Full text: Potsdam ([Band 1])

  
DOPPELHAUS AM KANAL 
lich der aus solchen Anlagen entstehenden Inkonvenienzen 
bei; für den vorliegenden Fall ließe sich jedoch ein Müttel- 
weg treffen, wodurch zugleich die Absichten der Re- 
gierung in beireff der guten Wirkung einer ganz symme- 
trischen Anlage erreicht würden, die man unter den ob- 
waltenden Lokalverhältnissen ohne die Vereinigung beider 
Gebäude nicht erhalten kann, zugleich aber auch den In- 
konvenienzen möglichst vorgebeugt wäre. 
Dieser Mittelweg bestände darin, daß der Entwurf für 
die Vereinigung der Fassaden, wie er von der Regierung 
eingereicht ist, so abgeändert würde, als ich auf dem an- 
geführten Blatte Litt. AT angegeben habe. Hiernach ginge 
die Fassade ohne Risalite mit einer ununterbrochen fort- 
laufenden Pilasterstellung in dem zweiten Geschoß regel- 
mäßig fort, das Fronton in der Mitte fiele weg, teils weil es 
zwecklos ist, indem es keinen Eingang unter sich hat, von 
welchem es das Dachwasser abführen soll, teils weil die 
beiden Grundstücke nicht in der Mitte des Frontons geteilt 
sind, sondern die Teilung zwischen das erste und zweite 
Fenster links fällt, folglich bei vorkommenden Reparaturen 
an diesem Fronton der Besitzer des einen Grundstücks 
von dem des anderen abhängig bleibt, teils veranlaßt das 
Fronton überhaupt unnütze Kosten in der Anlage und 
auch in der Unterhaltung; endlich ist es auch nicht zu 
empfehlen, bei einem Fronton die Säulen- oder Pilaster- 
einteilung so zu ordnen, daß wie hier ein solcher Teil in die 
Mitte trifft, wenngleich Beispiele aus dem Altertum vor- 
handen sind. Geht die Fassade in der von mir angegebenen 
Art einfach fort, so wird im schlimmsten Falle ein ver- 
schiedenartiger Anstrich der beiden Häuser, der in der 
Folge etwa eintreten könnte, keinen Übelstand machen, 
wie es bei der Fassade mit dem Fronton der Fall sein würde, 
weil man sich in dieser Art eine ganze Reihe gleicher 
Häuser aneinander gesetzt denken kann. Bei dieser Ge- 
legenheit bemerke ich ergebenst, daß in früherer Zeit das 
Zusammenziehen der Fassaden in Potsdam sehr gewöhn- 
lich war, weil man dadurch der Stadt ein großartigeres 
Aussehen zu geben dachte; hiernach trat nachmals häufig 
der Fall ein, daß bei Herstellung und Abputz der Häuser 
die Hälfte einer großen Fassade neu gemacht werden 
sollte, während der Eigentümer der andern sich mit der 
alten noch begnügen wollte. 
Seit dem Jahre 1817 ist gelegentlich eine Königliche 
Bestimmung dahin gegeben worden, daß in solchen Fällen 
den unvermögenden Hauseignern ein Zuschuß bewilligt 
wird, wofür sie ihren Anteil an der Fassade dem andern 
erneuten gleich machen müssen. Das Aufsetzen eines 
dritten Geschosses würde in solchen Fällen noch einen 
besonderen Übelstand veranlassen, wenn es bei einer 
solchen vereinigten Fassade nur teilweis geschehe. In dem 
vorliegenden Falle würde auch dies in der von mir ent- 
worfenen Form wenig Nachteil haben, ich bemerke aber 
dabei, daß dies nicht zu fürchten ist, weil die Mauern so 
schwach projektiert sind, daß sie kein drittes Geschoß zu 
tragen imstande sind. 
Übrigens ist es nicht zu leugnen, daß, da die Stadi Pots- 
dam einmal auf einem scheinbar großen Fuß angelegt ist, 
kleine Häuschen zwischen den Palastfassaden sehr störend 
wirken und das Mittel, die Fassaden zu vereinigen, viel- 
leicht nun nicht mehr ganz unberücksichtigt bleiben darf, 
um so mehr, wenn man es auf die von mir angegebene 
nachteillose Weise erreichen kann. Hierzu kommt noch, 
daß für die verschiedenartige Höhe des Daches bei Ge- 
bäuden von gleicher Tiefe und für ungleiche Etagenhöhen, 
wenn in dem einen Fall die zweckmäßigsten gewählt sind, 
kein rechter Grund vorhanden ist, und deshalb die Gleich- 
förmigkeit unserer Wohnhäuser von mittlerer Qualität bei- 
nahe ganz in Hinsicht der Höhen bedingt ist. 
In betreff der anderen Punkte bei dieser Bauangelegen- 
heit bemerke ich ergebenst, daß der Bau des Röhrichtschen 
Hauses unvermeidlich wird durch die Erschütterung, 
welche dies alte Haus vom Rammen des Pfahlwerkes er- 
leiden wird; ich muß daher den Vorschlägen der König- 
lichen Regierung vollkommen beipflichten, den Bau beider 
Häuser gleichzeitig zu bewirken, indem dadurch Kosten 
erspart werden, weil die Rammarbeiten gemeinschaftlich 
genützt werden können und weil eine größere Solidität für 
beide Häuser gewonnen wird. Das Röhrichtsche Haus, 
wie auch vorgeschlagen wird, ganz eingehen zu lassen und 
daraus eine Gartenanlage zu machen, die einem der Nach- 
barhäuser zufiele, dazu kann ich nicht stimmen, weıl an 
diesem Orte eine solche Anlage nicht am Platze sein würde, 
auch der Raum für eine solche Anlage höchst beschränkt 
und in seinen Umgebungen nicht geeignet ist. Die daran 
stoßenden Gebäude der Nachbargrundstücke und die rohen . 
Seitengiebel der Häuser an der Straße würden einen höchst 
unangenehmen Effekt machen. Was die Länge der Pfähle 
betrifft, so habe ich mich aus den sehr genau geführten Ramm- 
registern des Bauinspektors Heidfeld über die an verschie- 
denen Orten der Baustelle eingerammien Probepfähie über- 
zeugt, daß die angegebene Länge von 66 bis 76 Fuß not- 
wendig ist.» 
Wieviel Schinkel an dem Regierungsentwurf in Einzel- 
heiten geändert hat, läßt sich beim Fehlen der Zeich- 
nungen nicht ermitteln ; klar ist aber, daß er einen Mittel- 
teil, der mit drei Wandpfeilern zwei Fenster umfaßte 
und einen Giebel über sich hatte, beseitigte. Dieser 
Giebel hätte in der Mitte unter sich gegen die Regel 
einen Pfeiler gehabt, die Fensteranordnung würde den 
beiden Eckrisaliten entsprochen haben. Schinkel nahm 
bei seinem Vorschlag Bezug auf den städtebaulichen 
Grundsatz aus der Zeit des Großen Königs, nämlich 
durch Hinwegziehung einer einheitlichen Schauseite 
über ein oder zwei Häuser die großartigere Wirkung 
der Innenstadt als königlicher Residenz zu steigern. So 
hatte man z. B. am Wilhelmplatz 1768 die Nummern 26 
und 27 mit der Schauseite der Dogana in Rom zusam- 
mengefaßt, 1774 drei Häuser der Charlottenstraße (54a, 
54b, 55) mit Rainaldis Schauseite der Akademie der 
Franzosen in Rom gedeckt und drei kleine zweistöckige 
Häuser (Charlottenstraße 4—6) in freierer Form 1784 zu 
einer Einheit verbunden. Zu dieser überlieferten Form, 
die vom Ministerium ja beanstandet worden war, kehrte 
der Meister zurück, indem er sich den Vorschlag der 
Regierung im allgemeinen zu eigen machte. Mit scharfem 
Blickerkannteer die «Inkonvenienzen » des Anstrichs und 
der Aufstockung, wie sie besonders dann im neunzehnten 
Jahrhundert, vorwiegend in der Charlottenstraße (am 
schlimmsten an der einheitlich gedachten Gruppe 75-77) 
in die Erscheinung treten sollten und suchte ihnen mit 
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