230 Berghaus
der berühmte Clementi bei feinem Aufenthalt in Berlin kennen, und mit ſei:
nem muſikaliſchen Scharfblick entdedte er fogleic das große Talent des jungen
Mannes. Er erklärte ihn unbedingt für den ausgezeichnetften Virtuoſen und Mu-
ſifer Berlins, gab ihm ſelbſt noch Unterricht auf dem Fortepiano und reiſte mit ihm
1805 nad) Rußland. In Petersburg erwarb fih B. {nell einen ſehr großen
Ruf und wurde, nebſt Field und Steibelt, zu den ausgezeichnetſten Virtuoſen
dieſer Stadt gezählt. Die politiſhen Conjuncturen des Sahres 1812 nöthigten
ihn, Petersburg zu verlaſſen, was nur durch die Vermittelung angeſehener Freunde
ohne Gefahr möglich wurde, indem er als Kurier mit einer Depeſche nah Finn-
land abgeſendet wurde und von dort nah Sto>holm gelangte. Von hier ging er
nach England zu ſeinem alten Lehrer Clementi; in London wetteiferte er damals
mit Ferdinand Ries um die Palme als Virtuoſe und Componiſt. Er kam 1814
nach Berlin zurú>, wo er ſeitdem, da eine nervóſe Armlähmung ihn an eignem
anhaltenden Spielen hindert, als der trefflichſte Lehrer auf feinem Juſkrument
verehrt wird und ſhon viele als Virtuoſen ſehr fchäßbare Schüler, von denen
die ausgezeichnetſten Felix Mendelsſohn Bartholdy und Wilhelm Teubert ſind,
gebildet hat. Der Kenner {hätt jedoch in ihm den Componiſten höher als den Vir-
tuoſen. Leider hindert eine eigenthümliche, der Hypochondrie ſehr verwandte Geſtal:
tung des Charakters ihn am anhaltenden Schaffen, wo er aber einmal dieſes Hin-
derniß beſiegt hat, da haben fich auch glänzende Reſultate gezeigt. Er hat nur
fünf bis ſechs Clarierſonaten, einige andere Clavierſtúcke, Studien für dieſes Jn-
ſtrument und mehre Hefte Lieder herausgegeben, die jedoch auf der hôchſten Höhe
der Zeit ſtehen und nicht nur die Vergleichung mit dem Beſten, was Spohr, We-
ber und Andere geleiſtet haben, ertragen, ſondern daſſelbe wol noch in mancher Be-
ziehung Übertreffen. Nähere Freunde des Componiſten kennen auch ſeine größern
Arbeiten, als Symphonien, Cantaten und dergleichen; er ift jedoch big jest nicht
zu vermögen geweſen, ſie der Öffentlichkeit zu übergeben, da, was dem Beſten ge-
núgt, doch ihm ſelbſt noch nicht vollendet genug erſcheint. (20)
Berghaus (Heinrich Karl Wilhelm), geb. am 3. Mai 1797 zu Kleve,
erhielt feine Bildung in Münfter, Marburg, während einer Eurzen Zeit in Ber:
lin, und wurde bereits 1811 bei der Bauverwaltung des damaligen franzöſiſchen
Lippedepartements angeſtellt, zunächſt als Zeichner, ſpäter als Geograph im corps
impérial des ponts et chaussées, deſſén Director der Graf Molé war. Jn dieſem
Dienſtverhältniſſe nahm B. Antheil an den umfaſſenden Vorarbeiten, welche die
durch Napoleon befohlene Anlage eines Canals zur Verbindung des Rheins mit
der Niederelbe und eines Straßenzuges von Amſterdam nach Hamburg foderte.
Nach dem Rüúzuge der Franzoſen über den Rhein hörte B.’s Dienſtverhältniß
auf, und nachdem Preußen ſeine weſtfäliſchen Provinzen wieder in Beſiz genom-
men hatte, trat er als Freiwilliger in die Armeeverwaltung bei dem in den weſtfä-
liſchen Provinzen zuſammengezogenen Corps. Jm Feldzuge von 1815 kam er
mit dem Corps des Generals Tauenzien, bei welchem er ſtand, bis in die Bretagne,
und dieſer Kriegszug gab ihm Gelegenheit, ſich die genauen Kenntniſſe von der
Form und Geſtaltung des Bodens zu erwerben, welche in ſeiner Karte von Frank:
reich (Berlin 1824) niedergelegt ſind. Nach feiner Rú>kehr aus Frankreich war
er 1816 einige Zeit in Weimar, und machte mehre Wanderungen duch Thürin-
gen und Franken, um feine Kenntniß des Landes zu erweitern. Als er fpäter nad)
Berlin zurückkehrte, ward er bei der 1810 begonnenen, aber von 1812 — 15 un:
terbrochenen allgemeinen Landesvermeſſung des preußiſchen Staats angeſtellt.
Die Ausführung des geodätiſch-trigonometriſchen Theils der Arbeiten leitete der
Major von Oesfeld, unter welchem B. in dem Corps der Ingenieurgeographen an-
geſtellt war, und 1820 eine Reihe von Dreiecken von der Elbe bei Torgau längs der
preußifihefächfifchen Landesgrenze bis an den Grädibberg in Schleſien ausführte,
ti
in
fen
N