262 Veränderungen unserer Nahrungs- und Genußmittel durch Mikroorganismen,
10—15 % der Trockensubstanz gegenüber 20—25% bei Heu. Silosüßfutter scheint
in seiner Wertigkeit eine Mittelstellung zwischen Frischfutter und Dürrfutter ein-
zunehmen. Silomilch nimmt nur bei Unterlassung der nötigen Sorgfalt den starken
Geruch und Geschmack des Silofutters an. Im Vitamin-C-Gehalt und auch im
Nährstoffgehalt ist Silomilch der Trockenfütterungs- bzw. Schlempenmilch über-
legen. Das war von vornherein zu erwarten, da die Vitamine beim Siloverfahren
einer geringeren Schädigung ausgesetzt sind als bei anderen Arten der Futterwer-
tung. Es dürfte möglich sein, durch Einsilierung von vitaminreichem Maisfutter
eine besonders vitaminreiche Silomilch für die Kinderernährung herzustellen. Silo-
butter zeigt die Eigenschaften der Grasbutter.
Die als Beispiele angeführten Zersetzungen und Umwandlungen sind, gleich
vielen ähnlich gearteten Ergebnissen, spontan, d.h. freiwillig ohne unser Hin-
zutun eintretende Gärungsprozesse. Sie werden bewirkt durch die Vegetation
pilzlicher und bakterieller Kleinwesen, die lediglich durch die Zufälligkeiten im
Verlaufe des natürlichen Kreislaufes, aus der Luft, dem Erdboden, den Ge-
wässern in die noch unfertigen, rohen Nahrungs- und Genußmittel gelangt sind.
In dieses scheinbar ganz regellose, sich jeder Richtung und Beeinflussung
entziehende Gewirr der neben-, mit- und nacheinander sich abspielenden vege-
tativen Vorgänge konnte sich die wissenschaftliche Forschung einen richtigen
Einblick verschaffen. Man ist heute außerdem imstande, den jeder Mikrobenart
oder Gattung zukommenden Anteil an den Zersetzungsvorgängen zu bestimmen
und zu bewerten, man vermag auch durch geeignete Maßnahmen die Vegetation
und Tätigkeit der einen zu fördern, die der anderen zuhemmen, und so regula-
torisch in den Verlauf der Gärungs- und Zersetzungsprozesse einzugreifen.
Von solcher Erkenntnis ist aber nur noch ein Schritt nötig, um alles Zu-
fällige und Unbestimmbare zu beseitigen, was diesen Vorgängen, die auf Be-
schaffenheit und Qualität unserer Nahrungs- und Genußmittel so wesentlichen
Einfluß ausüben, anhaftet.
Statt das Emporkommen der gerade erwünschten Mikrobenvegetation den
Zufällen einer spontanen Besiedlung anheimzustellen, mußte es viel richtiger
erscheinen, Nahrungs- und Genußmittel zielbewußterweise mit eben jenen pilz-
lichen und bakteriellen Kleinwesen zu besiedeln, welche geeignet sind zur Be-
werkstelligung der erwünschten Zersetzungen und Umwandlungen.
Die praktische Ausführung dieses Gedankens wurde erst möglich, als die
moderne Bakteriologie das Verfahren der Isolierung und der Reinzüchtung
(Reinkultur) beliebig ausgewählter Keime ausbildete und damit das Mittel zur
Herstellung geeigneten Ausgangsmaterials fand. Die moderne Nahrungsmittel-
industrie hat den großen Wert dieser Errungenschaft, welche ihren Betrieb von
den Zufälligkeiten und Störungen ‚„‚unreiner“, d.h. durch die Gegenwart frem-
der unerwünschter Pilzvegetationen beeinflußten Gärungen unabhängig macht,
vollerkannt und die Bakteriologie immer mehr in ihre Dienste genommen. Viele
wissenschaftliche Anstalten und Laboratorien widmen sich heute dem Studium
der Lebens- und Wirkungsbedingungen der für die einzelnen Zweige der Nah-
rungs- und Genußmittelindustrie wichtigen Mikroorganismen, züchten die als
vorteilhaft erkannten in Reinkulturen, und stellen sie den betreffenden Betrieben
zur Verfügung oder schalten ihre Wirkung völlig aus. Dieses letztere finden
wir zZ. B. bei
den gärungslosen Fruchtsäften.
= Süßmost ist der naturreine, unvergorene Saft aus Äpfeln, Birnen, Trauben und
eeren.
Die Bezeichnung Süßmost besagt, daß, im Gegensatz zu dem vergorenen Most,
dieser Saft noch seinen vollen Gehalt an reinem Fruchtzucker enthält.
Der Süßmost wird auch als ‚Flüssiges Obst‘ bezeichnet. Der Name ist inso-
fern besonders zutreffend, als dieser Saft im wahren Sinne des ‘Wortes ein Pro-