Full text: A bis Arad (Band 1)

   
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Oeſterreih dur eine Art Ultimatum im Febr. 1853, und A. hielt es für angemeſſen, den 
Conflict friedlih auszugleichen. Kaum war dieſe Angelegenheit geordnet, als Rußland infolge 
des Streits wegen der heiligen Stätten die Orientaliſche Frage, d. h. die Trage um das Schid- 
ſal des wankenden Osmanenreichs (des «kranken Mannes») zur Kriegsfrage machte, Sultan 
A, benahm ſih mit großer Würde gegenüber dem herriſhen Auftreten des Fürſten Menfgi- 
fow. Er geſtand den hriftl. Confeſſionen ſeines Reichs alle Freiheiten und Privilegien zu, 
wies aber mit Feſtigkeit die ruſſ. Forderungen und ebenſo alle Vergleichsvorſchläge der übrigen 
Mächte zuriic, deren Annahme feiner Souveränetät den Todesftoß verjegt haben würde. Nach- 
dem die Ruſſen im Zuli 1853 in die Donaufürſtenthümer eingerü>t, eröffnete er im Oct. 
ſowol an der Donau als in Aſien den Kampf. Es war dies ein kritiſcher Moment für A.; 
denn obſchon eine franz.=engl. Flotte in den Dardanellen lag und die Weſtmächte Hülfe ver- 
ſprochen hatten, erfolgte doch deren Kriegserklärung an Rußland erſt im April 1854. Auf 
den Nuf des Sultans ſtrömten Huuderttauſende von Kriegern aus den entfernteſten Gegenden 
herbei, und das Osmanenthum ſchien zu einem neuen Leben zu erwachen. A. war indeß nicht 
der Mann, den großen Moment zu erfaſſen; von ſeinem Serail aus ſah er dem Rieſenkämpfe 
thatenlos zu. Zur Durchführung der Reformen ward während des Kriegs eine Centralbehörde, 
der ſogenannte Tanſimatrath, eingefet, und außerdem Fam unter Mitwirkung der Weſtmächte 
und Aali-Paſcha’s der Hatti-Humayum vom 18. Febr. 1855 zu Stande, welcher alle frühern 
Verheißungen beſtätigte und nochmals die Gleichberechtigung aller Nationalitäten und Religio- 
nen des Reichs ausfprach. Mit dem Friedens\hluſſe vom 30. März 1856 war zwar eine große 
Laſt von dem Herzen des Sultans gehoben, aber die innern Zuſtände des Reihs waren nicht 
gebeſſert, die Abhängigkeit von den europ. Mächten um fo größer und offenbarer, der Haß 
der alttürk. Partei gegen fremde Einflüſſe und moderne Reformen um ſo ſtärker. Inzwiſchen 
war auch eine unheilvolle Veränderung mit dem Sultan felbft vorgegangen, welche die Lage 
der Dinge nur noch troſtloſer geſtaltete. 1856 verließ A. ſeine alte beſcheidene Reſidenz von 
Tſchiraghan und bezog das mit außerordentlichen Koſten errichtete Schloß von Dolma-Bagdſche. 
Er hatte ſchon ſeit Jahren dieſen glänzenden Palaſt zum Mittelpunkt ſeiner Träume gemacht, 
und die Großartigkeit und, Pracht der Architektur und der Einrichtung, die ihn nun umgaben, 
führten ihn einem unerhörten Luxus und ſinnloſer Schwelgerei in die Arme, während er zu- 
gleich alles Intereſſe an den Regierungsgeſchäften verlor. Seine äußere Erſcheinung verrieth 
immer mehr den hinfälligen Wüſtling, obſchon ex in der Oeſfentlichkeit ſtets eine gewiſſe Würde 
und Anſtand zu bewahren wußte. 1857 und 1858 veranſtaltete er auf einem Plateau unweit 
des Palaſtes zur Vermählungsfeier ſeiner Töchter großartige Feſtlichkeiten, wobei außer den 
Großen, den hohen Beamten und der europ. Diplomatie auch die Truppen, die Corporationen 
und die Schulen der Hauptftadt glänzend bewirthet wurden. Alle diefe Ausgaben, die Unter- 
haltung eines ungeheuern Hofs und Harems (zuſammen 1300 Köpfe), unſinnige Geſchenke, 
die er nad) allen Seiten hin, namentlich aber an Engländer machte, ſteigerten die Civilliſte 
von 75 auf 126 Mill. Piaſter, und hatten zur Folge, daß fich im Herbſt 1858 die großherrl. 
Privatkaſſe bankrott erklären mußte. Eine brit. Commiſſion, welche die Schulden berechnete, 
brachte heraus, daß die Mehrausgaben des Hofs in den lezten Jahren ein volles Drittheil der 
ganzen türk, Staatsſchuld betrugen. Dieſe Vergeudung, zu welcher ſih der Sultan in Geſell- 
ſchaft von Höflingen und europ, Beutelſchneidern hinreißen ließ, war um ſo unverzeihlicher, 
als ſich die Staatsfinanzen fortgeſetzt in der äußerſten Erſchöpfung befanden. Im Sept. 1859 
wurde eine von fanatiſchen Ulemas angeſtiſtete Verſhwörung entde>t, welche die Abſezung 
A.'s und die Erhebung ſeines Bruders bezwe>te. Der Sultan, überhaupt jedem Blutvergießen 
abgeneigt, zeigte ſich in feiner ganzen Milde, indem kein Schuldiger mit dem Tode beſtraft 
wurde, Im Sommer 1860 erhoben fich die Greuel in Syrien, und auf Andrang der Mächte 
mußte eine Commiſſion die Klagen der Chriſten in Bulgarien und Bosnien unterſuchen. Auch 
in Albanien brachen Unruhen aus, bald darauf der Auſſtand in der Herzegowina und neue 
Berwidelungen mit Montenegro, Mitten in diefen Wirren verfchied Sultan A, nad) langem 
Hinihmachten 25. Juni 1861. Das Serailleben hatte vorzeitig feine Kräfte erſchöpft. Ihm 
folgte nah osman. Recht als Aelteſter der Familie fein Bruder Abd -ul = Aſis (\. d.) in der 
Regierung. A. beſaß keine Bildung, war aber eine fanfte, gutmithige Natur, ohne Energie, 
den großen Gefchiden niht gewachſen, die ſeine Regierung umgaben. Er hinterließ acht 
Töchter und ſe<hs Söhne, von denen der älteſte, Mehemed - Murad - Paſcha, geb. 21. Sept. 
1840, nah dem Tode’ des Oheims Anſpruch auf die Thronfolge hat. : 
Abd-ul -Mumen (Abu-Mohammed), der Begründer der mächtigen Dynaſtie der 
   
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
   
   
  
   
  
   
  
  
  
  
  
  
  
   
   
  
  
  
   
  
   
   
  
  
   
   
  
  
   
   
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
    
   
  
    
	        
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