Full text: Potsdam ([Band 1])

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DIE ST. NIKOLAIKIRCHE 
Der König muß gegen diesen Rundbauentwurf sofort 
eingewandt haben, daß er vom Platze aus doch nicht 
zu sehen sein werde. Diesem Einwand begegnet Schin- 
kel am 13. Februar 1833 in einer weiteren Mitteilung an 
Albrecht, in dem er einen zweiten neuen Vorschlag 
anfügt: 
«Der bei der Peterskirche in Rom eintretende Übel- 
stand, daß der Rundbau über der Fassade nicht 
sehen wird, würde hier weniger zu fürchten sein, weil 
bei der Peterskirche das lange Kirchenschiff vor dem Kup- 
pelbau herausiriti. Bei der Nikolaikirche in Potsdam, 
Figur II, liegt der Rundbau D überall den Fassaden E, 
F und G ganz nahe, und man hat außerdem immer das 
ge- 
Mittel in Händen, mittels einiger Stufen mehr, die man 
darunter legt, diesen Rundbau sichtbarer zu machen. — 
Wenn nach dem Willen Seiner Majestät die Erhöhung 
des Gebäudes sich durchaus gleich über der Fassade zeigen 
soll, so wäre noch das einzige Mittel, ein Frontispiz über 
die ganze Breite der Kirchenmasse zu stellen. Dies würde 
aber einen sehr sterilen Eindruck machen, wenn es nicht 
mit einigem Bildwerk ausgefüllt und mit reichen Akro- 
terien versehen würde. Ein solches habe ich auf einem 
neuen Blatte gezeichnet und über die Fassade gelegt. » 
Unter diesen Ausführungen steht auf demselben 
Blatte von Albrechts Hand mit Bleistift geschrieben: 
«Von Seiner Majestät heute genehmigt, es fallen dagegen 
die beiden Türme weg.» Damit war am 13. Februar 1833 
die Entscheidung zugunsten des letzten Schinkelschen 
Vorschlages gefallen (vgl. Abb. 21). 
Für den Meister bedeutete diese Entscheidung natür- 
lich nur eine vorläufige Lösung, aber der Weg für die 
spätere Aufsetzung einer Kuppel war frei. Am 14. Fe- 
bruar bereits erging eine Kabinettsorder des Königs an 
den Minister von Schuckmann, statt der Türme solle 
die Kirche nach einer Zeichnung des Oberbaudirektors 
Schinkel einen Giebel mit einem Kreuz erhalten, da- 
durch entstehe eine Ersparung von 21325 Talern, statt 
deren die Kosten des Giebels zu veranschlagen seien. 
«Ich habe danach indessen die Fortsetzung des Baues 
nicht aufhalten wollen und die am 27. Dezember bei 
mir beantragte Summe von 75000 Talern auf meine 
Schatulle als Vorschuß zur künftigen Erstattung an- 
gewiesen. Die Fortsetzung des Baues muß aber nicht 
aufgehalten werden. » 
Schinkel richtete am 18. Februar 1833 ein Schreiben 
an den Minister des Innern, in dem er über den Verlauf 
der ganzen Angelegenheit zusammenfassend berichtete: 
«Seine Majestät der König hatten bereits im Jahre 1829 
den Plan für die oben gedachte Kirche festzustellen geruht, 
ım selbigen Jahre wurde aber von Höchstdemselben beliebt, 
den Bau der Kirche durch ein Paar Türmchen über der 
Eingangsfroni zu vergrößern. Dieser Zusatz veranlaßte 
mancherlei Änderungen im Grundriß, und unter mehreren 
für die äußere Form bearbeiteten Entwürfen wurden zwei 
Türmchen gewählt, an welchen Seine Majestät höchst- 
eigenhändig Kuppelformen zu bestimmen geruht haiten. 
Die hierfür veranschlagte Summe von 21 325 Talern ward 
Allerhöchst genehmigt und die Ausführung in das fünfte 
Baujahr verschoben. 
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Ein Projekt, auf den sehr dazu geeigneten quadratischen 
Bau der Kirche eine Kuppel zu setzen, ward mit anderen 
Projekten, die darauf ausgingen, statt zweier auf einer 
Seite stehender Türme die Mitte des Gebäudes verhältnis- 
mäßig zu erhöhen, zurückgewiesen. Bei der obengedachten 
quadratischen Grundform des Kirchenplans ist die An- 
bringung zweier Türme an der Vorderfront mit den 
Regeln des Ebenmaßes und der historischen Begründung 
der Kirchenformen nicht ganz zu vereinen, ward aber, 
ungeachtet vollständiger Auseinandersetzung dieses Punk- 
tes, Allerhöchsten Ortes beibehalten. Als nun im Jahre 
1830 der Kirchenbau wirklich begann, hatte ich die 
Hoffnung, daß, wenn dies Gebäude seine vollständige Höhe 
erreicht und durch Gesimse seine Bekrönung erhalten 
haben würde, die imposante Größe und die sich charak- 
teristisch aussprechende quadratische Grundform hin- 
reichen würden, Seiner Majestät zu genügen und von dem 
Bau der beiden Türme abstehen zu lassen. Am Ende 
verflossenen Jahres jedoch geruhten sich Seine Majestät 
zu äußern, daß der Bau nicht schnell genug betrieben 
würde und besonders von den Türmen noch keine Anlage 
zu sehen sei. Nachdem dieser Punkt durch den Nachweis 
des richtigen Verhältnisses von dem Fortgange des Baues 
zu den dazu Allerhöchst genehmigten Geldmitteln voll- 
ständig erörtert und angeführt worden war, daß der Bau 
der Türme nach Allerhöchst genehmigtem Bauplane erst 
in das fünfte Baujahr falle, geruhten Seine Majestät zu 
äußern, daß für die Beschleunigung dieses Turmbaues 
die erforderlichen Summen vorgeschossen werden sollten. 
Diese unerwartete Bestimmung schien mir einen noch- 
maligen Versuch notwendig zu machen, um Seine Majestät 
von dem Bau der beiden kleinen Kuppeltürmchen abstehen 
zu machen, weil deren Ausführung ein allgemeines Miß- 
fallen fürchten ließ. 
In einer Rücksprache, die ich in dieser Beziehung mil 
dem Wirklichen Geheimen Oberregierungsrat Herrn Beuth 
hatte, erhielt ich den Rat, daß diese Angelegenheit sich 
am besten durch einen unmittelbaren Antrag von meiner 
Seite bei Seiner Majestät ins reine bringen ließe, da die 
Architektur des Gebäudes von mir ausgegangen sei. 
Es ist mir hiernach gelungen, bei Seiner Majestät durch 
Zusammenstellung der gesamten Projekte und im Ver- 
gleich mit dem sehr kolossalen Bau des Garnisonkirch- 
turms ın Potsdam, welcher der Nikolaikirche nicht sehr 
enifernt steht und besonders in der äußeren Ansicht der 
Stadt mit diesem Gebäude in Vergleich tritt, dahin zu 
wirken, daß Höchstdieselben von dem Bau der beiden 
kleinen Kuppeltürmchen zu abstrahieren und dagegen den 
Aufsatz eines großen Frontons mit seinen Ornamenten 
über der Eingangsfront zu genehmigen geruht haben; 
wodurch dem Gebäude eine großartige Zierde erwachsen 
wird. Für die anderweitige Unterbringung der Glocken, 
welche Seine Majestät berücksichtigt wissen wollen, ist in 
den Räumen über den Treppenanlagen bereits früher 
gesorgt worden, und so ist der Plan des Gebäudes wieder 
auf die Form der allerersten Entwürfe zurückgeführt 
worden. Seine Majestät haben nach der mir von dem 
Herrn Geheimen Kabinettsrat Albrecht gemachten Mit- 
teilung die Summe von 75 000 Talern zur Fortsetzung des 
Baues in diesem Jahr (inklusive der 21 325 Taler, welche 
 
	        
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