330 Aegypten (Statiſtiſches)
falls; Wollde>en und grobe Tücher das Fajjum. Die ehemals bedeutende Linnenfabrikation in
Oberägypten hat aufgehört. Ebenſo ſind die meiſten der von Mehemed - Ali gegründeten Re-
gierungsfabriken eingegangen; die Fabrik rother Müßen zu Fuah beſteht jedoch noch, ift aber
im Verfallen. Bei Gizeh beſteht eine Fabrik, in welcher aus Viehmiſt Ammoniak bereitet wird,
Auch der Schiffbau in Kairo, wo ſich zugleich eine Stücgießeret befindet, tft nennenswerth,
Bildung und Unterricht ſtehen in A. im allgemeinen auf einer ebenſo niedrigen Stufe
als in andern Theilen des mohammed. Orients. Die eigentlichen Schulen des Landes find
religiöſe Anſtalten und zerfallen in Elementarſchulen und höhere Lehranſtalten (Medreſſehs).
Unter den letztern iſt die theol. Schule an der großen Moſchee zu Kairo eine der beſuchteſten
Hochſchulen des Islam. Mehemed-Ali gründete jedoch aud) verfchiedene Unterrichtsanftalten,
in denen junge Aegypter nah europ. Syſtem und zum Theil von europ. Lehrern niht für
eine allgemeine nationale Bildung, ſondern blos für Verwaltungs - und Militärzwecke erzogen
werden ſollten. Er begründete die medic. Schule zu Abu-Zabel, die Cadettenſchule von Gizeh,
die Marineſchule von Alexandrien, die Ingenieurſchule von Chanka, das medic. Collegium
von Kaſr-el-Ain, die Artillerieſhule von Turrah, die Muſikſchule in der Citadelle von Kairo,
endlich Schiffs- und Regimentsſchulen. Außerdem wurde in Paris ein eigenes Collegium für
junge Aegypter begründet. Unter Abbas-Paſcha und Said-Paſcha wurde die Mehrzahl dieſer
Inſtitute aufgehoben, ſodaß gegenwärtig nur noch die von Abu-Zabel nah Kaſr-el-Ain ver-
legte medic. Schule und eine Cadettenſchule im Barrage beſtehen. Die Schule von Kaſr-el-
Ain iſt ganz nach europ. Vorbild eingerichtet und hat namentlich Deutfche zu Lehrern.
Die ägypt. Regierung gibt über den Stand ihrer Finanzen feine Ausweifung, und die
Schägungen über Einkünfte und Ausgaben des Landes find daher unficher. Nach den Ermit-
telungen von Kremers betrugen für das Jahr 1859 — 60 die Einnahmen 740000 Beutel
(à 500 Piaſter, d. it. 33%, Thle.), die Ausgaben Hingegen 540000 Beutel, ſodaß ſich ein
Veberſhuß von 200000 Beuteln ergab. Trotz des anſcheinend günſtigen Standes des ügypt,
Budgets hat fich indeß die Schuldenlaſt der Negierung und des Vicekönigs beſonders in der
neueſten Zeit erheblich vermehrt. Dieſelbe wurde 1862 auf 50 Mill. Thlr. angegeben, wovon
ungefähr 30 Mill. auf die Schaganweifungen und Sanadpapiere fallen, 20 Mill. in rü>-
ſtändigen Beſoldungen u. |. tw. beſtchen. Zur Tilgung diefer fehwebenden Schuld ward dag
Budget von 1861— 62 plöglich auf die Summe von 250000 Beutel herabgeſetzt, und außer-
dem fchloß man zwei Anleihen mit franz. Bankhänfern ab, das erfte im Aug. 1860 im Betrage
zu 20 Mill. Frs. (zu & Proc.), das zweite von 40 Mill. Frs. im April 1862. Hauptquelle
der Einnahmen iſt die Grundſteuer, welche je nah der Qualität des Bodens in Unterägypten
20—125 Piaſter, in Oberägypten 25 —70 Piaſter für den Feddan beträgt, während der für
die Ibadijjeh zu bezahlende Zehnt in Unterägypten auf 10, 18 und 26 Piaſter dex Feddan,
in Oberägypten auf 8, 14 und 20 Piaſter angeſetzt iſt. Zur Zeit Mehemed - Ali's wurde die
Grundſteuer (nämlich in natura) nicht von dem einzelnen Grundinhaber erhoben, ſondern
die Verbindlichkeit laſtete auf dem ganzen Dorfe oder der Gemeinde. Um die oft ſehr bedeuten-
den Steuerrüdjtände der in ihrer Bevölkerung und Production herabgekommenen Dörfer all-
mählicd) zu erlangen, verordnete Mehemed - Ali, daß die im Reſt ſtehenden Dörfer neben der
gewöhnlichen Jahresſteuer einen Zuſchlag von einem Achtel zahlen ſollten; Abbas-Paſcha er-
höhte dieſen Zuſchlag auf ein Sechstel; Said = Paſcha verfügte, daß der Steuerzuſchlag im
Betrage eines Sechstels für alle Dörfer, gleichviel ob ſie mit Nücfſtänden belaſtet ſeien oder
nicht, ſtattzufinden habe. Ebenſo drücend als die Grundſteuer iſt die Dattelpalmenſteuer, die
urſprünglich von jedem Baume erhoben wurde, jezt aber auf den von Palmen beſtandenen
Grund umgelegt worden iſ. Der Ertrag der Grund- und Dattelpalmenſteuer wurde für
1860 auf etwa 450000 Beutel, des Zehnten von dem Ertrage der Ibadijjeh auf 150000
Beutel abgeſhäßt. Hierzu kommt gegenwärtig noch die Einkommenſteuer (Werko oder Firdeh),
die von Handwerkern oder Induſtriellen, welche keinen Grundbeſit haben, im Betrag von einem
halben bis zum dreifachen Monatsgehalt erhoben wird; die Marktſteuer, die mindeſtens in
1 Proc. von allem beſteht, was auf die öffentlichen Märkte gebracht wird ; die Hausſteuer von
12 Proc. des Bruttoertrags. Andere wichtige Einnahmequellen des Vicekönigs find die Zölle
für ein- und ausgeführte Waaren (etwa 65000 Beutel), die Stempel - und Punzirungs-
taxe, die Stempeltaxe für Papiere, die Einſchreibungsgebühr und Steuer auf die Nilſchiffe,
die Steuer an der Schleuſe von Atfeh, die Pachtſummen für die Silcherei, Salzausbeutung,
Natronproduction, Nilüberfahrten ır. |. w., endlich der Ertrag der Eiſenbahnen von Alexan-
drien nach Kairo und von da nah Suez (jährlich etwa 80— 90000 Beutel). Das geſammte
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