Full text: A bis Arad (Band 1)

   
zt 
Hdvocat 237 
der Sache herausſtellt, und unter der Bedingung geſtattet, daß er den Proceß nicht für die 
Gegenpartei weiterführt. Für ſeine Bemühungen kann er die taxmäßigen Gebühren (Deſer- 
viten, Sporteln) in Anjag bringen; er darf fich jedoch nicht neben dieſem Honorar eine Extra- 
belohnung für den Fall des Stegs (palmarium) oder ftatt jenes einen Antheil an dem Streit- 
gegenftande bedingen (pactum de quota litis), Dafür haftet ex aber auch den Auftraggebern 
für jeden erweislihermaßen durch ſeine Argliſt oder Nachläſſigkeit erwachſenen Schaden, und 
wird bei Dienſtvergehen je nah deren Schwere mit Verweiſen, Geldbußen, Suspenſion oder 
Entfernung vom Amte beſtraft. Was den Geſchäftskreis der A. anlangt, ſo iſt derſelbe nath 
gemeinem Recht keineswegs eng umſchrieben. Sie führen in Strafſachen die Vertheidigung, 
inſtruiren in bürgerlichen Rechtsſtreitigkeiten den Proceß und verfechten die Sache ihrer Clienten 
fowol in juriſtiſchen als, inſoweit es die Form des Verfahrens zuläßt, auch oratorifchen Aus- 
führungen, fertigen Geſuche, Vorſtellungen, Contracte und Letzte Willen; übernehmen Cura- 
telen und ſonſtige Vermögensverwaltungen , vermitteln Anlehen ſowie deren Sicherung durch 
Hypothekenbeſtellung, ertheilen Rath und Einſchlag, und betreiben, wenn ſie zugleich die Eigen- 
ſchaft eines Notars (\. d.) erlangt haben, daneben auch die Notariatspraxis. 
Die Stellung und die Befugniſſe der A. ſind jedoh in Deutſchland nicht ausschließlich 
nah gemeinem Recht zu beurtheilen, da die einzelnen Landesgefeggebungen hieriiber manches 
Abweichende und Beſondere enthalten. Eir®noch heutzutage nicht ſtillſtehender Wechſel der Mei- 
nungen läßt darin bald das Mistrauen in die Einſichten des Publikums und die Abſicht der 
Bevormundung, bald eine Parteinahme für die nicht ſeltene Abneigung des Publikums gegen den 
Advocatenſtand, bald (wenigſtens neuerdings) das Streben hervortreten, dur<h Vereinfachung 
der Geſchäfte, Conſolidirung des Standes und Einleitung einer Selbftanfficht unlengbare Mig- 
ſtände zu heben. An die frühere Alleinherrſchaft des Bevormundungsſ\yſtems erinnert zunächſt 
das öſterr. Recht, wenn es dem Nichtadvocaten die Abfaſſung von Proceßſchriften in ſeiner eige- 
nen Sache für gewöhnlich unterſagt und dieſen anweiſt, ſich dazu eines Rechtsanwalts zu be- 
dienen, Nach der allgemeinen Gerichtsordnung für die preuß. Staaten beſteht dieſer Advocaten- 
zwang gleichfalls inſofern, als ſolche Perſonen, welche dem höhern Beamtenſtande nicht angehören 
oder'die Befähigung zum Richteramte nicht beſien, zu beſtimmten wichtigern Proceßhandlungen 
einen Rechtsanwalt zuziehen müſſen. Aehnliche Vorſchriften enthält das bair. Recht. Andere 
Territorialrechte, wie das hannov. und fächf., haben dagegen das gemeinre<tlihe Princip der 
freien Stellvertretung bewahrt, wonah die Annahme eines Nechtsbeiſtandes dem Belieben 
der Partei anheimgegeben iſt. Während ferner hinfichtlich der Bedingungen und der Schritte 
zur Erlangung der Advocatur faſt überall Abweichungen beſtehen, ſtimmen die Geſetze der 
meiſten deutſchen Staaten wieder darin überein, daß nicht alle, welche jene Bedingungen erfüllt 
haben, ſondern von Zeit zu Zeit nur eine beſchränkte Anzahl derſelben als A. zu immatricu- 
liren ſind. Es liegt dem noch die Befürchtung zu Grunde, daß der gemeine Mann bei einer 
Freigebung der Advocatur für alle dazu Befähigte von den überzähligen, beſhäftigungsloſen 
Anwälten beemflußt umd zu einer Vermehrung der Proceſſe verleitet werden möchte. Inglei= 
hen ſoll die Fernhaltung ſo vieler jüngerer Zuriſten von der Begründung einer unabhängigen 
Exiſtenz den Zugang von Bewerbern um die niedrigbefoldeten untern Stellen bei der Zuſtiz 
und Verwaltung befördern. Derartige Beſchränkungen laſſen zunächſt befürchten, daß es in 
ärmern oder entlegenen Orten an Nechtsbeiſtänden fehlen möchte, und ziehen daher nothwendig 
eine andere beſchränkende Einrichtung nah ſi, vermöge welcher jedem A. ein beſtimmter 
Wohnſiß angewieſen wird. Es haben dann die bei dem oder jenem Gericht Recht leidenden 
Perſonen nur unter einer beſtimmten Anzahl von A. die Auswahl. Bei dieſer Conſequenz 
ſind z. B. Preußen und Oeſterreich angelangt. Lebßteres hat noh beſondere Landadvocaten, 
welche nur zur Praxis auf dem flachen Lande befugt ſind, desgleichen Hof-, Kriegs- und Berg- 
gerihtsadvocaten. Früher wirkte auh anderwärts die Niiſicht auf die zahlreichen Privilegien 
hinſichtlih des Gerichtsſtandes dahin, daß das advocatoriſche Auftreten bei den höhern Zuſtiz- 
ſtellen von dem Gewinnen der juriſt. Doctorwürde und einer beſondern Verpflichtung abhängig 
gemacht und daß eigene Oberhofgerichts- und Regierungsadvocaten creirt wurden. Mit der 
Abſicht einer feſtern Begrenzung des Geſchäftskreiſes hängt es zuſammen , wenn, wie neuer- 
dings im Königreich Sachſen, die Verbindung der Notariats- und der advocatoriſchen Praxis 
für unzuläſſig erklärt wird. Es iſt dies das Syſtem des franz. Rechts, welches noch ſeit der Zeit 
des erſten Napoleon in den preuß. , heſſ. und bair. Rheinlanden ſeine Geltung behauptet hat. 
Die franz. Einrichtungen hinſichtlich des Advocatenweſens bieten überhaupt viel Abwei- 
chendes, Sie beſtimmen die Stellung der Anwälte in Rückſicht auf die Fiction, daß die Proceß- 
   
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
    
  
   
   
   
   
    
   
   
   
  
   
  
   
   
   
   
   
   
   
    
  
  
    
   
   
    
    
  
  
   
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.