626 Amerigo Vespucci
chungen des Königs Emanıel gelodt, ging A.'Ende 1500 na<h Portugal und unternahm
auf portug. Schiffen von Liſſabon aus noh zwei Neiſen nah dem neuen Continent, die erſte
im Mai 1501 bis Sept. 1502, die zweite unter dem Admiral Gonzalo Coelho vom 10. Mai
1503 bis 18, Juni 1504, Keine ſeiner Reiſen machte ex als Befehlshaber, ſondern als Kosmo-
graph und Steuermann ; nur auf der letzten, auf welcher er einen großen Theil von Braſiliens
Küſten unterſuchte, commandirte er ein kleines Fahrzeug. Von Columbus dem König Ferdi-
nand von Spanien, dem Nebenbuhler Emanuel's, mit großer Wärme empfohlen und durch die
Eröffnung einer glänzenden Laufbahn angezogen, trat'A. 1505 wieder in ſpan. Dienſte. Welche
hohe Meinung man von ſeinen nautiſchen Kenntniſſen und Erfahrungen hatte, ergibt ſich ſchon
daraus, daß er 1505—7 am fpan. Hofe mit einem Pinzon, Coſa, Solis über eine große,
freilih niht zur Ausführung gekommene Expedition zur Auffindung eines Weſtwegs nach
Indien zu Rathe gezogen, ſowie daß er 22. März 1508 zum Piloto-mayor oder Großſteuer-
mann für die Indienfahrten ernannt wurde, in welcher beſcheidenen, aber ſehr wichtigen Stel-
lung er 22, Febr. 1512 zu Sevilla ſtarb. i
Die einzigen Schriften, die von A. ſelbſt vorhanden, beſtehen in freundſchaſtlichen Briefen
an hervorragende Perſonen, wie Lorenzo di Pierfrancesco de’ Medici und den Gonfalionere
Soderini zu Florenz, wel letterer ſie wieder dem König Renatus (Nene) II. von Lothringen,
dem Beſchützer der Gelehrten und Begünſtiger geogr. Forſchungen, mittheilte. Dieſe Briefe
erſchienen gleih nach dem Tode A.'s zu Florenz. Die Schriften, die unter den Namen von
Reiſen des A. vorhanden, wurden nicht von ihm ſelbſt veröffentlicht und ſind voll von Wider-
ſprüchen und willkürlih geänderten Zahlen. Auch ift von der Mehrzahl noh unbekannt, in
welcher Sprache fie urfprünglich abgefaßt waren, und durh wie viele Ueberſezungen und
Ausgaben fie durchgegangen. Das unter dem Titel der «Quatuor Navigationes» hevanıd-
gegebene Tagebuch über feine (angeblich vier) Keifen ift ein Auszug oder ein Bruchſtü eines
viel umfangreichern und vollftändigern Werks, das erfcheinen follte, aber nie erfchten. Die
Heinen Schriften A.’S würden nur eine vorübergehende Erfcheinung geblieben ſein, wenn ſie nicht
bald von neuen gedrudt und vervollſtändigt in die «Raccolta» oder Sammlung neuer Reiſen
aufgenommen worden wären. 1507 erſchien anonym zu Vicenza in 6 Büchern «Mondo novo
e paesi nuovamente retrovati da Alberico Vespuzio Florentino», und zwar niht, wie man
annahm, von Francanſone de Montalboddo, ſondern von dem venet. Kosmographen und Karten-
zeichner Aleſſandro Zorzi. Dieſe «Neue Welt» wurde ſodann publicirt 1508 zu Mailand in
lateiniſcher, in demſelben Jahre durch den nürnberger Arzt Jobſt Ruchamer in deutſcher, 1516
auch in franz. Ueberſezung. Schon 1504 hatte der Buchhändler Joh. Ottmar in der Aus-
gabe der «dritten Reiſe» den Namen der «Neuen Welt», der ſich auch auf der Welttafel in
der röm. Ausgabe des Ptolemäus von 1506 findet, mit dem Namen des A. in Verbindung
gebracht. Aber nirgends findet fich die leiſeſte Spur, daß A. ſelbſt davon Kunde gehabt oder
gar dazu mitgewirkt habe. Vielmehr ging, wie zuerſt A. von Humboldt nachgewieſen, der Vor-
ſchlag, die Neue Welt «Amerika», d. h. Land des A., zu nennen, von einem Deutſchen aus.
Nämlich Martin Waldſeemüller aus Freiburg im Breisgau, der in dem Tothringifchen Stüdt-
chen St.-Dié eine Buchhandlung angelegt, gab 1507 unter dem gräciſirten Namen Hylacomylus
oder Zlacomylus die Reiſen A.'s, aus dem Franzöſiſchen überſeßt, in dem Buche «Cosmo-
graphiae introductio ete., insuper quatuor Americi Vespucii navigationes» heraus. Der
Mangel an Schriften von der Hand des Columbus und der außerordentliche Eifer, mit wel-
<em die Freunde A.'s, zu denen auh König René Il. gehörte, die Berichte über feine Keifen
zu verbreiten ſuchten, haben dazu beigetragen, daß dieſelben als die erſten Nachrichten von der
Neuen Welt allgemeinen Beifall bei dem wißbegierigen Publikum fanden. Das Werk Waldſee-
müller's wurde verſchlungen und erlebte vier Auflagen (1507, 1509, 1535 und 1554). Sein
Vorſchlag, die Neue Welt dem A. zu Ehren «Amerifa» zu nennen, fand bald allgemeinen
Anklang. Schon auf der 1520 geftochenen Welttafel des Appianus, die fich in der Ausgabe
des Pomponius Mela von VBadianus findet, und auf einer Karte zu der 1522 zu Meg er-
fchienenen Ausgabe des Ptolemäns ift diefer Name eingetragen, den bald alle Gelehrten an-
nahmen, ſodaß die Spanter felbft nachgeben mußten. E3 iſ ein Verdienſt A. von Humboldt's,
in den « Kritiſchen Unterſuhungen über die hiſtor. Entwi>elung der geogr. Kenntniſſe der
Neuen Welt» (deutfch von Îdeler, 3 Bde. , Berl. 1836 —839) dieſen Sachverhalt aufgehellt
zu haben. Vgl. Blandini, «Vita e lettere di A. Vespucci» (Flor. 1745); Irving, «The life
and voyages of Columbus» (4 Bde., Lond. 1828— 30; deutjch Frankf. 1828); Vicomte
de Santarem, «Recherches sur A. Vespucci» (Par. 1842); Peſchel, «Geſchichte des Zeitalters