174 Barrikaden
zogen wurde. Dem Commandanten der Feſtung mochte B. als ein gefährlicher
Staats: und Majeftätsverbrecher angemeldet worden ſein, darauf ſchien wenigſtens
die Anweiſung eines feuchten Rerkers in einer Caſematte hinzudeuten, B.'g
Sreunde unterließen jedoch nicht, den König ſofort über die wahre Lage
der Verhältniſſe aufzuklären, und ſchon nach fünf Tagen erhielt er ſeine Freie
heit wieder. Heftige Gemüthsbewegungen und die Anſtrengungen der Reiſe hat:
ten B.'s Geſundheit ſo erſchüttert , daß er jeden Antrag zum Wiedereintritt in
den Statsdienft, den man ihm als ehrenvolle Genugthung anbot, ablehnte ; ſelbſt
einer Einladung des Miniſters von Stein, in den Berwaltungsrath am Rhein, zu
deſſen Chef dieſer von den Berbündeten ernannt war, einzutreten, konnte B,
nicht Folge leiſten. Er ſchied aus dem Staatsdienſte, um eine glänzendere und eh:
venvollere Laufbahn zu betreten, als ſie ihm von der Bureaukratie jemals gebo-
ten werden fonnte. Jn ſeinen frühern Dienſtverhältniſſen hatte er ſi< um die
Bürgerſchaft und das Gemeindeweſen von Berlin ſo vielfache Verdienſte erwoor=
ben, daß ihn nach 1814 in dankbarer Anerkennung die Stadtverordnetenverfamme
lung zum Bürgermeiſter wählte. Ju dieſem Verhältniß hat er mit unermüdeter
Thätigkeit und glü>lichem Unternehmungsgeiſte manches verwielte Geſchäft aus-
geglichen und manche dauernde Communaleinrichtung zu Stande gebracht, Berlin
verdankt ihm inſonderheit die Verbeſſerung der Bürgerſchulen, die Errichtung einer
Gewerbſchule und des Realgymnaſiums, in welchem neben den alten Sprachen auch
die Naturwiſſenſchaften und die neuern Sprachen beachtet werden. Die von ihm
gegründete Sparcaſſe, zunächſt für die dienende Claſſe in Berlin beſtimmt, iſt faſt
in allen größern Städten Preußens und Deutſchlands nachgeahmt worden; nicht
mindere Anerkennung verdient die Sorge, welche B. der Armenpflege gewidmet hat.
Nach dem Ausſcheiden des bisherigen Oberdürgermeiſters Büſching wurde B. zu
Ende des Jahres 1831 von der Stadtverordnetenverſammlung zum Oberbürger-
meiſter gewählt und erhielt auch unter den drei in Vorſchlag gebrachten Candidaten
die fônigliche Beſtätigung. (26)
___ Barrikaden heißen im Allgemeinen Verſchanzungen , welche man von
Dingen, die augenblicklich zur Hand find, als Holz, Steine, umgeſtürzte Wagen,
Hausgeräthe 2c. anlegt, um irgénd einen engen Zugang , z. B. Thüren, Fenſter,
Gaſſen oder Hohlwege zu verſperren, Ausſchließlich wurden zuerſt die Straßenver-
rammelungen in Paris mit dieſem Namen belegt. Hier waren ſchon im 14. Jahrh.
dieStraßen an ihren Eingängen mit Ketten verſehen, um ſie bei Einbruch der Nacht
verſperren zu können. Dies geſchah auch bei dem wegen der drückenden Auflagen
ausgebrochenen Volksaufftande 1382, wo die Einwohner nachher, 30,000 Mann
far, dem jungen König Karl VI. in die Ebene von Saint-Denis enfgegenzogen,
nachdem fie vorher die Einnehmer der Gefälle theils erfchlagen, theils verjagt, und
eine Anzahl jüdifcher Kaufleute geplündert hatten. Es fehlte ihnen jedoch Ent»
ſchloſſenheit und Eintracht, fie gingen aus einander, und der König zog mit ſeiner
Armee in die Stadt, ließ die Thore ausheben, die Ketten in den Straßen hinweg-
nehmen, die Bürger entwaffnen und über 300 unruhige Köpfe hinrichten. *) Die
eigentlichen Barrikaden waren 1588 ein Werk der katholiſchen Ligue, an deren Spige
der Herzog von Guiſe ſtand, und die nichts Geringeres als die Abfegung Heinrichs II.
iin Sinne hatte, Gegen den ausdrü>lichen Willen und Befehl des Königs nur mit
acht Begleitern nach Paris gekommen, wurde er von dem, durch ſeine Partei ges
wonnenen Pöbel mit lautem Jubel empfangen und unterließ nicht, nach der erſten, für
ihn nicht ganz gefahrloſen Zuſammenkunft mit dem König Anſtalten zu ſeiner perſôn-
*) Nah Capceſigue ſoll bei dieſer Gelegenheit die Baſtille am Thore St.-Antoine
erbaut worden fein; nad) Mezeray (‚Histoire de France’, II, 339) geſchah es ſhon
1569 durch Hugo Aubriot, Prevot von Paris. Vielleicht ward der Bau erſt 1388
vollendet,