Full text: A bis Arad (Band 1)

   
uU e 
pop an nn m>_ I 1m nn 
NO —m-D vo rn ST 
ELS 
ty 
BE.) EEE 
Aegypten (neuere und neueſte Geſchichte) 343 
der feften Pläge, Von Frankreich verlaſſen, von ungewohntem Kleinmuth befallen, zog Mehe- 
med- Ali ohne eigentlihen Kampf ſeine Truppen aus Syrien zurü> und unterwarf ſich dem 
Sultan. Nach einem von den fünf Großmächten garantirten Hatti-Scherif vom 13, Febr. 1841 
ward das Verhältniß des Lehnsſtaats A. zur Pforte neu geregelt, Hiernach ſollten den männ- 
lichen Deſcendenten Mehemed - Ali's nah dem Rechte der Erſtgeburt die erbliche Herrſchaft 
über A. und die Beſitzungen am obern Nil verbleiben. Die Grundgeſetze des türk. Reichs 
ſowie die Verträge der Pforte mit auswärtigen Mächten ſollten fortan auh für A. ihre Gel- 
tung haben, außerdem die Verwaltungsgefete des Landes ſih denen des übrigen Reichs an- 
ſchließen, und die ägypt. Kriegsmacht auf ein beſtimmtes Maß herabgeſetzt werden. 
Nach dieſem Schlage ſchien ſich die Sorge Mehemed - Ali's einzig auf die Hebung der in- 
nern Hülfsquellen des durch die Kriegsleiſtungen zerrütteten Landes zu richten, freilich niht 
zum Wohle deſſelben, ſondern um die Mittel für fünftiges Handeln zu gewinnen. Mit Wider- 
willen nur verftand ex fi) auf Andringen der Pforte 1842 zu einer Aufhebung des Mo- 
nopolſyſtems und zur Herabſetzung der Ausfuhrzölle, die er jedoh ganz illuforiſh zu machen 
wußte. Um die Maßregeln zur Entwickelung der Bodenproduction und der Steuerfähigkeit 
des Landes zu berathen, verſammelte er den ſhon 1829 geſchaſſenen und aus den Beamten 
der Provinzen, Bezirke und Gemeinden zuſammengeſeßten Centralrath, den er aber voll Zor1 
wieder entließ, als ihm dieſer das Elend der Zuſtände enthüllte. Er zog ſi hierauf längere 
Zeit von der Regierung zurü>, nahm aber im Sommer 1844 das Staatsruder wieder auf 
und beſchäftigte ſich eifrig mit großen Bauten und andern Planen, die das Land zu mate- 
rieller Blüte bringen ſollten. ÎIndeß verfiel der ruheloſe Greis allmählich in Geiſteszerrüt- 
tung, ſodaß die Pforte im Juli 1848 feinen älteſten Sohn Ibrahim-Paſcha (\. d.) als Nach- 
folger beſtätigte, der bereits im Geiſte des Vaters die Gefchäfte geleitet hatte. Doc Ibrahim 
ſtarb ſchon 10. Nov. 1848, und Abbas- Paſcha (\. d.), ein leiblicher Enkel Mehemed - Ali's, 
ward von der Pforte als re<tmäßiger Regent anerkannt. Während Mehemed - Ali 2. Aug. 
1849 geräuſchlos ins Grab ſtieg, hob der Enkel die drü>endſten Steuermaßregeln, die Mono- 
pole und die curop. Anſtalten ſeiner Vorgänger auf, reducirte Heer und Flotte, entließ die 
Fremden und erleichterte ſomit das Land, aber nicht aus Wohlwollen und Weisheit, fon- 
dern als bigoter Moslem aus Haß gegen die Civiliſation. Träge, wollüſtig, habgierig und 
verfolgungsfüchtig, befonders gegen die Glieder ſeiner Familie, lebte Abbas - Paſcha in ſeinen 
Wüſtenſchlöſſern, ohne Sorge um Herrſchergröße oder das Schickſal des Landes. Die Pforte, 
vielleicht durch engl. Einfluß getrieben, ſuchte die Shwäche des Paſchas zur Einmiſchung in 
die innern Verhältniſſe des Landes zu benutzen, und befahl ihm im Febr. 1851 die ſofortige 
Einführung des Tanftmat (f. d.), fügte außerdem noh andere Forderungen hinzu, deren Er- 
füllung ſeine wie des Landes Stellung gänzlich verändert haben würde. Abbas-Paſcha rüſtete 
zwar, doch wußte er bald den von harten Finanznöthen bedrängten Lehnsherrn in Konſtanti- 
nopel dur anſehnliche Geldleiſtungen zu beſhwichtigen, ja ſogar das Recht, über die Aegypter 
Fronen und Todesſtrafe zu verhängen, ſich auf Lebenszeit zu ſichern. Als der Krieg gegen 
Rußland ausbrach, brachte er noh größere Opfer, indem er der Pforte ein Corps von 15000 
Mann ſowie die ägypt. Flotte zur Verfügung ſtellte. Abbas fand plößlih feinen Tod in der 
Nacht vom 12. zum 13. Juli 1854, wahrſcheinlih dur<h Ermordung. Ihm folgte unter Be- 
ſtätigung der Pforte Said - Paſcha (\. d.), ein Sohn Mehemed = Ali's, Dieſer, ein europüiſh 
gebildeter Mann, von wohlwollendem Charakter, behielt zwar die von ſeinem Vater eingeführte 
Landesverwaltung bei, war aber wenigſtens bemüht, die Laſten des Volks erträglicher zu machen. 
Er ſ{hränkte die Gewalt der Mudirs (Provinzialgouverneure) und namentlich der blutfauge- 
rischen Scheifh=el-Beled (Dorfvorftände) ein, begründete eine regelmäßige Nerutirung, ließ 
die Steuerfühigfeit der einzelnen Landesbewohner regiftriren, fchaffte die Sronen ab, {huf einen 
Staatsrath, der die Verordnungen berieth, ehe fie veröffentlicht wurden, gab dem Fellah zwar 
nicht das Necht des Grumdeigenthums, wol aber das der freien Verfügung über Anbau und 
Ernte, verwandelte die Naturalleiftung in Geldfteiter und führte Freizügigkeit ein. Im März 
1857 unternahm er mit 5000 Maun eine Expedition nah dem Sudan, wo er Leben, Freiheit 
und Vermögen der Bevölkerung unter ſeinen Schub ſtellte. Ebenſo ſchaffte er in A. die Sklaverei 
und den Sklavenhandel vollſtändig ab. Im Finanzweſen führte er eine Controle ein, trennte 
auch feine perſönlihen Ausgaben von den Staatsausgaben. Schon Mehemed-Alt hatte fich 
mit Herſtellung des Seekanals dur< die Landenge von Suez getragen, war aber von dem 
großen Unternehmen abgeſtanden, weil ex den Proteſt und die Einmiſhung der Engländer 
fürchtete, Said-Paſcha, dem franz. Einfluſſe vor allem zugänglich, gab dem Franzoſen Leſſeps 
     
   
  
    
   
  
  
   
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.