686 Analyſis (Chemie)
griffe, deren Auswahl dem Scharffinn eines jeden überlaffen bleibt, 618 zu dem Gegebenen
fortſchreitet. Die Umkehrung des Ganges, den man genommen hat, und aller einzelnen dazu
gehörigen Schritte, gibt dann die ſynthetiſche Auflöſung, d. h. die Anweiſung, aus dem Ge-
gebenen das Geſuchte dur< eine beſtimmte Conſtruction zu finden, Daß auch durch dieſe
Art mathem. Unterſuhungen der Scharffinn in hohem Grade geübt wird, obſchon in ganz
anderer Weiſe als bei der A. der Neuern, mit welher man dieſelben geometr. Aufgaben
in der Negel viel ſhneller und leichter auflöſen kann, iſ keinem Zweifel unterworfen, und
das Vergnügen, welches die als Endreſultat ſich ergebende Verbindung des Geſuchten mit dem
Gegebenen gewährt, macht eine ſolche Behandlung geometr. Aufgaben ganz beſonders intereſſant,
Die Erfindung der geometr. A. der Alten ſhreiben Diogenes Laërtius und Proklus dem
Plato zu, von dem wir jedoch keine mathem. Schrift beſizen; bis auf einige Schriften von
Euklides, Apollonius von Pergä, zum Theil in arab. Ueberſezung, und Archimedes find alle
Schriften der Alten über geometr. A. verloren gegangen. Im 17. Jahrh., vor der Erfindung
der A. des Unendlichen, wurde die geometr. A. fleißig cultivirt. Jett beſchäftigen ſi faſt
nur noch die Engländer mit derſelben, bei denen fie ſehr beliebt iſt, und die darin dem Bei-
ſpiele ihres großen Newton folgen. Die algebraiſche oder arithmet. A. der Neuern verfährt
dagegen bei Auflöſung geometr. oder anderer Aufgaben ſo, daß fie die Verbindung zwiſchen
den gegebenen und geſuchten Größen, welche ganz auf gleichem Fuße behandelt werden, durch
eine Gleichung auszudrüden fucht, wozu oft ein hoher Grad Scharffinn erfordert wird. ft
dieſe einmal gefunden, ſo iſt die Auflöſung derſelben nux noh Sache der Rehnung und erfolgt
nach den Vorſchriften der Algebra, alſo mehr oder weniger mechanisch, ohne daß die Bedeu-
tung der Größen (bei geometr. Auſgaben die Beziehung auf die Figur) in Betracht kommt,
Um dieſe bekümmert man fi) nicht eher wieder als am Schluſſe der Nehnung nah Auf-
findung des Reſultats, das man nun auf eine der beſondern Natur der Aufgabe angemeſſene
Art auszulegen, gleihſam aus der Zeichenſprache in gewöhnliche Sprache zu überſeßen hat.
Analhÿſis oder Analÿſe nennt man in der Chemie die nah den Regeln der Wiſſen-
ſchaft ausgeführte Zerlegung hemiſh zufammengefegter Körper in ihre Beftandtheile zu dem
Ziwede, die Befchaffenheit und Zufammenfegung diefer Körper zu ermitteln. Handelt es ſich
nur um die Beſtimmung, aus welchen Grundbeftandtheilen (Elementen) ein Körper beſteht,
ohne daß man ſi<h darum kümmert, wie viel er von jedem der darin gefundenen Elemente ent-
hält, ſo nennt man dies eine qualitative A. Geht man aber dann daran, die in den Körpern
enthaltenen Elemente genau ihrer Quantität und ihrem Gewichtsverhältniffe nach zu beftim=
men, ſo wird dies eine quantitative A. genannt. Die Zahl der chem. Elemente, welche in einem
Körper überhaupt gefucht werden können, beträgt nad) dent jegigen Stande unfers Wiſſens 64.
Darunter find ale Metalle, ferner eine Anzahl nichtmetallifcher, fefter Elemente, wie Kohle,
Phosphor, Schwefel, Jod u. f. w., ferner eine Anzahl Yuftförmiger Elemente, wie Sauerſtoff,
Waflerftoff, Sticftoff u. |. w. Von dieſen 64 Elementen find jedoch immer nur fehr wenige
in einem zufammengefeisten Körper zugleich vorhanden, oft nur zwei bis drei.
Will man eine Subſtanz der qualitativen A. unterwerfen, die immer der quantitativen
vorausgehen muß, ſo bringt man dieſelbe dex Reihe nah mit gewiſſen andern Subſtanzen zu-
ſammen und beobachtet die Wirkungen, welche fich bei dem Zuſammenbringen zeigen. Die
hinzugefügten Subſtanzen nennt man Neagentien und die Wirkungen, welche fie hervor-
bringen, Reactionen. Damit die Reagentien gehörig auf die zu unterfuchende Subftanz
wirken können, löſt man die legtere entweder in Waffer oder einem andern Menftrium auf,
oder man bringt die Subſtanz auf einer Unterlage von Holzkohle oder Platin in die durch ein
ſog. Löthrohr angefachte Stichflamme einer Spirituslampe. Den erſten Weg nennt man aud)
die naſſe, den letztern die tro>ene A. Ein einfaches Beiſpiel der naſſen qualitativen W.
iſt es z. B., wenn man in einer Flüſſigkeit, etwa in einer Speiſe, nachforſchen will, ob etwa
Kupfer in ihr aufgelöſt iſt. Das Reagens, welches man hier am beſten wählt, i Eiſen,
das man vielleicht in Form einer Stricknadel in die Flüſſigkeit tauht. Die Reaction, welche
bei Anweſenheit von Kupfer eintritt, ift die Bildung eines rothen, kupferigen Ueberzugs auf
der Stricknadel. Die tro>ene A. vor dem Löthrohre benußt man in der Negel zur Unter-
ſuchung mineraliſcher, ſhwer oder gar nicht auflösliher Subſtanzen.
Die quantitative A. tritt allemal erſt ein, wenn eine Subſtanz qualitativ genau unter-
ſucht iſt. Nach ſorgfältig erprobten Methoden werden dann die einzelnen Beſtandtheile der zu-
ſammengeſeßten Subſtanz voneinander geſchieden, gewöhnlich dadurch, daß man Mittel an-
wendet, welche den einen Beftandtheil auflöfen, oder, wern alles fchon gelöft tft, andere, welche