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Acht Bann) 151
Berbreihen für einen Friedensbruch, ſondern auch die Weigerung, vor Gericht Recht zu geben
und zu nehmen. In geringern Fällen konnte man ſi<h dur Erlegung eines Sühngeldes an
den Geſchädigten oder die Gemeinde gewiſſermaßen in den Frieden wieder einkaufen, bei ſhwe-
rern Verbrechen jedoch wurde der Friedensbruch ein unheilbarer, und es erfolgte die Aechtung,
d. h. die Ausſtoßung des Friedensbrechers aus der Rechtsgenoſſenſchaft. Der Verbrecher
wurde alsdann vom Richter feierlich aus dem Frieden gejegt und wie ein jagdbares Thier
ohne Schuß und Kecht der Rache ſeines Feindes (der geſchädigten Genoſſenſchaft ) preis-
gegeben. Daher die Bezeichnungen Wolf (Wargus), Wolfshaupt, Waldgünger, lat, Exlex,
engl. Outlaw, fitr einen Geöchteten (Hechter). Mit weniger entſchiedener Wirkung trat die
A. aber auch ſchon dann ein, wenn das Verbrechen zwar eine Sühne dur Geld zuließ, der
Verurthéilte aber nicht vor Gericht erſchien oder die auferlegte Buße nicht zahlte. Während
die U. infolge eines Verbrechens wejentlich eine bleibende war, hatte die U. infolge einer
Nichtftellung vor Gericht eine vorübergehende Wirkung, indem dieſelbe durch nachträgliche
Stellung vor dem Nichter wiederum aufgehoben wurde. Mit der Entwickelung des Syſtems,
welches die Strafen wegen Vergehen ausſchließend in die Hand der höhern Gewalt brachte,
kam allmählich die A. als Strafe für ſhwerere Verbrechen fait ganz in Wegfall, foda fie zur
Zeit der deutſchen Nechtsbücher des ſpätern Mittelalters (Sachſen- und Shwabenſpiegel) uur
fir diejenigen Verbrechen verhängt wurde, welche den Friedensverein als ſolchen verleßten
(Landfriedensbruch). Die A. im zweiten Falle, in ihrer Anwendung als proceſſualiſches
Zwangsmittel, gewinnt dagegen um dieſe Zeit eine größere Ausdehnung, nachdem der Schuß
des Friedens und die oberſte Leitung der Rechtspflege an die Könige übergegangen war. Der
Sachſenſpiegel unterſcheidet hier zwiſchen A. und Verfeſtung; die erſtere geht vom Könige aus,
legtere vom Gericht. Die Verfeſtung oder einfache A. erfolgte auf die Weigerung des eines
\<hweren Verbrechens Angeklagten, vor dem Gericht Rede zu ſtehen, fei es nun, daß er auf die
gewöhnliche Ladung nicht erſchienen, oder daß er zar erſchienen, aber dingflüchtig geworden
war, oder daß ex endlich bei handhaſter That die Flucht ergriffen hatte. Blieb er nah der
dritten Vorladung aus, ſo mußte der Kläger die That ſelbſiebent (mit ſieben Zeugen) bezeugen,
worauf der Richter die Verfeſtung ausſprach. Jedermann konnte jezt den Verfeſteten (Geäch-
teten) gefangen nehmen und an den Nichter abliefern, auch denſelben, für den Fall, daß er fich
der Gefangennahme wehrte, ungeſtraft tödten. Der Verfeſtete entbehrte ferner der gerichtlichen
Rechte ſowie des Rechts\hußes und durfte von niemand gehauſt noch geſpeiſt werden. Ward
er gefangen eingebracht, ſo verlor er das Recht auf den Unfchuldseid. Dagegen wurden dem
Verfeſteten ſeine Vermögensrechte nicht entzogen; auch erſtre>te die Achtung ihre Wirkungen
immer nur auf den Bezirk des Gerichts, von welchem fie ausging. Doch konnte ein höheres
Gericht und in lezter Inſtanz ſelbſt der König angegangen werden, die Wirkungen auf einen
ausgedehntern Bezirk, ja ſelbſt auf die Grenzen des Landes (Landesacht) auszudehnen. Die
Wirkungen der A. hörten auf, ſobald" der Geächtete ſich freiwillig vor Gericht ſtellte, wozu ihm
auf Begehren freies Geleit bewilligt werden mußte. Wenn in dieſem Falle der Verfeſtete für ſcin
perſönliches Erſcheinen auf dem Gerichtstage keine Bürgen aufbringen konnte, mußte er bis dahin
in Haft bleiben. Hatte aber ein Geächteter binnen Jahr und Tag nicht ſeine Unſchuld bewieſen
und ſich aus der A. gezogen, ſo wurde auf neuen Antrag des Klägers die zweite ſtrenge oder voll=
ſtändige A, (Aberacht oder Oberacht) gegen ihn ausgeſprochen, welche in gänzliher Schut-
und Nechtsloſigkeit beſtand, bürgerlichen Tod, Eröffnung der Lehen, Auflöſung der Ehe und
Vogelfreiheit nah ſih zog. «Wir theilen», heißt es in einer alten Formel, «deine Wirthin zu
einer wiſſenhaften Witwen und deine Kinder zu chehaftigen Waiſen; deine Lehen dem Herrn, von
dem ſie zu Lehn rühren; dein Erb und Eigen deinen Kindern; deinen Leib und dein Fleiſch
den Thieren in den Wäldern, den Vögeln in den Lüften. Wir erlauben dih männiglichen auf
allen Straßen, und two ein jeglicher Mann Fried und Geleit hat, ſollſt du Feines haben, und
wir weiſen dich in die vier Straßen der Welt in dem Namen des Teufels,» Wer einem Ge-
ächteten Aufenthalt und Schuß gab, fiel ebenfalls in die A., wie dies dem Herzog Johann Friedrich
von Sachſen 1566 geſchah, weil er ſich des geächteten Wilhelm von Grumbach annahm. Die
Reichsacht (bannum imperi) und des Reichs Oberacht, die der Kaiſer ſelbſt ausſprach,
waren nur dadurch ausgezeichnet, daß ihre Folgen ſih über das ganze Reich erſtre>ten, und
daß fie ſelbſt mächtige Fürſten und Große traf. Die Grundſätze der deutſchen Rechtsbücher
über die A. ſind zwar durch eine Reihe von Reichsgeſetzen beſtätigt und weiter ausgeführt fo-
wie auh mit mancherlei Modificationen noh bis in ſpätere Zeit von den Femgerichten feſt-
gehalten worden, doh mußte das Inſtitut mit dem, was fi) daran knüpfte, in neuerer Zeit