794 Anguetil- Duperrön Anrüchigfeit
von Bouillet fortgefet, 6 Bde. , Par. 1862), die meiſte Anerkennung und Verbreitung ge-
funden. Doch auch in dieſem Werke, wie in faſt allen, die aus ſeiner Feder gefloſſen ſind,
erhebt er fich wenig über eine <ronikenartige Erzählung der Vorgänge.
Anquetil - Duperron (Abraham Hyacinthe), Orientaliſt, der Bruder des vorigen, geb,
7. Dec. 1731 zu Paris, ftudirte daſelbſt, zu Auxerre und zu Amersfort Theologie und wandte
fi dann, da er fich bei weitem mehr von orient. Studien angezogen fand, wieder nah Paris.
Als ihm hier einige nach einem Zend-Manuſcripte copirte Blätter in die Hände fielen, ward
Indien das Ziel ſeines Strebens, um dort die heiligen Bücher der Parſen zu entde>en. Er
nahm 1755 als gemeiner Soldat auf einem nach Indien beſtimmten Schiffe Dienſte, worauf
ihm jedoch die Regierung wegen ſeines Eifers für die Wiſſenſchaften die nöthige Unterſtützung
zur Ausführung feines Planes gewährte. Er lernte zu Pondichéry das Neuperſiſche und ging
dann nah Chandernagor, um das Sanskrit zu ſtudiren. Krankheit und der Krieg zwiſchen
Frankreich und England ſtörten indeß ſeine Abſichten. Nach der Einnahme Chandernagors
kehrte er zu Fuße nah Pondichéry zurü>, wo er ſich nah Surate einſchiffte. Doch ftieg er zu
Mahe an der malabarifchen Küſte wieder ans Land und reiſte nun zu Fuß nad) Surate. Hier
gelang es ihm, dur Beharrlichkeit und Unterwürfigkeit die Bedenklichkeiten einiger parſiſchen
Prieſter zu beſiegen, die ihm in neuperſ. Sprache den Inhalt ihrer im Zend und Pehlewi ab-
gefaßten heiligen Bücher dictirten. Er ‘hatte beſchloſſen , die Sprachen , die Alterthümer und
heiligen Geſetze der Hindus in Benares zu ſtudiren, als die Einnahme von Pondichéry ihn zur
Rückkehr nah Europa nöthigte. Ueber England kam er 1762 in Paris an mit einem Schatze
von 180 Manuſcripten und andern Seltenheiten. Nachdem er das Amt eines Dolmetſchers
der morgenl. Sprachen bei der königl. Bibliothek erhalten, begann er die Verarbeitung feiner
Materialien, und es erſchienen nah und nach die Üeberfegung des Zend-Avefta (Par. 1771),
die «Législation orientale» (Amft. 1778), die «Recherches historiques et géographiques
sur l’Inde» (2 Vde., Berl. und Par. 1786) ‘und «La dignité du commerce et de Vétat du
commergant» (Par. 1789). Nach dem Ausbruche der Revolution \{loß er ſih in ſeine
Wohnung ein und lebte nur den Studien. Früchte dieſer Zurücgezogenheit waren die Werke
«L'Inde en rapport avec l'Europe » (2 Bde. , 2. Aufl. , Hamb. 1798) und «Oupnek’hat »
(2 Bde., Bar. 1802—4). Letteres iſt die lat. Ueberſetzung eines perſ. Auszugs aus den Upa-
niſchads, den theol, - philoſ. Abhandlungen der Vedas. Nach Errichtung des Nationalinſtituts
ward er zu deſſen Mitgliede ernannt. Durch anhaltende Arbeiten und eine farge Diät er-
{öpft, ſtarb er 17. Zan. 1805 zu Paris. Die Arbeiten A.'s haben ſehr anregend gewirkt und
ſichern ihm für alle Zeiten den Dank der Geſchichtsforſcher, obgleich ſie bei genauerer philol.
Prüfung ſich als ſehr mangelhaft erweiſen.
Auguiden Heißt in den Hüttenwerken die zu Schlieh gemachten Gold- und Silbererze
mit Queſilber vermengen. (S. Amalgain.) Bei den Metallarbeitern werden behufs Ver-
ſilberung oder Vergoldung die Metalle (Kupfer, Bronze, Meſſing) vorher angequi>t, d. h. mit
einem Häutchen Queſilber überzogen, welches dadurch geſchieht, daß man fie mit Qui>waſſer,
einer kalt bereiteten Löſung von 10 Theilen Quefſilber in 11 Theilen Salpeterſäure, benett,
wodurch Duedfilber nıetallifch niedergeſhlagen wird.
Aurühigkeit bezeichnet in den deutſchen Rechten einen Zuſtand der Zurückſezung, welcher
zwar nicht die vollen Wirkungen der Infamie (\. d.) nach ſich zieht, aber doch die damit Behafteten
von höhern Aemtern, Zinften und geiftlichen Corporationen ausschließt und Lehnsunfähigkeit
begründet, Anrüchig find alle unehelich Geborenen ſowie die Henker und Schinder (Abde>er,
Kafiller) ſammt ihren Kindern, weil deren Gewerbe das Hantieren mit gefallenem Vieh und
Miſſethätern mit ſich bringt, nicht aber der eigentliche Scharfrichter, wenn er blos ſolche Hin-
rihtungen vornimmt, bei denen ‘er die Verurtheilten niht unmittelbar berührt. Wegen des
Gewerbes" wurden auch als unehrlich angeſehen: Weber, Bader, Zöllner, Müller, Schäfer,
Trompeter (was ſchon die Reichspolizeiordnung von 1577 aufhob), ingleichen wegen ihrer Le-
bensweiſe und“ Heimatsloſigkeit: Zigeuner, Bärenführer, Marktſchreier, Spielleute, Gaukler,
Seiltänzer! und alles ſonſtige fahrende Volk. Die neuere Zeit hat dieſe Vorurtheile meiſtens
überwunden, Unehelich Geborene konnten {hon vordem dur landesherrl. Reſcript auf eigenes
Anſuchen für ehelich erklärt werden, um dadurch lediglich die A. zu tilgen (legitimatio minus
pléria). Gegenwärtig bedarf e8 deffen nicht in denjenigen Staaten, welche, wie Preußen,
Oeſterreich, Sachſen, Baden, Hannover u. f. w.- den Makel der Unehelichfeit in ausdrüdlichen
Öefeen befeitigt haben. Den Kindern der Kafiller ſpricht der Reichs\hluß von 1772 ohne
weiteres die Fähigkeit zum Eintritt in Innungen und Zünfte zu, dafern ſie die verwerfliche