264 Veränderungen unserer Nahrungs- und Genußmittel durch Mikroorganismen.
Die so eingedickten Säfte wirken durch ihren hohen Zuckergehalt pilzfeindlich, denn
der Zucker entzieht das den Zellen notwendige Wasser. Beim Einkochen in offenen
Gefäßen, das schon aus alter Zeit her bekannt ist, wurden jedoch die Vitamine und
andere wertvolle Bestandteile des Obstes zerstört (man hat bekanntlich festgestellt,
daß eine Schädigung der Vitaminkraft nur dann stattfindet, wenn bei Luftzufuhr
erhitzt wird). Seit Pasteur 1860 entdeckte, daß eine Abtötung der Keime schon
unter 100°C erfolgen kann und zwar bei einer Temperatur von 75°C, besteht nun
die Möglichkeit, den Säften den wertvollen Gehalt des Obstes: Vitamine, Aroma
und Nährstoffe zu erhalten. Das Abtöten der Keime bei 75°C wird als Pasteuri-
sieren bezeichnet.
Ein solches Pasteurisierverfahren ist das Haltbarmachen im Wasserbade. Die
mit dem Saft gefüllten Flaschen werden in ein Gefäß mit Wasser gestellt. Auf den
Boden des Gefäßes legt man ein Tuch oder stellt einen Untersatz hinein, damit die
Flaschen nicht mit der heißen Fläche in Berührung kommen. Die Safttemperatur
wird durch ein bis auf den Boden einer Flasche eingeführtes Thermometer fest-
gestellt. Die Pasteurisierdauer beträgt ungefähr 20 Minuten. An Stelle der Flaschen
kann man auch die Süßmostfässer aus Reinaluminium (das ‚Diamant‘ und ‚Pomo-
faß‘‘) verwenden, in denen gleich größere Mengen haltbar gemacht werden können
und aus dem man jeder Zeit durch den angebrachten Hahn Saft entnehmen kann.
(Oxydationsgefahr besteht bei diesen Aluminiumfässern nicht, da unter Luft-
abschluß erhitzt wird.)
Vorteilhaft ist dieses Verfahren insofern, als man keine Pasteurisierapparate da-
zu braucht, auch nehmen die Vorbereitungen nicht viel Zeit inAnspruch, da der von
der Kelter kommende Saft direkt auf die sauberen Flaschen gefüllt wird. Der Nach-
teil dieser Art der Haltbarmachung ist aber folgender: Durch die Überhitzung
tritt leicht sog. „‚Kochgeschmack‘“ auf, der je nach Obstart mehr oder weniger
störend ist. Da es Verfahren gibt, bei denen das Auftreten von Kochgeschmack
vermieden werden kann, wundert man sich eigentlich, daß diese Art der Haltbar-
machung noch so viel, sogar auch in gewerblichen Betrieben verwendet wird.
Am häufigsten findet das Haltbarmachen der Säfte mit den Pasteurisierappa-
raten des Obstbaulehrers Josef Baumann,demLeiter der Lehr- und Versuchsan-
stalt für gärungslose Früchteverwertung in Obererlenbach bei Frankfurt a.M.statt.
Die Preßsäfte Orangen (Apfelsinen) und Zitronen enthalten unmittelbar
nach dem Auspressen der reifen Früchte etwa 40—75 mg Askor-
binsäure (des „antiskorbutischen‘“ Vitamin C); wenn die Preßsäfte ohne be-
sondere Vorsichtsmaßregeln in den Flaschen stehen bleiben, geht ihr Gehalt
an Vitaminen aber schon innerhalb weniger Tage sehr rasch zurück. Das ist
darauf zurückzuführen, daß durch den in den Preßsäften vorhandenen atmo-
sphärischen Sauerstoff die Askorbinsäure zu Verbindungen verändert wird, die
keine antiskorbutische Eigenschaft mehr zeigen. Man versucht die unver-
dünnten Preßsäfte dadurch haltbarer zu machen, daß man sie mit 4, Yo
Schwefligsäureanhydrid versetzt, das kurz vor der Herstellung der Trink-
limonaden durch kurzes Erwärmen des Preßsaftes auf 75° wieder ausgetrieben
wird. Dadurch hält sich der Gehalt an Vitamin C wesentlich länger. Die Trink-
limonaden werden durch Verdünnung mit Wasser oder Mineralwasser unter
reichlichem Zusatz von Kohlensäure hergestellt; auch der Zusatz von Kohlen-
säure bis zur vollen Sättigung stellt ein gutes Schutzmittel gegen den Verlust
an Vitamin C dar, so daß in der Flasche auch die Trinklimonaden bis zur Dauer
von etwa 3 Monaten noch vitaminhaltig sind.
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