Full text: A bis Arad (Band 1)

    
  
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Algerien (Colonie) 503 
mächtigen tributbar. Nur infolge der Anweſenheit großer Kriegsflotten im Mittelmeere wäh- 
rend der franz. Revolutions - und Kaiſerzeit nahmen die Seeräubereien der Barbaresken be- 
deutend ab. Als nah Wiederherſtellung des europ. Friedens jene Flotten entwaffnet wurden, 
vermehrten ſich dieſe Näubereien wieder dergeſtalt, daß die chriſtl. Mächte zu Gewaltmaßregeln 
gezwungen wurden. Die Vereinigten Staaten von Nordamerika gingen hierin voran. Ihre 
Flotte unter Commodore Decatur griff 20. Junîi 1815 die algeriſche bei Cartagena an, ſlug 
ſie und nöthigte den Dei im Juli zum Frieden, in welchem dieſer die Flagge der Vereinigten 
Staaten als unverleglich anerkannte. Um dieſelbe Zeit erzwang der engl. Admiral Lord Ex- 
mouth von den übrigen Barbareskenſtaaten die Anerkennung eines völkerrehtlichen Verhält- 
niſſes in Betreff der Krieg8gefangenen ſowie die Aufhebung des Sklavenhandels. Da ſich der 
damalige Dei von A., der wilde Omar, beharrlich weigerte, auf dieſe Forderung einzugehen, 
erſchien Exmouth mit einer Flotte von 22 Kriegsſchiffen (zu der auh ſehs niederl. Fregatten 
unter Admiral van der Capellen ſtießen) 27. Aug. 1816 vor der Stadt Algier. Es begann 
ein furchtbares Bombardement, das ſowol die Stadt wie die Seemacht des Dei zerſtörte, und 
feßterer fah fich 28. Aug. zu einem Vertrage genöthigt, wonach die Chriſtenſklaven unentgelt- 
lich freigelaſſen, die bereits für ital. Gefangene entrichteten Löſegelder zurüderſtattet wurden 
und künftig alle Kriegsgefangenen nach europ. Völkerrecht behandelt werden follten. Von ſeiten 
der Algierer waren 5000 türk. Janitſcharen und 6000 Mauren gefallen. 
Rachdem Omar 1817 von der Janitſcharenmiliz ermordet, ſein Nachfolger Ali im Febr. 
1818 von der Peſt hingerafft worden, wurde Huſſein zum Dei erwählt. Dieſer, uneingedenk 
der Züchtigung von 1816, begann die europ. Schiffe und Kaufleute aufs neue zu plündern 
und verwidelte fich namentlich, infolge der Schuldforderung zweier alger. Juden an die franz. 
Negierung, in einen Conflict mit letzterer, der ſchließlich das Ende des Naubſtaats herbeiführen 
ſollte. Nach einer heftigen Scene zwiſchen dem Dei und dem franz. Conſul Deval, wobei letz-= 
terer von erſterm einen Schlag mit dem Fliegenwedel ins Geſicht erhielt, ritt die franz. Re- 
gierung ſeit Juni 1827 zu einer Vlokade der alger. Seehäfen. Dieſe Maßregel führte indeß 
zu feinem Ergebniß, und das Miniſterium Polignac, welches durch einen glänzenden Waffen- 
erfolg nah außen Stärke für ſeine reactionären Beſtrebungen im Innern zu gewinnen hoffte, 
beichloß einen Eroberungszug gegen U. Eine großartige Expedition don 100 Kriegs=- und 
357 Transportfchiffen mit einem Landungsheere von 37000 Mann und 4000 Pferden wurde 
zur diefem Zwede ausgerüftet und ging Ende Mat 1830 unter Orgel, Das Landungsheer ſtand 
unter den Befehlen des Generallieutenants Bourmont, die Flotte unter dem Viceadmiral Du= 
perré, Am 13. Juni 1830 begann die Landung der Franzoſen in der Bai von Sidi-Feruſch, 
und am folgenden Tage eroberte die Diviſion Berthezène die dortige Strandbatterie. Während 
ſich die Franzoſen in dieſer Stellung zu befeſtigen ſuchten, um dann gegen die Stadt Algier 
vorzuſchreiten, wurden ſie 19. Juni von 30000 Mann unter dem Befehle von Zbrahim-Agha, 
dem Schwiegerſohne des Dei, mit Ungeſtüm angegriffen. Troß ihrer unſichern Lage behaup- 
teten jedoch die Franzoſen den Sieg und nahmen dem fliehenden Feinde überdies alles Geſchüß 
und Gepä>. Nachdem die Vorbereitungen getroffen, erfolgte ſodann 4. Juli der Angriff gegen 
die Stadt Algier von der Land- und Seeſeite zugleich, und ſchon 5. Juli ſah ſich der Dei zur 
Capitulation genöthigt. Derſelbe übergab die Stadt unter der Bedingung freien Abzugs, für 
fich und die türk. Miliz mit Familie und Privatvermögen; die Flotte von 17 Kriegsſchiſfen, 
1500 Kanonen amd der Staatsfhat von 50 Mill. Frs. in der Kasbeh (Caſaube) oder der 
Citadelle der Stadt fielen in die Hände der Sieger. 
Nach dem Falle der Stadt gingen zwei: franz. Flottenabtheilungen nad) Tunis und Zri- 
polis und beſtimmten beide Naubſtaaten, für immer der Seeräuberei zu entſagen. Franz. 
Landtruppen hätten 20. Juli bis 2. Aug. die Seepläße Bona, Oran und Bougie beſetzt, als 
die Nachricht von der Julirevolution und dem Sturze der Bourbonen in A. anlangte. Da 
ſich das Heer für Ludwig Philipp erklärte, legte Bourmont den Oberbefehl nieder. Zu feinem 
Nachfolger wurde von der neuen Regierung der General Clauzel ernannt, der 2, Sept. 1830 
eintraf. Er ſollte eine regelmäßige Verwaltung einleiten und eine vollſtändige Eroberung des 
Landes bis zum Atlas ausführen. Zunächſt wurde der Bei von Tittery, der ſich bereits unter- 
worfen, aber wieder zu den Waffen gegriffen, im Nov. gänzlich geſchlagen und Medeah und 
Blidah erobert. Clauzel’s Plane zur Coloniſation fanden jedoh bei der Regierung Ludwig 
Philipp's keine Annahme, und ein unpolitiſcher Vertrag, den er mit dem Bei von Tunis zur 
Veberlaſſung von Bona und Konſtantine an deſſen Bruder geſchloſſen, hatte im Febr. 1831 
ſeine Abberufung zur Folge. Zwar hätte die Juliregierung die läſtige und gefahrvolle Er- 
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
   
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
  
     
	        
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