Full text: Potsdam ([Band 1])

  
ZIVILKASINO 
Diesen Fonds nannte man nunmehr den 
Es muß dabei berücksichtigt 
werden, daß der Baufonds zwar aus jährlich aufkom- 
städten. 
Immediatbaufonds. 
menden Staatsmitteln gespeist wurde, sein Bestand 
rechtlich aber nicht zu den eigentlichen Staatsgeldern 
gerechnet werden konnte, die der staatlichen Verwal- 
tung unterstanden, sondern daß sie vom Könige als dem 
Träger der Staatsgewalt zu dem betreffenden Zwecke 
dauernd bestimmt waren. Der absolute König vereinigte 
eben alle Rechte der Staatsgewalt in sich. 
Auf diesen Fonds wurden nun seit 1817 die Kosten 
für neu zu erbauende Häuser übernommen und eine 
bestimmte verhältnismäßig kleine Zahl stellte man in 
Die Bausumme wurde 
In Betracht 
kamen vorwiegend baufällige Häuser der Innenstadt 
den Bauetat jedes Jahres ein. 
vielfach auf mehrere Jahre verteilt. 
aus der Zeit Friedrich Wilhelms I., wie das zum Beispiel 
beim Bau des Kasinos mit Waisenstraße 19 bis 23 der 
Fall war. Seltener war der Bau eines Hauses in einer 
Vorstadt aus den Mitteln des Immediatbaufonds. 
Nach Entwürfen Schinkels ist in Potsdam nur wenig 
als Gesamtbauwerk entstanden. Der Meister hat sich 
allerdings bei einem Wohnhaus durch Aufstellung grund- 
sätzlicher Gesichtspunkte beteiligt und dafür einen Ent- 
wurf geliefert. Mittelbarhat er natürlich von Berlin aus auf 
die zweite Residenz sehr stark eingewirkt, einmal als 
Mitglied der Oberbaudeputation, dann durch seine 
Schüler, von denen Christian Heinrich Ziller, der Bau- 
leiter vom Kasino her, ganz im Sinne des Meisters 
schuf und in ständiger Verbindung mit ihm stand. Die 
Neubauten aus dem Immediatbaufonds standen unter 
Aufsicht der Regierung, die vom Regierungs- und Bau- 
rat Redtel vertreten wurde, und die Leitung im be- 
sonderen übernahmen die Regierungsbauinspektoren, 
unter denen uns, neben Heinrich Ziller, noch Heidfeld 
und Schramm beispielsweise bezeugt sind. Bevor der 
Bau ausgeführt wurde, gingen Entwürfe und Zeich- 
nungen an die Oberbaudeputation zur Revision und 
Superrevision, wobei sowohl bauliche, wie städtebau- 
liche und denkmalpflegerische Fragen zur Erwägung 
kamen. Man wird der Tätigkeit Schinkels in Potsdam 
auf dem Gebiete der Häuserausgestaltung wohl am 
besten gerecht, wenn man sie durchgängig vom städte- 
baulichen Gesichtspunkt aus wertet. 
ZIVILKASINO 
Das Potsdamer Zivilkasino ist Schinkels erster be- 
deutender Bau in Potsdam. Er fällt in die Zeit seiner 
klassischen Meisterbauten, die mit der Berliner Neuen 
Die Entwürfe 
hause in Berlin gehen der Planung zum Potsdamer 
Wache einsetzen. zum Schauspiel- 
Kasino unmittelbar voraus. Es ist aber erst nach der 
Beendigung des Theaterbaues zur Vollendung geführt 
worden. Dieser Entstehungszeit zufolge haben wir an 
dem Potsdamer Gebäude die durchgebildete klare 
Formensprache des Meisters zu erwarten, gepaart mit 
schlichten, 
Gesamtanlage. 
einer unaufdringlichen Sachlichkeit der 
Aus welchen Gründen nun kam es zu dem Bau eines 
Zivilkasinos in Potsdam ? Denn es ist immerhin auf- 
fallend, daß ein so bedeutendes Unternehmen in einer 
verhältnismäßig geldarmen Zeit ins Werk gesetzt wurde. 
Es muß neben den persönlichen Wünschen Friedrich 
Wilhelms III. vor allem wohl auch die Absicht bestanden 
haben, ganz wie nach dem Siebenjährigen Kriege Ver- 
dienstmöglichkeiten durch ein großes Bauvorhaben zu 
gemeinnützigen Zwecken zu schaffen und damit die 
Wirtschaft durch Unterstützung der Gewerbe, vornehm- 
lich des Baugewerbes, zu beleben. 
Die Potsdamer Kasinogesellschaft war zu Ende des 
achtzehnten Jahrhunderts als eine Vereinigung aktiver 
und inaktiver Offiziere geschaffen worden. Seit 1809 
und besonders seit 1817 hatte sie sich durch den Eintritt 
vieler höherer Beamten vergrößert und gewann dadurch 
ihren eigentlichen bürgerlichen Charakter, den sie ja 
zum Teil schon vorher durch die Aufnahme von in- 
aktiven Offizieren in gewisser Weise besessen hatte. 
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In den Akten der Immediatbauten befindet sich 
ein Überschlag über die von 1816—19 zu bewilligenden 
Baugelder für Neubauhäuser in Potsdam, d. h. vor- 
wiegend für den Ersatz baufällig gewordener Bauten 
aus der Zeit Friedrich Wilhelms I. 
aufgeführt die in der Waisenstraße 19 bis 23 liegenden 
sechs Häuser Nummer 18—23, die zusammen eine Bau- 
Darunter werden 
summe von 57732 Talern nach dem Voranschlage er- 
geben würden. Am 30. Mai 1816 erging ein Immediat- 
bericht der Potsdamer Regierung an den König: «Ganz 
besonders dringend ist der Bau von sechs in einer 
Reihenfolge in der Waisenstraße belegenen Häusern, 
deren Eigentümer sich in der eben gedachten Lage be- 
finden. Der Bau derselben würde einen Kostenaufwand 
von ungefähr 60000 Talern erfordern. In dem jetzigen 
Zustande würde man vielleicht die sechs Häuser für 
10000 Taler erkaufen können, und wenn man dieselben 
gänzlich fortnähme, so würden etwa 50000 Taler er- 
spart, da die Kosten des Abbrechens und der Aufräu- 
mung durch die alten Materialien reichlich zu decken 
seien. Der leere Platz könne durch gute Bewehrung und 
durch eine Gartenanlage ein freundliches Äußere er- 
halten, an der Stelle der sechs Häuser in der Mitte ein 
einzelnes erbaut und solches demnächst mit dem Garten 
verkauft werden. » 
Vielleicht hat der König bei dieser Gelegenheit schon 
an seine Kasinogesellschaft gedacht, er ließ nämlich am 
14. Juni 1816 durch den Geheimen Kabinettsrat 
Albrecht eine leichte Handzeichnung über die Lage der 
Die 
Regierung entsprach diesem Wunsche am 25. Juni: 
Grundstücke an der Waisenstraße einfordern.
	        
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