Full text: A bis E (1. Band)

  
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Berlins Kunſtſammlungen 233 
deſten Kenner zu ſein. Als ein Beiſpiel, auf welche Weiſe er einkaufte, führen 
wir nur die Erwerbung des berühmten Altarbildes von Johann und Hubert van 
Ey> an. Der Beſiger brachte daſſelbe während des Congreſſes 1818 nah Aachen 
und hoffte unter den dort verfammelten Monarchen einen Käufer zu finden; diefe 
aber traten verwundert zurüc, fobald fie von den 200,000 Srancs hörten, welche 
für diefe fechs Tafeln von mäßiger Größe gefodert wurden. Auch Solly kam in 
den Saal, hörte den Preis, ließ den Kaſten zunageln und zahlte die gefoderte 
Summe auf der Stelle, ohne ein Wort darüber zu verlieren. Durch Einkäufe 
dieſer Art und durch Verluſte in England kam Solly in Verlegenheit. Er erhielt 
von der preußiſchen Regierung Vorſchüſſe und überließ endlich, da er die Rüdzah: 
lung nicht leiſten konnte, dem Könige ſeine Sammlung, die ihm über eine Million 
gekoſtet hatte, für ‘700,000 Thaler. Sobald dieſe werthvolle Sammlung Eigen- 
thum des Königs geworden war, ließ es ſich Hirt eifrig angelegen ſein, einen ges 
nauen Katalog zu verfertigen, wobei ihm der durch feine Schrift über die Brüder 
van Eye bekannte Wangen als Gehülfe zugetheilt wurde. Bei der ſpäter erfolgten 
Aufſtellung der Bilder im Muſeum hat zwar Hirt, da man ihm nicht ganz unbes 
dingte Gewalt einräumte, ſich zurü>gezogen, doch iſt die Anordnung der Gemälde 
ſowol, als die Abfaſſung des Katalogs im Weſentlichen nac) ſeinén Vorarbeiten 
ausgeführt worden. 
Die Bildergalerie zerfällt in zwei Hauptabtheilungen: A. Die Jtaliener. 
B. Die Niederländer und Deutfchen. Die Staliener find nad) ihren Schulen 
abgetheilt. Unter den Venezianern findet man vortreffliche Bilder von Antonello 
da Meſſina und von Giovanni Bellini, den beiden Begründern dieſer Schule. 
Von Mantegna beſizt die Galerie das fchönfte Bild, welches er malte, einen todten 
Ehriftus von zwei Engeln gehalten; mehre Hauptbilder von Marco Bafaiti, Vit- 
tore Carpaccio, Pietro degli Ingannati, Francesco Morone, Luigi Vivarini, Gi: 
rolamo da Santa-Croce. Von allen- dieſen Meiſtern, deren Namen man, mit ge- 
ringen Ausnahmen, in den Katalogen von Dresden, Wien, Kaſſel, Braunſchweig 
und Paris vermißt, beſist das Muſeum zu Berlin die koſtbarſten Galerieſtü>e, 
welche weder in der Tiefe des Ausdru>s noch in der Farbenfriſche von irgend einem 
fpätern Meiſter verdunkelt werden. Aus der nachfolgenden Blütezeit der Venezianer 
befigt das Mufeum Bilder des erſten Ranges von Giorgione, Jacopo Palma, Por- 
denone, Paris Bordone, Jacopo Robuſti, Paolo Veroneſe. Man iſt verwundert, 
in dein Katalog Tizian’s Namen zu vermiſſen, da man doch in der Galerie ſelbſt 
mehren Bildern begegnet, welche die Hand des großen Meiſters verrathén, und die 
ſelb Hirt, der bekanntlich ſogar die berühmte Venus in Dresden nicht für einen 
Tizian gelten läßt, für echt hält. Mit lobenswerther Gewiſſenhaftigkeit hat man 
ſich jedoch bei Abfaſſung des Katalogs enthalten, in zweifelhaften Fällen den Bil- 
dern berühmte Namen zu geben. — Zu den Lombarden hat man hier ſowol 
die Mailänder als die Parmeſaner gezählt. Von Jenen beſißt die Galerie werth- 
volle Bilder aus der Schule des Leonardo da Vinci, von Bernardo Luini, Andrea 
Boltraffïo, Salaino, Sacchi, Gaudenzio Ferrari; von den Parmeſanern darf nur 
Einer genannt werden : Correggio, der für eine ganze Galerie gilt. Das Mu- 
ſeum beſigt von ihm zwei, durch ihren hohen Kunftwerth wie durch ihre Schidfale 
berühmte Bilder: Jo vom Jupiter umarmt, und Leda mit dem Schwane. Diefe 
beiden Bilder waren im dreißigjährigen Kriege aus Italien nad) Schweden gefoms 
men, wo fie im königlichen Makſtalle als Fenſtervorſas dienten. Die Königin 
Chriſtine nahm ſie fpäter mit nach Stalien, und nad) ihrem Zode kamen fie in die 
Galerie des Regenten, Herzogs von Orleans. Sie ſollten ſpäter, unter dem Sohne 
des Regènten, dem frômmelnden Herzog Ludwig von Orleans, als verführeriſche Bil- 
der verbrannt werden, indeffen begnügten fich die Beichtväter damit, daß der Her- 
309 die Köpfe der So und Leda herausfchneiden ließ, wobei denn freilich für die Vers 
 
	        
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