Full text: A bis E (1. Band)

  
172 Barbacena 
mie frangaise wurde, erhielt dieſe Neuerung von Jouy, dem damaligen Director 
der Akademie, in der Aufnahmerede eine ſtarke Zurechtweiſung. B. hielt bei der- 
ſelben Gelegenheit eine Lobrede auf ſeinen Vorgänger Deſèze, den Anwalt König 
Ludwigs XVI, vor dem Nationalconvente, und entwarf ein ſehr gehäſſiges Gemälde 
von der Revolution, welches man ihm in Paris übel nahm. Er arbeitet an einer 
Geſchichte des pariſer Parlaments. _ (25) 
Barbacena (Marquis von), braſiliſcher Diplomat, eine Zeitlang Don 
Pedros Bevollmächtigter im Namen der Königin Donna Maria von Portugal. 
Er hieß früher Filisberto Caldeira Brant, und wurde vom Kaiſer Pedro, zu deſſen 
Vertrauten in Rio Janeiro er mit gehörte, zum Marquis von Barbacena ernannt. 
Wie öffentliche Blätter behaupten, ſoll F. C. Brant, ein geborener Portugieſe, nah 
mancherlei Abenteuern in feinen frühern Lebensverhältniſſen, ſchon unter der Re- 
gierung Johanns VI. ſein Glü>k im Staatsdienſte gemacht haben. Er kam da- 
durch in den Beſiß eines ſehr großen Vermögens. Den Braſiliern war er ſchon 
als Portugieſe verhaßt; no< mehr wurde er es in Folge des Vertrauens, wel- 
ches ihm Don Pedro bewies. Man glaubt, daß er den Kaiſer in ſeiner Vorliebe für 
Portugal beſtärkt und in den Entwürfen ſeiner portugieſiſch-europäiſchen Politik 
geleitet, dadurch aber mittelbar zu der Kataſtrophe des Kaiſers im J. 1831 beige- 
tragen habe. Don Pedro überhäufte ihn mit Titeln und Ehrenbezeigungen. Er 
mourde Oberbefehlshaber der Südarmee; ex leitete alle bedeutende Verträge Bra- 
filiens mit dem Austande; er übernahm das Gefchäft der Anleihen; 1824 ging 
der General Brant als braſiliſcher Commiſſarius nah London, um daſelbſt 
den gütlichen Vergleich zwiſchen Braſilien und Portugal einzuleiten; im fol 
genden Jahre ward er zum ordentlichen Botſchafter in Liſſabon ernannt. Am 
Jahrestage der Geburt und der Thronbeſteigung des Kaiſers (12. Oct. 1825) 
ward er zum Vicomte von Barbacena (in Minas Geraes) erhoben und 1827 
mit dem Theilungsgeſchäfte des Nachlaſſes des Königs Johann für feinen Kai: 
ſer beauftragt, ſowie mit Allem, was die Jutereſſen der Königin Maria da Gloria 
betraf. Er begleitete dieſe junge Fürſtin nah Europa und führte ſie nah England 
1828, 10 er für fie mit dem Herzoge von Wellington unterhandelte. Hierauf er- 
hielt ex das Großkreuz des brafjlifchen Ordens und ging im Auftrage des Kaiſers 
nach München, wo er die Vermählung deſſelben mit der jungen Prinzeſſin Amalia 
von Leuchtenberg einleitete und zu Stande brachte (2. Aug. 15829). Nach feiner 
Zurü>funft nah Braſilien (16. Oct. 1829) benugte der feine und. gewwandte 
Hofmann das Entzüden des Kaifers Über feine glückliche Verbindung, um ſich in 
der Gunſt deſſelben immer mehr zu befeſtigen. Wenn es wahr iſ, was ein franz 
zöſiſcher Schriftſteller, Auguſt de St.-Hilaire, verſichert, ſo wurde ihm das Finanz= 
miniflerium und der Vorfig im Minifterrathe angeboten; er nahm aber diefe hohe 
Stelle erſt dann an, als man zum Zeichen der kaiſerlichen Zufriedenheit alle von ihm 
vorgelegte Rechnungen ohne weitere Unterſuchung beſtätigt hatte. Hierauf ſoll er, um! 
allein das Vertrauen des Monarchen zu befigen, die einflußreichften Günfttinge deſ: 
felben, den geheimen Gabinetsfecretait, Francisco Gomes, und den Unterintendanten 
des faiſerlihen Vermögens, da Rocha Pinto, durch Klagen, die gegen ſie erhoben wur- 
den, verdächtigt und dadurch den Kaiſer bewogen haben, ſeine beiden Vertrauten nach 
Europa zu ſchien. Gomes ſandte aber von London aus ſo viele daſelbſt geſam: 
melte Beweiſe von der tadelnswerthen Verwaltung des Marquis an den Kaiſer, 
daß dieſer voll Unwillen dem Miniſter die heftigſten Vorwürfe machte und ihn ab- 
feste (1830). Allein der Marquis hatte ſich eine ſtarke Partei zu verſchaffen ge- 
wußt, die vorzüglich in den Kammern für ihn thätig war. Er gab jegt eine Flug: 
ſchrift heraus, worin er mit großer Gewandtheit den eigentlichen Fragepunkt um- 
ging, und ſelbſt den Ankläger machte. Jndem er ſich ſo gewiſſermaßen an die Spike 
der Unzufriedenen ſtellte, wußte er jene Streitigkeit wie eine Nationalſache zu bes 
  
n 
A 
 
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.