch wollen
wir die Richtigkeit dieser Annahmen dahingestellt sein lassen. —
Ihre Symptome und Diagnose sind ziemlich unbekannt. Die durch