242 Aëroſtatil
baren Flüſſigkeiten (f. Hydrodynamik) geltende Toricelli’ſhe Sab, daß die Geſchwindig-
feit, mit welcher ein Gas aus einer Deffnung in der Wand eines Reſervoirs ausſtrömt, von
der Höhe der Waſſer- oder Queefſilberſäule abhängt, dur welche die Compreſſion des Gaſes
gemeſſen wird, und zwar ſo, dag man bei vierfachem Drud die doppelte, bei neunfachem die
dreifache u. ſt. w. Geſchwindigkeit erreicht. Gaſe von verſchiedener Dichtigkeit, wie Waſſerſtoff
und Kohlenſäure, ſtrömen unter gleichem Dru> mit verſchiedener Geſchwindigkeit aus. So würde
ein Gas, welches ſechzehnmal Leichter wäre als ein gleicher Raum atmoſphäriſche Luſt, viermal
ſchneller ausſtrömen als dieſe, und ein neunmal leichteres dreimal ſchneller. Es verhalten ſich
alſo die Ausflußgeſchwindigkeiten bei demſelben Gaſe wie die Duadratwurzeln der Drudhöhen,
und bei verſchiedenen Gaſen unter demſelben Dru> umgekehrt wie die Quadratwurzeln aus den
ſpecifiſchen Gewichten derſelben. Die zu einer Oeffnung in einer beſtimmten Zeit ausſtrömende
Gasmenge iſt um ſo größer, je größer die Ausflußgefchwindigkeit und je größer die Deſſnung
iſt, Wenn man aber die ausgefloſſene Menge wirklich mißt, fo findet man, daß, ganz ähnlich
wie beim Waſſer und andern tropfbaren Flüſſigkeiten, nur 7/6 der berechneten Menge aus-
gefloſſen ſind. Das kommt daher, weil der Luft- oder Waſſerſtrahl, durch die von allen Seiten
nach der Oeffnung zu drängende Flüſſigkeit, dit vor dex Oeffnung eine koniſche Verengerung
erleidet (contractio venae). Macht man in die Wand eines comprimirte Luſt enthaltenden
Reſervoirs eine 1—2 Zoll weite Oeffnung und hält dann vor dieſelbe eine Holz- oder Metall=
ſcheibe von 7—8 Zoll im Durchmeſſer, ſo wird dieſelbe nicht durh die Gewalt der ausſtrömen-
den Luſt fortgeſtoßen, ſondern nahe an der Wand feſtgehalten (Aërodynamiſches Para-
doxon von Clément und Déſormes). Es geſchieht dies, weil die ausſtrömende Luſt durch ihre
Ausbreitung zwiſchen der Reſervoirwand und der Scheibe bedeutend verdünnt wird, ſodaß der
überwiegende Dru> der äußern Luft die Scheibe gegen die Wand drückt. Läßt man ein Gas
nicht unmittelbar aus einer Oeffnung in der Wand des Neſervoirs, ſondern dur eine ange-
ſete Röhrenleitung ausſtrömen, ſo wird der Einfluß der oben erwähnten Contraction des
Strahls auf die Ausflußmenge unmerklich. Hingegen verringert ſich in dieſem Falle die Aus-
Hußmenge deshalb, weil ein Theil des Dru>es, unter welchem das Gas ſteht, zur Ueberwin-
dung der Reibung des Gaſes an den Röhrenwänden gebraucht wird. Ueber die Apparate,
welche dazu dienen, Gaſe anzuſammeln und fortzubewegen, \. Gaſometer, Gebläſe und
Ventilator. Wie die tropfbaren Flüſſigkeiten, ſo ſeen auch die Gaſe jedem in ihnen be-
wegten Körper einen Widerſtand entgegen, und dieſer iſt um ſo beträchtlicher, je größer die
Oberfläche eines bewegten Körpers und je größer deſſen Geſchwindigkeit iſt. Den Einfluß der
Oberfläche ſicht man deutlich, wenn man die Geſchwindigkeit beobachtet, mit welcher ein Waſſer-
tropfen fällt, im Vergleich zu einer, aus einem gleichgroßen Seifenwaſſertropfen geblaſenen
Seifenblaſe. Ebenſo leuchtet ein, daß, wenn von zwei gleihgroßen- und ſ{hweren Körpern der
eine noch einmal fo fehnell fich bewegt wie der andere, der doppelt fo ſchnelle Körper in der
gleichen Zeit niht nur die doppelte Luftmaſſe aus dem Wege räumen, ſondern ihr auch die
doppelte Geſchwindigkeit mittheilen muß, ſodaß er alſo mindeſtens einen vierfach ſo großen
Widerſtand erleidet als der andere. Hieraus folgt, daß dieſer Widerſtand im Verhältniß des
Quadrats der Geſchwindigkeit zunimmt, in der Wirklichkeit ſogar noch ſ{<neller. Aus dieſem
Widerſtand erklärt ſih auh, warum die beſchleunigte Fallgeſchwindigkeit vorzüglich ſchnell bei
leichten umfänglichen Körpern in eine gleichförmige verwandelt wird. Hierauf beruht die Wir-
kung des Fallſchirms (. d.). Bewegte Luftmaſſen vermögen ihre Geſchwindigkeit auh auf
ruhende feſte Körper zu übertragen. Dies führt zur Conſtruction der Windmühlen.
Aëroſtatik iſt die Lehre vom Gleichgewicht der luftartigen Stoffe oder Gaſe. Der Haupt-
vepräfentant der Luftarten ift die atmoſphäriſche Luft, und man ſpricht daher in der A. ge-
wöhnlich nur von dieſer. Die Luft ſteht ebenſo wie die feſten und flüffigen Körper unter dem
Einfluſſe der Schwere und übt infolge davon einen Drud auf die Erdoberfläche aus. Dieſem
Einfluſſe der Schwere entgegen wirkt das der Luft wie allen Gaſen eigene Beſtreben, ſi ſo
weit als möglich auszudehnen, ihre Expanſibilität. Dieſe Eigenſchaft iſt der Grund der mit
der Höhe immer geringer werdenden Dichte der atmoſphäriſchen Luft, denn in größerer Höhe
wird der Expanſivkraft nur durch den verhältnigmäßig geringen Dru> der noh übrigen dar-
auf laſtenden Luftſchichten das Gleichgewicht gehalten, Eine weitere Folge dieſer, auh fälſch-
lich Elaſticität (\. d.) genannten Expanſivkraſt der Luft iſt der Umſtand, daß der Luftdru> nicht
blos ſenkreht gegen die Erdoberfläche wirkt, ſondern auch auf ſchiefe und verticale Flächen und
von unten nah oben. So werden z. B. in einem Zimmer gleichgroße Stij>e des Fußbodens,
der Wände und der Dee, abgeſehen von dem geringen Höhenunterſchiede, ebenſo ftarf gedrüdt,
Ln pd QQ WUNDE