Full text: A bis Arad (Band 1)

Adel 
welches im 11. Jahrh. die Normannen in Beſiß nahmen) war der König nicht blos der höchſte 
Quell der Ehren, jondern auch der Spender materieller Güter. Kraft des Rechts der Erobe- 
rung ergriff er Beſitz entweder von dem ganzen Grund und Boden, wie der Normannenherzog 
Wilhelm, oder doh, wie Chlodwig, der Frankenkönig, von dem Eigenthum der bisherigen 
Herrſcher (den Domänen der röm. Kaiſer). Dieſes königl. Gut wurde, theils als Belohnung 
für geleiſtete, theils als Preis noch zu leiſtender Dienſte, an die einzelnen Führer des Heeres 
ausgetheilt. Insbeſondere die großen Staatsämter der Statthalter und Vorſteher weiterer 
und engerer Bezirke wurden auf folchen, zum Theil ſehr ausgedehnten, Grundbefis fundirt. 
Allinählich verſhmolz der Begriff des Amts mit dem des zum Amt gehörigen Guts oder 
Landgebiets untrennbar in Eins, um ſo mehr, als ſehr häufig ein folcher großer Lehnsmann 
des Köntgs ſchon vorher eigenes freies Gut (Allod) beſeſſen und zu dem, womit er vom König 
belehnt wurde, hinzugebracht hatte. Bald ward niht mehx der Grundbeſiß als Zubehör des 
Amts, ſondern das Amt als Zubehör des Grundbeſitzes angeſchen. Das Amt als ſolches, 
z. B. die Grafenwürde, hätte unbedenklih wechſeln können, nicht fo aber der Grundbefiß. 
Dieſen der Familie des Beſitzers zu entziehen, erſchien unbillig, und ſo geſchah es, daß dieſe 
Lehen, halb Amt, halb Grundbeſitz, erſt factiſch, zulezt dur<h förmliches Recht erblich wurden. 
Wie mit den unmittelbaren Reichslehen, ſo ging es auch mit den mittelbaren, welche wiederum 
die Lehnsmannen des Königs, die Herzoge, Markgrafen, Grafen, an die ihnen Bedienſteten 
(Miniſterialen) und namentlich an ihre zahlreichen kriegeriſhen Gefolgſchaften, die Nitter, ver- 
liehen. Dieſe kleinern Kriegs- oder Kitterlehen wurden um fo eher erblich, als damit urſprüng- 
lich keinerlei öffentlihes Amt, vielmehr nur Verpflichtung zur Kriegsfolge verbunden war. 
In Deutſchland bildeten fich dieſe Verhältniſſe fo, daß die Befier reichsunmittelbarer, 
d. h. folcher Güter, welche nicht von einem Lehnsheren zweiter Ordnung abhingen, und die 
zugleich gewiffe Hoheitsrechte (als Ausfluß des urfprünglichen Reichsamtes, deffen Zubehör 
fie waren) mit fi) führten, zu dem hohen oder Keichsadel, die Befier von Gütern der 
andern Art dagegen zum niedern oder landfäffigen Ü. gerechnet wurden. Der hohe U, 
zu welchem alſo die geiſtlichen und weltlichen Würdenträger und Beamten des Reichs, die Erz- 
biſchöfe, Biſchöfe, Herzoge, Markgrafen, Pfalzgrafen, Landgrafen und Grafen gehörten, übte 
im Bereiche ſeiner Beſitzungen mehr oder weniger vollſtändige landesherrl. oder Regierungs- 
rete aus: die Inhaber von Reichsämtern, die Herzoge, Markgrafen, Landgrafen, Pfalzgrafen, 
Grafen fowie die Erzbiſchöfe und Biſchöfe, hatten auh das Necht der Reichsſtandſchaſt oder 
das Stimmrecht auf den Reichstagen. Nicht ſo die bloßen Neichsfreiherren oder Neichsritter, 
die daher auch nicht zum eigentlichen hohen A. gerechnet wurden, obgleich ſie ſih von dem 
Landfäffigen A. durch ihre Keichsunmittelbarkeit forwie durd) gewifje, den Herrichaftsrechten 
der eigentlichen Neichsſtände mehr oder, weniger naheſtehende Vorrechte unterſchieden, daher 
eine Art von Mittelſtellung zwiſchen dieſem und jenem einnahmen. Der größte Theil dieſer 
Reichsunmittelbaren wurde 1803 und 1806 «mediatiſirt », d. h. der Landeshoheit eines be- 
nachbarten Landesherrn unterworfen, behielt jedoch den Rang und die Vorrechte von Mitglie- 
dern des hohen A., ſoweit er ſolche beſeſſen, insbeſondere auch, was die eigentlichen: Neichsſtände 
betrifft, das Recht der Ebenbürtigkeit mit den regierenden Familien. Die Titel Graf, Freiherr 
famen vom Haus aus nur den Reichsunmittelbaren zu (es gab nur Reichsgrafen, Reichsfrei- 
herren) und konnten nux vom Kaiſer oder von deſſen Stellvertretern, den Reichsvicarien, ver- 
liehen werden. Seit dem Aufhören des Reichs wird dieſes Recht von den Landesherren geübt. 
Nach England kam das feudale Adelsweſen ſchon vollſtändig ausgebildet mit der normän- 
niſchen Eroberung 1066. Wilhelm der Eroberer theilte das ganze Land in eine Menge von 
Kriegslehen und vergab dieſe, in größerer oder geringerer Anzahl, an die Führer ſeines Heeres, 
die ihrerſeits wieder damit ihr Gefolge belehnten. So entſtand auch hier ein unmittelbarer und 
ein mittelbarer, ein hoher und ein niederer A., die «Barone des Reichs» und die «Ritter der 
Graffchaftens. Nur daß 8 den engl. Baronen niemals gelang, in ihren Gebieten landesherrl. 
Rechte zu erlangen wie der deutjche hohe A. Selbſt was ſie oder was theilweiſe auh der 
niedere A. von gutsherrlichen Rechten zeitweilig beſaß, ging ihnen dur die Conſequenz, womit 
die Könige alle Hoheitsrechte der Krone und namentlich das der Rechtſprechung in feſter Hand 
zuſammenhielten, ſowie durch die größere Lebensfähigkeit der alten angelſächſ. volksthümlichen 
Nechtseinrichtungen, die keine privilegirte Gerichtsbarkeit duldeten, verloren. 
In Frankreich gab es bis zur Revolution von 1789 ebenfalls einen hohen und einen nie- 
dern A., der auf ähnliche Weiſe entſtanden wie in Deutſchland und England, nämlich aus dem 
Lehnsweſen. Jener erſtere umfaßte die ſogenannten pairs du royaume, die keine landesherrl. 
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