606 Amalie (Herzogin zu Sachſen) Amand (Saint-)
erſparen, und die Hungersnoth, welche 1773 Sachſen heimſuchte, von ihnen abzuwenden,
Nicht minder ſorgte ſie für die geiſtige Bildung des Volks, theils durch die Begründung meh
revxer neuer Anſtalten, theils dur< die Verbeſſerung der bereits vorhandenen, Sie ernannte
Wieland zum Erzieher ihres Sohnes und zog Männer von den glänzendften Talenten, wie
Herder, Goethe, Sedendorf, Knebel, Böttiger, Bode, Muſäus und viele andere nah Weimar,
denen ſih fpäter auch Schiller beigefellte. Sicherlich nm durch die Bereinigung feltener
Eigenſchaften des Geiſtes und Herzens konnte’ es der Fürſtin eines ſo kleinen Staats gelingen,
mehr ausgezeihnete Männer als irgendje ein deutſcher Fürſtenhof um ſih zu verſammeln,
Wie dazu ihr perſönlicher Charakter das meiſte beitrug, beweiſt der Umſtand, daß ihr dieſelbe
Umgebung blieb, nachdem fie 1775 die Regierung in die Hände ihres Sohnes gegeben. Zhr
Schloß in Weimar, ihre Luſtſchlöſſer in Tieffurt und Ettersburg waren fortwährend der
DBerfammlungsort ausgezeichneter Gelehrter und Neifender, und *%s bleibt ihr der Nuhm, die
berühmteſten Schriftſteller Deutſchlands geehrt und vielfah aufgemuntert zu haben. Die
Sthlacht bei Jena hatte ihr das Herz gebrochen; ſie ſtarb 10. April 1807.
Amalie (Marie Friederike Auguſte), Herzogin zu Sachſen, die älteſte Schweſter des Kÿ-
nigs Johann von Sachſen, geb. 10. Aug. 1794, erhielt mit ihren Geſchwiſtern die trefflichſte
Erziehung und machte hierauf mit ihrem Vater, dem Herzog Maximilian , und ihrem Oheint,
dem ſpätern König Anton, mehrere Reiſen nah Italien, Frankreich und Spanien, welche ihre
Bildung vervollſtändigten fowie ihren Blick und ihre Lebenserfahrungen erweiterten. Den Bes
ruf zur dramatiſchen Dichterin in fic) fühlend, trat ſie zuerſt 1829 unter dem Namen Amalie
Heiter mit einem Schauſpiel: «Der Krönungstag», und 1830 mit einem zweiten, «Mesru»,
hervor, die auh auf dem drésdener Theater zur Aufführung kamen. Dieſe beiden Stüe find
metrifch gehalten, ſpielen im Meorgenlande und ſtellen Selbſterfundenes dar. Das dritte Stü
der Prinzeſſin, das Luſtſpiel « Lüge und Wahrheit », welches, ohne daß man die Verfaſſerin
kannte, zuerſt in Berlin gegeben wurde, fand eine ſehr beifällige Aufnahme. Insbeſondere aber
erfreute ſih «Der Oheim » eines überaus günſtigen Erfolgs und machte die Nunde über die
meiſten deutſchen Bühnen. Auch die Dramen und Luſtſpiele: «Die Fürſtenbraut», «Die Braut
aus der Reſidenz », « Der Landwirth », « Der Verlobungsring », « Vetter Heinrich », « Der
Pflegevater», «Das Fräulein vom Lande », «Der Majoratserbe» u. a., haben ‘dur<hgehends
Beifall gefunden. Selten hat fich die Kritik in ihren Urtheilen ſo übereinſtimmend ausge
ſprochen wie über dieſe Bühnenſtücke. Weberall hat man die fich in ihnen fundgebende große
Kenntniß der Bühne wie des menſchlichen Herzens, den tiefen ſittlichen Gehalt ſowie die feine
Durchführung und gelungene Charakteriſtik hervorgehoben. Anlage und Erfindung find finnig,
und mit einfachen Mitteln wird eine erwärmende Spannung hervorgerufen. Meiſt ſiegt die
reine, etwas derbe Natur über die Verbildung, die weltmänniſche Abgefchliffenheit und die
Anmaßungen des ariſtokratiſchen Hochmuths. Sind auch die Stücde der Verfaſſerin nicht gänz-
lich von einer gewiſſen weiblichen Subjectivität freizufprechen, fo darf doch der überwiegenden
Mehrzahl nachgerühimt werden, daf in ihnen die Zartheit der Erfindung nicht in verſhwom-
mene Sentimentalität, das Gemiüithvolle nicht in kränkliche Gereiztheit ausartet, Natur und
Wahrheit walten in den Geſtalten wie in deren Verhältniſſen, Die dramatiſchen Arbeiten der
Prinzeſſin A., von denen einige auch in franz. Umguß in Paris aufgeführt und gedru>t wurden
(Bd.1, 1841), erſchienen zum Beften des Frauenvereins in Dresden unter dem Titel: « Driginal-
beiträge zur deutſchen Schaubühne» (6 Bde., Dresd. 1837— 42; 85.1, 3. Aufl. 1858). Auch
hat die Prinzeffin mehrere Kirchenftüce und Opern componitt, die im Kreiſe der fönigl. Ba-
milie aufgeführt worden ſind. Infolge eines harten Augenleidens mußte ſie ſich 8. Nov. 1855
in Leipzig einer Operation unterwerfen,
Amalthea (grie<h. Amaltheia), hieß die Ziege, welche den Zeus auf Kreta, als ihn ſeine
Mutter Rhea (\. d.) aus Furcht vor dem Saturn daſelbſt verbarg, ſäugte und zum Lohne da-
für unter die Sterne verfegt ward. Zeus brach der Ziege ein Horn ab und gab es den Töd-
tern des Meliſſeus, die der Rhea beigeſtanden, mit dem Segen, daß fie alles zum Unterhalt
Nöthige daraus ſollten nehmen können. Daher bezeichnet corna Amaltheae fo viel als cornu
copiae, Horn des Ueberfluſſes oder Füllhorn. Nach andern iſt A. eine Nymphe, welche mit dex
Milch einer Ziege den Zeus ſäugte. Unter dem Titel «Amalthea» gab Böttiger eine archäol.
Zeitſchrift (3 Bde., Lpz. 1822 — 25) heraus, in deren Einleitung er die Mythe behandelt.
Amand (Saint-) oder Saint-A, Montrond, Hauptſtadt "eines Arrondiſſements iti
franz. Depart, Cher, im ehemaligen Herzogthum Berry, am Zuſammenfluß des Cher und der
Marmande und an einem Zweige des Berrykänals, iſt regelmäßig gebaut und hat noch die