170 Barante
vielmehr das Bewußtſein ſeiner Eigenthümlichkeît und {öpferiſchen Kraft in ihm
geweckt haben, und es wäre zu wünſchen, daß er blos dieſem Anftoße zu feiner Ent:
tidelung gefolgt und immer er felber geblieben wäre. Jn ſeinen fpätern Noma=
nen tritt die Nachahmung der Manier Scott's zuweilen zu ſehr hervor, ſowol in
Charakterbildern als in kleinlich ausmalenden Schilderungen. Niemand aber hat
ben irländiſchen Landmann in ſeiner pittoresken Eigenthumlichkeit, in ſeinen
Drangfalen und feinen Verirrungen ſo lebendig und ſo wahr geſchildert als B.,
wenige kommen ihm gleich in der Darſtellung einer kaum civiliſirten Menſchenge-
ſellſchaft, einer wilden, die Tiefen der Menſchennatur aufwühlenden Leidenſchaft;
und oft zeige er ſich ungemein geſchickt in der Anlage ſeines Plans, in der Behand-
lung einer geheimnißvollen Verwickelungz aber nicht ſelten wird er zurüſtoßend
durch die Vorliebe, mit welcher er das Schredliche malt, nur die finſtere Seite. der
menſchlichen Natur herauskehrt und fie mit Mängeln überladet. Ein anderer
Schler in einigen ſeiner neuern und \{<wä<ern Romane, 3.8. „TheCroppy“, i
find lange politiſche Erörterungen, die als ſtörendes Beiwerk erſcheinen, fo ſehr mi
fie den gründlichen Kenner der icländifchen Zuſtände verrathen. Sn einigen Irn
neuern Erzählungen iſt er aus ſeincr Heimath gegangen, aber man ſicht ihn anm un
liebſten auf dem grünen Boden feiner Sufel, der die diefem Erzähler eigne Nationa- sl
lität ret zu beleben ſcheint. Sein neueſter Noman: „Lhe smuggler“ (London mi
4831), der auf Englands Küſten ſpielt, ſteht zwar ſeinen beſten irländiſchen Gemál- ¡9
den nach, iſt aber in Anlage und Charakterſchilderung anzichend. Mehre ſeiner | mitt
Romane ſind ins Franzöſiſche überfegt. Jn Deutſchland machte ihn zuerſt Frau «tt
Domeier bekannt in einer freien Uberſezung des „Crohoore““, die unter dem Tiz an
tel: „Der Zwerg“ (Hamburg 1828), erſchien, ohne das Original anzugeben. Eine Fol
andere Erzählung aus der erſten Reihe der „O'Hara tales“ hat W. A. Lindau
/ („Hauptmann Reh“, Dresden 1830), und „The Nowlans“ Adolf Wagner
(Leipzig 1832) überfegt.
Barante (Prosper Bruguière de), franzöſiſcher Staatsmann und Ge-
lehrter, geb. 1783 zu Riom in Auvergne, einer altadeligen Familie angehörend,
worin ſich einige Mitglieder unter dem Namen Bruguiere als Gelehrte und als Ma:
giffratsperfonen ausgezeichnet haben. Ex trat früh in den Staatsdienft und wurde
zuerſt unter Napoleons Regierung Auditeur beim Stantsrathe; dann ward er (l
als Unterpräfect nah Breſſuire geſchi>t, einige Zeit nachher zum Präfecten des | nm
Dendeedepartements befördert und fpäter in die wichtigere Präfectur des Loirede: hr
partements verſest. Sein Bruder war Unterpräfect zu Luxemburg, und ſein Ba:
ter, der 1812 ſtarb, war eine Zeitlang Präfect des Lemandepartements geweſen,
B. heirathete 1809 eine Tochter des Generals Houdelot, eine Enkelin der durch
Stouffeau’s „Confessions” fo berühmt gewordenen Madame d'Houdelot. Als
die kaiſerliche Regierung 1814 geſtürzt wurde, kam B. anfangs außer Thätigkeit z
vermuthlich wollte ihn die königliche Regierung nicht anſtellen, weil er Napoleon
gedient und demſelben in einigen Staatsreden außerordentlich geſchmeichelt hatte, | hj
wie es damals Sitte war. Jm folgenden Jahre aber, als nach den hundert Ta- | di
gen Ludwig XVII. zurü>fam und manche Beamte, welche während ſeiner Ab- | rid un
weſenheit fich zu Gunſten des Kaiſers erklärt hatten, niht mehr brauchen wollte, Vte
kam B., der mit den Umgebungen des Königs in naher Verbindung ſtand, in | She
beſondere Gunz er erhielt die wichtige und einträgliche Stelle eines Directors des
indirecten Steuerweſens, nachdem er zuvor zum Staatsrathe ernannt worden war
und eine kurze Zeit den Poſten eines Generalſecretairs des Miniſteriums des Jn-
nern bekleidet hatte. Auch wurde er von dem Puy-de-Domedepartement , aus li
welchem ſeine Familie abſtammt, zum Deputirten bei der nah Ludwigs XVIII, Ya
Nüdkehr zufammenberufenen Sammer der Volksrepräfentanten ernannt. Als auf
Steuerdirector zeigte er große Thätigkeit und Einficht, vertheidigte aber, wie die | iR,