694 Anaſtomoſe Anathema
erzielen. Dahin gehört vor allem die Methode des ſog. Hypnotismus (ſ. d.). Zur Er-
zeugung einer örtlihen Anäſtheſie hat man verſchiedene Mittel vorgeſchlagen, die von
mehr oder weniger Erfolg begleitet waren. Auf Empfehlung Aran’s in Paris (1850) wandte
man ſich zu dieſem Zwe>e einer dem Chloroform naheſtehenden Gruppe hem. Subſtanzen zu,
unter welchen ſih beſonders die unter dem Namen Liqueur des Hollandais befannte Flüſſig-
keit, das ſog. Elaylchlorür, bei äußerer Anwendung nüßlich zeigte. In noh höherm Grade
befitst aber nah Mialhe in Paris der gehlorte Chlorwaſſerſtoffäther eine örtlich ſ{<merz-
ſtillende Eigenſchaft. Beſonders hat man dieſe Mittel bei Nheuma und Neuralgie zur An-
wendung gebracht, Die Benußung der Elektricität zur Aufhebung oder Verringerung von
Operationsſchmerzen (z. B. beim Zahnausnehmen) hat fich nicht bewährt. Mit Sicherheit
kann Aufhebung der Empfindung an einer begrenzten Stelle des Körpers nur durch die Kälte
des Eiſes bewirkt werden. Es gelang, kleinere Operationen ſchmerzlos zu vollziehen, nachdem
man zuvor dur< Auſſchläge von Eis den betreffenden Theil gefühllos gemacht hatte. Doch
beſchränkt man ſih jezt nux darauf, dieſes Mittel vorzugsweiſe bei neuralgiſchen und ent-
zündlichen Schmerzen anzuwenden, Statt des Eiſes oder Schnees kann man ſih auch der
jog. Kältemiſchungen, z. B. 2 Theile Eis und 1 Theil Salz, bedienen.
Anaſtomoſe(gricch.), d. h. Zuſammenmündung, nennt man in dex Anatomie die Vereinigung
zweier Gefäßäfte, entweder unmittelbar miteinander zur Bildung eines Bogens oder Winkels,
oder mit Hilfe eines dritten (Collateralgefäß). Findet dies mit mehrern Gefäßäften an einer
und derſelben Stelle ſtatt, ſo entſteht ein Öefüßnes. Simmtliche Gefäße zeigen dergleichen
Vereinigungen, am häufigſten die Lymphgefäße und Venen, am ſeltenſten die Arterien. Die A.
der Arterien ſind in ärztlicher Hinſicht die wichtigſten, da durch dieſelben der Kreislauf geſichert
wird und ſich von benachbarten Aeſten her ohne weſentlihen Nachtheil (als Collateralkreislauf)
wiederherſtellt, wenn auch der eine Hauptaſt unwegſam geworden iſt. Daher kann es auch-der
Chirurg wagen, den zu einem ganzen Gliede gehenden Hauptarterienſtamm zu unterbinden,
ohne das Glied in Gefahr des Abſterbens zu ſetzen, wenn nur die Unterbindung unterhalb einer
Stelle geſchicht, wo bereits Collateralgefäße aus dem unterbundenen Stamme abgehen, welche
ſih dann ausdehnen und oft ſelbſt den Durchmeſſer des geſchloſſenen Stammes annehmen.
Anaſtröphe heißt eine grammatiſche oder rhetoriſche Figur, wonach des Tons oder Nu-
merus wegen ein Wort dem andern, gegen die gewöhnliche grammatiſche Ordnung, nachgeſeßzt
wird, z. B. ein Fürwort ſeinem Caſus, wie «Zweifels ohne». ſtatt «ohne Zweifel».
Anatas, ein Mineral, das ſi bald in loſen Körnern, bald in einzelnen Kryſtallen im Gneis
und Ölimmerfchiefer, Granit und Diorit in den Alpen, dem Fichtelgebirge, England, Spanien
u. \. w, findet. Er iſt meiſt nelkenbraun, dunkelblau oder ſchwärzlich von Farbe, hat einen muſche-
ligen Bruch, Feldſpathärte, ein ſpecifiſhes Gewiht= 3,82 und beſteht aus Titanſäure.
Anathema (griech.) bedeutet eigentlich ein den Göttern geweihtes und meiſt in deren Tem-
peln aufgehängtes Geſchenk, ſo Lúc. 21, 5. Dann bezeichnet das Wort, entſprechend dem
hebr. Cherem, etwas Gott ohne Löfung (3 Mof. 27,23) Geweihtes und, weil ſolches die
Opſferthiere waren, etwas, das dem (ewigen) Untergange zugeſprochen iſt. So Röm. 9, 3;
Gal. 1, s. 9 und in andern Stellen. In diefem Sinne heißt daher im allgemeinen anathe-
matiſiren zunächſt ſo viel als unter Anrufung Gottes etwas dem ewigen Untergange weihen,
und ſo wird das Wort gebraucht Mark. 14, 71; Apoſtelg. 23, 12. Innerhalb der officiellen
firhlichen Gemeinſchaft wurde das A. insbeſondere durch die ſeit dem 5. Jahrh. vorbereitete
und im 9. Jahrh. übli<h werdende Unterſcheidung zwiſhen Excommunication und A. bedeu-
tend. Auf der Synode zu Pavia wurde 850 beſtimmt, daß diejenigen, welche der Kirche die
Buße verweigern, nicht blos zu excommuniciren, ſondern auh zu anathematiſiren ſind, d. h.
als «faul gewordene und verzweifelte Glieder» von dem Körper der allgemeinen Kirche ab-
getrennt und jedes im Geſeß oder in der Sitte gelegenen <riſtl. Verkehrs fowie des Abendmahls
ſelbſt in der Sterbeſtunde und des Begräbniſſes unter Gläubigen beraubt werden ſollen. Je-
doch ſollte dieſes furchtbare, « unwiderrufliche » Urtheil nicht ohne ſorgfältige Erwägung, nie
ohne den Metropolitanbiſchof und ohne die gemeinſchaftlihe Entſcheidung der Provinzialbiſchöfe
gefällt und vollzogen werden. Die prot. Kirche hat mit dem großen Banne auch das A. folge-
vecht aufgegeben. Die kath. Kirche verhängt es no< wegen beharrlihen Jrrglaubens oder
wegen eines großen ungeſühnten Verbrechens. Dies geſchieht jedoch, da die Umſtände ſich ge-
ändert haben, viel ſeltener als früher, oft ohne Erfolg, und zugleich unter dem ausdrüd>lichen
Zugeſtändniſſe, daß die auferlegte Strafe eine nur zeitliche ſei, dagegen die ewige Verſtoßung
vor Gott nicht nothwendig enthalte,