Full text: Potsdam ([Band 1])

DIE ST. NIKOLAIKIRCHE 
betrug 4015 Taler. Nach Schinkels Anweisung sollten 
sie nicht die Form der üblichen Läutglocken erhalten, 
sondern die der sogenannten Schalenglocken, die durch 
Anschlagen des Klöppels mittels Zug und Rolle geläutet 
wurden oder vielmehr zum Klingen kamen. 
Im Winter 1834/35 erfolgten nach Persius Bericht 
(3. Mai 1835) der Guß der kleinen Kirchenfenster unter 
den Emporen, der der Kapitäle aus Gußzink zu den 
Emporensäulen, die Stuckkapitäle der großen Pilaster, 
die Herstellung der Zierglieder zu den Giebeln des 
Hauptbaus und der Vorhalle. Im Mai 1835 erledigte sich 
das Putzen des zweiten Geschosses und eines Teils des 
ersten an allen vier Fronten, zugleich die in Stuck 
gegossenen verzierten Gliederungen am Hauptgiebel- 
untergesims. Die in Ton gebrannten Kragsteine kamen 
sämtlich auf das Hauptgesims des Baus. Die inneren 
Putzarbeiten im zweiten Geschoß endigten sich, Putzen 
und Ziehen der Gliederungen an den gefelderten Decken 
der drei Emporen trat zu den Riefelungen an den Pfeilern 
der großen Ordnung. Die Putzarbeiten gingen im Juni wei- 
ter, am Schlusse des Monats blieben nur noch Sockel und 
die Rundmauer der Altarnische, außen und innen die 
Wandflächen der Emporen und des Altarraumes. 
Weitere Putzarbeiten erfolgten im Innern des Baus, 
die Anstrichsmalereien am Kuppelgewölbe und den 
großen Bogen hatten begonnen und rückten so weit vor, 
daß die oberen Rüstungen beseitigt werden konnten. 
Die Treppe vor den Altarstufen wurde fertig. 
Die Wendung vom Äußeren zum Inneren und vom 
reinen architektonischen Aufbau zum malerischen 
Schmücken kündigt sich in der Übertragung der An- 
strichsmalerei der großen inneren Kuppelschale und der 
Leibungen der Tonnengewölbe an den Maler Scheel in 
Berlin an (Juni), dann aber (Juli) durch die Maßnahme, 
daß für das Austrocknen der Wände der Altarnische 
für die Wandmalerei mittels Feuerung durch eiserne 
Öfen Sorge getragen wurde. 
Im 22. Hefte einer Sammlung architektonischer Ent- 
würfe, das 1834 erschien, veröffentlichte Schinkel auf 
vier Tafeln den Entwurf zur St. Nikolaikirche in Pots- 
dam. Seine kurze Darstellung der Baugeschichte und 
seine in berechtigtem nationalen und künstlerischen 
Stolz gegebene Erläuterung möge hier zum Abschluß 
des Abschnittes folgen: 
«Der Gang des Baues der St. Nikolai-Kirche in Pois- 
dam erlitt durch die zu verschiedenen Zeiten gefor- 
derten Veränderungen, Ausdehnungen und Verminde- 
rungen der dafür bereits im Jahre 1829 entworfenen Pläne 
mancherlei Schicksal. Im Juli des Jahres 1830 begann 
der Bau nach dem vorliegenden Plane, jedoch war zur 
Sprache gekommen: die Kuppel fortzulassen und die 
untere Masse der Kirche durch zwei kleinere Türme zu 
krönen. Eine Darlegung von mancherlei wichtigen Grün- 
den beseitigte die Ausführung der Türmchen, konnte aber 
die geeignetere Art, das Gebäude zu schließen, mittelsi der 
hier im Entwurfe vorliegenden Kuppel vor der Hand nicht 
zur Ausführung befördern. Es ward jedoch Allerhöchsien 
Orts genehmigt, daß die große Hauptmasse der Kirche 
durch ein großes Fronton gekrönt wurde, welches mit 
einem Basrelief, die Auferstehung Christi darstellend, 
gefüllt und mit Akroterien verziert ward, und so sich dem 
Entwurfe näherte, welcher für diese Kirche bereits in einer 
noch früheren Zeit entstand und im 11. Heft dieser 
Sammlung aufgeführt ist. Der Bau ist in diesem Jahr 
1834 im Rohen ganz vollendet, mit dem Gesims gekrönt, 
der Portikus aufgestellt, so daß an die innere und äußere 
Ausschmückung im künftigen Jahr die Hand gelegt 
werden kann, bei der dann auch die Aufstellung der 
Basreliefs in beiden Frontispizen zur Ausführung kom- 
men wird. 
Die Konstruktionen der Gewölbe dieser Kirche in Back- 
stein möchten zu den bedeutendsten gehören, die wir in 
Deutschland in diesem Material besitzen. Die Spannung 
der vier großen Tonnengewölbe, zwischen denen die 
Zwickel für die Rundung der Kuppel ausgewölbt sind, 
beträgt 60 Fuß. Diese Gewölbe, denen die Last der Kuppel 
anvertraut werden soll, sind aus Steinen in der Form von 
großen Fliesen konstruiert, welche, nach der bei den alt- 
römischen Backstein-Monumenten vorkommenden Art, in 
drei übereinander liegenden, nicht ineinander verbundenen 
Gewölblagen, die Stärke von 6 Fußen bilden. Bei der jetzt 
verringerten Ausdehnung des Baues ist die runde Öffnung 
zwischen diesen Gewölben mit der flachen Kalotte ge- 
schlossen worden. Die Kirche in ihrer jetzigen Form 
empfängt ihre Hauptbeleuchtung von zwei Halbkreis- 
fenstern, deren jedes einen Durchmesser von 50 Fuß 
hat, und deren sämtliches Stabwerk in gegossenem Eisen 
ausgeführt ist. Das Stabwerk besteht in einer Pilaster- 
Stellung, über welcher sich geflügelte Engelsgestalten er- 
heben, von Laubzügen in drei Regionen des Raums 
durchzogen. 
Bei der Eindeckung des Daches dieser Kirche wurden 
zuerst die von dem Fabrikanten Herrn Geiß in Berlin 
gegossenen Zink-Ziegel in Anwendung gebracht, welche sich 
als ein vorzügliches Deckungs- Material zu bewähren schei- 
nen, sie verlangen nicht Schalung, sondern nur eine 
Lattung, jeder einzelne Ziegel, welcher schon durch seine 
Falze in der ganzen Masse fest verbunden liegt, wird noch 
besonders mittelst einer an demselben angegossenen Lasche 
von unten an der Latte durch einen Nagel festgehalten. Der 
Zinkguß hat außerdem noch bei dem sehr großen und reich- 
verzierten Rinnleisten des Haupigesimses eine vorteilhafte 
Anwendung gefunden, so wie die Skulpturen an den Ge- 
ländern der Emporen und an den Säulenkapitälern im 
Innern der Kirche in dieser Masse ausgeführt werden. 
Die Details der Ornamente, Skulpturen und architek- 
tonischen Gliederungen dieser Kirche werden ein künftiges 
Heft dieser Sammlung füllen, wozu die gänzliche Vollen- 
dung des Baues abgewartet werden muß. 
Die spezielle Beaufsichtigung und Leitung des ganzen 
Baues wird von dem Königl. Hof- Bau-Inspektor Persius 
unter Kontrolle der Königlichen Regierung zu Potsdam 
geführt, dem zu seiner Hilfe die nötigen Bau-Kondukteurs 
überwiesen werden. » 
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