Full text: A bis Arad (Band 1)

Aegypten (Statiſtiſches) 
Die durch den Paſcha verwalteten Nilländer oberhalb A. bilden in der türk. Geſchäfts\prache 
das Paſchalik Sennaar, in der ägypt. hingegen das BVeled- es-Sudan, welches durch einen, 
vom Paſcha ernannten, zu Chartum reſidirenden Gouverneur regiert wird. Als beſondere Ver- 
waltungsgebiete werden betrachtet: die Städte Kairo, Alexandrien, Noſette, Damiette, Koffein, 
Ariſch und Suez, die unter eigenen Gouverneuren ſtehen. Der Mudirx hat mit Hülfe ſeiner 
Kawaſſen für Ruhe und Sicherheit ſeiner Provinz zu ſorgen, die Steuern einzutreiben, die 
öffentlichen Bauten zur überwachen u. |. w. ; außerdem hat ex auh noch als Richter zu fungiven, 
Der A>erbau iſt von jeher in A. die Hauptbeſchäftigung der Bevölkerung und die Grund- 
lage der wirthſchaftlihen Verhältniſſe des Staats geweſen. Obgleich derſelbe im Laufe unſers 
Jahrhunderts infolge der despotiſhen Maßregeln Mehemed - Ali's einen ſehr beträchtlichen 
Auffhwung genommen, ift doch noch Lange nicht alles anbaufähige Land wirklich in Cultur 
gefeßt. Die Öefanmtheit des culturfähigen Landes wird auf 7,014000 Feddan (631 D.-M.) 
geſhäßt, wovon vier Siebentel auf Oberägypten kommen ſollen. Da aber von der genannten 
Fläche 3,157774 Feddan brach liegen, ſo gehen faſt drei Siebentel des culturfähigen Landes 
bisjegt für die landwirthſchaftlihe Production verloren. Anbaufähig iſt alles Land, welches 
vom Nilwaſſer bei dem regelmäßigen Schwellen des Fluſſes erreicht und befruchtet werden kann. 
Soll daher das Culturland in tragbarem Zuſtande erhalten werden, ſo iſt die ſorgfältige In- 
ſtandhaltung des Kanalnetes die Grundbedingung. Die Stütze des Ganzen in dieſer Beziehung 
iſt der 45 M. lange Joſephskanal, welcher von Dahrut =eſ< =Scherif bis Fajjum den Nil be- 
gleitet. Dieſen mit ſeinen Seitenarmen in Stand zu halten, liegt jest den Dörfern ob, welche 
von den Kanälen berührt werden. Daſſelbe gilt au von der Herſtellung der Dämme, welche 
die Veberſchwemmung in Schranken halten und während derſelben zur Communication die- 
nen, Die größte Anzahl von Kanälen hat natürlich das Delta, Wo das Nilwaſſer nicht hin- 
gelangt, da bewäſſert man mit Hülfe von einfachen Waſſerrädern oder Schöpfmaſchinen. Alle 
Culturgründe zerfallen demnach in Rei - Ländereien, welche vom Nilwaſſer erreicht werden, 
und in Scharafi- Ländereien, welche fünftlich bewäffert werden müffen. Auf den erftern füct 
man, ſobald ſich das Waſſer zuricigezogen hat, Weizen, Gerſte, Linfen, Bohnen u. f. w., die 
ſogenannte Winterſaat (Schitawi); auf ihnen hat man in der Regel im Jahre nur eine Ernte, 
Auf die künſtlih bewäſſerten Länder bringt man ebenfalls zuerſt Winterſaat, nächſtdem aber 
baut man auf ihnen in der Zeit um die Frühlingsnachtgleiche Durrah oder Indigo, Baum- 
wolle, endlich um die Zeit der Sommerfonnenwende abermals Gerſte oder Mais, ſodaß man 
im Jahre drei Ernten von demſelben Aer erzielt. Oberägypten hat ausſcließli<h Winter- 
feldbau, und obſchon man daſelbſt weder pſlügt noch düngt, ſo fallen doch die Ernten viel reih= 
licher aus als in Unterägypten. 
Obſchon in A, mehr als in jedem andern Lande der Bauer (Fellah) den wichtigſten Theil 
der Bevölkerung ausmacht, lebte doch hier, ſo weit die Geſchichte zurüc>reicht, der a>erbau- 
treibende Stand ſtets in ſtrenger und drücender Abhängigkeit. Früher war das Verhältniß 
des Bauers in A. wie in jedem andern mohammed, Staate das des Pachters zum Grund- 
herrn, wobei die Steuer die Stelle des Pachtſchillings vertrat und zugleich der Grundſatz feft- 
gehalten wurde, daß bei regelmäßiger Bezahlung der Steuer die Pacht nicht aufgekündigt 
werden fonnte. Mehemed-Alt jedoch machte durch fein beriichtigtes Monopolfyftem den Bauer 
zu dem elend bezahlten Tagelöhner der Regierung, indem er nicht nur die an und für ſich {hon 
jehr hochgeftellten Abgaben in natura von den Bauern bezahlen ließ, ſondern auch dieſêlben 
zwang, alles, was fie ernteten, an die Regierung zu dem von ihr ſelbſt feftgeftellten Breife 
zu verfaufen. Daneben hatte der Bauer ungemeſſene Frondienſte und wurde mit der größten 
Sirenge zu den Kanalbauten angehalten. Hierzu trat noh die Aushebung zu dem vom Fellah 
aufs höchſte verabſcheuten Kriegsdienſte im Landheere oder auf der Flotte. Die erſte Erleich- 
terung, welche in neuerer Zeit der ägypt. Bauer erhielt, war die Erlaubniß, die Grundſteuer 
in Geld bezahlen zu dürfen. Allmählich ſah man ſih auch genöthigt, dem europ. Einfluß nach- 
zugeben und das Monopolſyſtem aufzuheben. Letzteres geſchah zwar ſhon unter Abbas-Paſcha, 
in Wirklichkeit kam es jedoh erſt unter Said-Paſcha dahin, daß der Fellah ſeine- Producte 
völlig frei verkaufen durfte. 
Infolge der Maßnahmen Mehemed - Ali's geſtalteten ſih in A. auch die Verhältniſſe des 
Grundbeſitzes anders als in andern mohammed. Ländern, Der Paſcha confiscirte nicht 
nur die Erblehen und Familiengüter und die für wohlthätige Zwecke beſtimmten Güter, fon- 
dern nahm auch die zahlreichen, von ihren Bebauern verlaſſenen Gründe für ſich in Anſpruch. 
Es entſtanden ſo die T\chifliks oder Privatgüter des Paſcha und ſeiner Familienglieder, welche 
   
    
    
  
   
    
   
   
   
   
     
    
   
  
   
   
   
    
   
      
   
   
    
    
     
    
    
    
   
  
  
  
  
   
   
      
    
     
   
   
     
    
    
   
    
    
     
   
  
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