Full text: Potsdam ([Band 1])

  
ZIVILKASINO 
zustimmte und den Abbruch der Häuser anordnete. 
Der König beabsichtigte, ein einzelnes Gebäude in der 
Mitte des gewonnenen Raumes zu erbauen, den übrigen 
Raum aber dem Hause als Garten zuzulegen, darüber 
erwarte er nähere Vorschläge der Behörde. 
Mittlerweile jedoch war die Kasinogesellschaft auf 
den Ankauf dieses für ihre Zwecke sehr geeigneten 
Grundstücks durch den Fiskus aufmerksam geworden 
und hatte durch ihre Direktoren dem Herrscher eine 
Vorstellung übermittelt, die eine anderweitigeBenutzung 
der Baustellen, nämlich zum Zwecke eines größeren 
Gebäudes zum Gegenstand hatte. Der König sandte 
diese Vorstellung gleichzeitig mit der Kabinettsorder 
vom 27. April 1818 an die Regierung zur Kenntnis- 
nahme. Mit diesem Eingreifen der Gesellschaft trat 
nun die ganze Angelegenheit in einen neuen Entwick- 
lungsabschnitt ein. 
Der erste Bauplan 
Nicht in seiner Eigenschaft als Staatsbeamter hat 
Schinkel, wie es für den Uneingeweihten den Anschein 
hat, das Potsdamer Zivilkasino im Auftrage seines 
Königs für die Zwecke der Kasinogesellschaft gebaut, 
sondern er führte den Bauauftrag dieser Gesellschaft 
aus, für den die Kosten durch die Gnade des Herrschers 
auf den Immediatbaufonds, auf mehrere Jahre verteilt, 
übernommen wurden. Aus den uns vorliegenden Akten 
der Geheimen Kabinetts-Registratur ergibt sich mittel- 
bar, daß die Direktoren der Gesellschaft sich zufrühst 
bald nach ihrem mit der Kabinettsorder vom 27. April 
1818 bei der Regierung eingegangenen Schreiben um 
Entwürfe für einen Neubau bemüht haben, die der 
Bedeutung der Aufgabe entsprechend den ganzen 
Raum der Häuser 19—23 zur Bebauung in Aussicht 
nahmen. 
Am 27. März 1819 überreichte nämlich die Regierung 
dem Könige einen vollständigen Entwurf zu dem 
neuen «Ressourcengebäude», den sie am 22. des gleichen 
Monats von den Direktoren der Kasinogesellschaft 
erhalten hatte. Die außerordentliche Verzögerung der 
Angelegenheit seit dem Frühjahr 1818 erkläre sich da- 
mit, daß die Vorsteher sich über das Bauprojekt nicht 
hätten einigen können, bis endlich das beiliegende ge- 
schmackvolle Projekt des Geheimen Oberbaurats Schin- 
kel allgemeinen Beifall gefunden habe (Abb. 47). Die Aus- 
führung würde der Stadt zur großen Zierde gereichen. Die 
Kosten betrügen nach dem Anschlag 68358 Taler. Es 
komme in Potsdam darauf an, die Zahl der Wohngebäude 
bei dem Überfluß an vorhandenen Wohnungen zu ver- 
mindern, um den Wert und den Mietsertrag der übrigen zu 
steigern. Die Kosten könnten auf den Immediatbaufonds 
gesetzt und auf drei Jahre verteilt werden, so ergäben 
sich drei Raten von 20000, 25000 und 23358 Talern, 
Auf diesen Bericht hin erfolgte unterm 12. April 1819 
die entscheidende Kabinettsorder Friedrich Wilhelms III.: 
«Ich will auf den Bericht der Regierung vom 27. März 
auf den Baustellen, welche durch den Abbruch der fünf 
baufälligen Häuser in der Waisenstraße entstehen, ein 
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Gebäude nach dem mit sämtlichen übrigen Anlagen 
wieder beigefügten Projekt des Geheimen Oberbaurat 
Schinkel aufführen lassen, welches ich mit Vorbehalt 
künftiger anderweiter Bestimmung der dortigen 
Kasinogesellschaft zur Benutzung überlassen will. Der 
Regierung gebe ich hierdurch auf, den bemerkten Bau 
in. der vorgeschlagenen Art auszuführen, hoffe aber, 
daß bei spezieller Revision des Anschlages durch die 
Oberbaudeputation die allerdings sehr beträchtliche 
Summe von 68358 Talern sich vermindern wird. Hier- 
nach wird sich dann auch die Verteilung derselben auf 
den Bauetat der Stadt Potsdam auf drei Jahre be- 
stimmen, zu welcher die Regierung nach Bedürfnis 
des Baues hierdurch ermächtigt wird.» 
Erst am 7. August 1819 hören wir dann wieder etwas 
über das Kasino und zwar in einem Bericht der Ober- 
baudeputation an das Ministerium für Handel, Ge- 
werbe und Bauwesen. Es liegt für die Antwort ein 
eigenhändiges Konzept Schinkels vor, es lautet: 
«Ganz besonders müßten wir aber aufmerksam machen, 
in Betracht des Fundaments die allergrößte Behutsam- 
keit anzuwenden und besonders dabei die schönen Er- 
jahrungen aus dem Mangerschen Werke über die Pots- 
damer Bautenzu berücksichtigen. Die in dem Erläuterungs- 
bericht angeführte große Verschiedenheit des Terrains in 
Hinsicht auf fesien Baugrund läßt große Zweifel übrig, ob 
dem gesunden Grund vollständig zu trauen sein dürfte, in- 
dem in dem angeführten Werke Fälle aufgeführt sind, wo 
zwischen dem allgemein unter Potsdam ausgebreiteten 
Moorgrund sehr dünne Lagen scharfen Sandes gefunden 
werden, die man leicht für guten Grund halten kann, 
welche aber keineswegs geeignet sind, Lasien zu tragen. 
Bei diesen Umständen wäre es selbst sehr mißlich, die 
alten Fundamente der weggerissenen Häuser zu benutzen 
und die neuen Wände des nicht unbedeutend hohen Ge- 
bäudes teils auf alte, teils auf neue Fundamente zu stellen; 
das ungleichmäßige Setzen ist hierbei unvermeidlich, und 
welche Risse und Zerstörungen hiervon die Folge werden 
können, gar nicht abzusehen. Es würde deshalb die Frage 
in Erwägung zu ziehen sein, ob es nicht solider und zu- 
gleich weniger kosibar werden würde, wenn man das ganze 
Gebäude auf einem sehr breiten, gut verbundenen liegenden 
Rost und ihn ein paar Fuß unter dem niedrigsten Wasser, 
welches vielleicht 5 bis 6 Fuß unter dem Pfahlrost sein 
wird, legte, wodurch die kostbaren Erdarbeiten in der Tiefe 
unier Wasser und die tiefen Fundamente vermieden 
werden. Die bedeutende Breite dieses Rostes und des 
darauf gelegten Fundaments und besonders die starke 
Ausladung über alle vorspringenden Ecken des Gebäudes 
wäre freilich Haupibedingung. » 
Von vornherein hatte also der Meister die Schwierig- 
keit der Fundamentierung seines Bauwerks scharf ins 
Auge gefaßt und war auf Abhilfe bedacht. 
Am 15. August 1819 begannen die Arbeiten für die 
Ausschachtung und damit die Vorbereitung der Funda- 
mentierung, wie aus einem Bericht der Regierung an 
den König vom 4. Oktober 1819 hervorgeht. Es heißt 
im gleichen Bericht weiterhin: «Es hat sich nach 
einer sechswöchentlichen Erdarbeit gefunden, daß der 
auf 15 Fuß angenommene feste Baugrund erst in einer
	        
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