Algerien (Colonie)
denen aber nur 79120 in Cultur genommen waren. Die von den ſeßhaft gemachten Einge-
borenen angebaute Bodenfläche belief ſich 1856 erſt auf 413901 Hektaren; die Zahl der ihnen
gehörenden Fruchtbäume ward auf 249317 angegeben. Unter den Aderproducten nimmt der
Weizen die erſte Stelle ein. 1856 erzielte man im ganzen Lande einen Weizenertvag von
2,583000 Hektoliter mit einem Geldwerthe von 591, Mill. Frs. Nächſtdem folgte Gerſte mit
3,858000, Hafer mit 26700, Mais mit 27800, Bohnen mit 76600 Hektoliter, ſodaß der
Geldwerth des Ertrags an Cerealien auf 100 Mill. Frs. geſhäßgt werden konnte. Eine gewiſſe
Bedeutung hat auh der Tabadsbau, der 1856 einen Ertrag im Werthe von 31/, Mill. Frs.
gewährte. Der Anbau der Baummolle Hat trog der Bemühung der Negierung und anderer
günftiger Umftände den gehofften Auffhwung nicht genommen. Die europ. Coloniſten beſaßen
1856 nur 26000 Rinder, 33000 Schafe, 15000 Ziegen, 10000 Schweine, 6000 Pferde,
3500 Maulthiere; die Eingeborenen hingegen 1 Mil. Kinder, 8 Mil. Schafe, 3Y, Mil.
Ziegen, 130000 Pferde, 110000 Maulthiere, 215000 Kamele. Von den Schafen kommen
zwei Fünftel auf das Tell; die Rinder und Ziegen werden faſt nur daſelbſt gehalten. Die
Pferdezucht hat in neuerer Zeit weſentliche Verbeſſerungen erfahren.
Von höherer Fnduſtrie kann in A. natürlich nicht die Rede ſein, ſhon weil die Bemühungen
für den Aderbau alle Kräfte in Anſpruch nehmen. Die Kohftoffe wandern daher nad) Franl-
reich, und nur einige größere Induftrieetabliffentents find in der Colonie eingerichtet. Dahin
gehören die Fabriken für Cigarren, zwei Seidenfpinnereien, eine Papierfabrik, Schneide - und
Oelmühlen. Die einheimiſche Bevölkerung fabrizirt im Tell ein wenig Maroquin, Teppiche,
Seidengaze, goldgefticte Muffeline, feine Sattlerarbeiten, in der Sahara Wollzeuge, Burnus,
Haikfs und andere Wollwaaren. Die Kabylen , induſtriöſer als die Araber, find auch Eifen-
arbeiter und fertigen Adergeräth, Gewehrläufe, Schlöffer, Säbel u. dgl. Wichtiger ift der
Handel, Der innere Derfehr concentrirt fi) auf gewiſſe Marktplätze, auf denen die Einge:
borenen ihre Broducte gegen europ. Waaren umtauſchen. Die wichtigſten derſelben ſind in der
Provinz Oran zu Tlemſen, Moſtaganem, Oran, bei den Oulahs, in Maskara, Ain-Temouchen
und Tiaret; in der Provinz Algier zu Arbah=du=Djendel, Boufarit, Algier, Orléansville,
Tenes, Medeah, Arib und Boghar; in der Provinz Konſtantine zu Konſtantine, Guelma, Bona
und Sétif. Der Hauptmarkt für Wolle iſt Tiaret, für Rindvieh Guelma, für Getreide Arbah-
du-Djendel, Bezüglich des auswärtigen Handels, ſo kauft Frankreich drei Viertel der Erzeugniſſe
des Landes und liefert demſelben vier Fünſtheile ſeines Bedarfs. Die hauptſächlihſten Aus-
fshrartifel ſind die genannten Landesproducte. Eingeführt werden beſonders Gewebe aller Art
(an 33 Proc. der geſammten Einfuhr), Zucker, Spirituoſen, Kaffee, Seife u. ſ. w. Neben
Frankreich haben noh England, Spanien und die Berberesken den meiſten Antheil an dem
Handel A.s. Für 1861 wurde der officielle Werth der Ausfuhr nah Frankreich auf 47,8 Mill.
Fr8., der wirflihe Werth auf 63,3 Mill. Frs. angegeben, während der officielle Werth der Ein-
fuhr aus Frankreich 171,5 Mil, der wirkliche Werth 137,8 Mill. Frs. betrug. Der wichtigſte
Plat für den Sechandel iſt die Stadt Algier; andere bedeutendere Häfen ſind Bona, Philippe-
ville, Bougie, Scherſchel, Tenes, Moſtaganem, Oran und Nemours. Der Verkehr der Küſten-
pläge mit dem Innern iſt noh ſehr erſchwert, da die Colonie keine ſchiffbaren Flüſſe hat und
die Landſtraßen während der Negenzeit kaum brauchbar ſind. Der Bau einer Eiſenbahn von der
Stadt Algier nah dem Innern begann 1861, und 15. Aug. 1862 wurde die Stre>e bis Blidah
eröffnet. Telegraphiſche Verbindungen ſind ausreichend vorhanden.
An der Spitze der Colonialverwaltung ſteht gegenwärtig ein Generalgouverneur, der
zugleich Chef des 7. Armeecorps iſt. Die Colonie theilt fih in drei Provinzen, von denen jede
in militäriſcher Beziehung das Gebiet einer Diviſion, in adminiſtrativer ein Departement bildet.
An der Spiße einer jeden Diviſion, die wiederum in Subdiviſionen und Bezirke (Cercles) zerfällt,
ſteht ein Diviſionsgeneral, während ſich da8 Departement, ähnlich wie in Frankreich, in Arron-
diſſements und Civilcommiſſariate gliedert. Die Provinz Algier theilt fi in vier (Algier, Blidah,
Medeah, Miliana), die Provinz Oran in zwei (Oran, Moſtaganem) und die Provinz Kon-
ſtantine in drei (Konſtantine, Bona und Philippeville) Arrondiſſements. Die Civilverwaltung
eines jeden Departements leitet ein Präfect. Unter ihm arbeiten vier Bureaux, für allgemeine
und municipale Verwaltung, für Colonifation und öffentliche Arbeiten, für Nechnungswejen
und für die arab. Angelegenheiten. Nicht zu verwechſeln mit leztern Bureaux der Civil-
verwaltung ſind die «Arabiſchen Bureaux», welche unter der Direction und Controle der Mi-
litärcommandanten ſtehen. Man zählt deren in der ganzen Colonie 45, von denen 11 erſter,
21 zweiter und 13 dritter Klaffe. Sie find zufammengefett aus zwei oder drei Offizieren umd