38 | Ägypten
roniſirt (Marquis), und mit allen möglichen Ehren ausgeſtattet, hat er für bie
bittere Verfolgung ſeiner Stammgenoſſen in der pyrenäiſchen Halbinſel in feiner
Perſon Genugthuung erhalten. Dennoch gelang es ihm nicht, eine einigermaßen
zufriedenſtellende Anerkennung der Cortesbons, die er wünſchte, zu bewirken, Ge-
haßt von den Liberalen und Apoſtoliſchen, war er die Geldſeele der gemäßigten oder
miniſteriellen Royaliſten, an deren Spie Balleſteros ſteht, und hielt ſich zu dieſen
und durch dieſe fich ſelbſt für feſt. Man ſchlug ihm den, ungeheuern Gewinn verſpre:
chenden Canalbau von Caſtilien als Entrepriſe zu, und er ging nach Madrid,
ſih im Glanze ſeiner Herrlichkeit zu ſonnen. Allein fie mußte verbleichen vor dem
ſpaniſchen Grandenſtolzz nur die Finanziers fanden ſich bei ihm ein; und dies, die
Schwierigkeiten der neuen Unternehmung oder die Vorſtellung, daß er genug
von Spanien habe, bewogen ihn 1830, die Agentur niederzulegen. — A.
iſt ein Mann von ungefähr 50 Jahren, und von 20 Mill, Francs. Seine
Perſönlichkeit ift in Paris, wo er fich angeſiedelt hat, weniger beliebt als ſein
Neichthum. Dieſen zu charakteriſiren, erzählt man folgende Anekdote: Jemand
kommt von einem der größten pariſer Banquiers zu ihm und iſt noh ganz voll
von den ungeheuern Portefeuilles mit Wechſeln und Staatspapieren, die ihm der:
ſelbe gezeigt. „Die Portefeuilles habe ih nicht“, entgegnet A. , ‚‚aber ich will Jh-
nen etwas Anderes zeigen.” Er öffnet feine Brieftafche, in der nur ein kleiner Zet-
tel liegt; aber auf dem Zettel bekennt jener Banquier 10 Millionen Francs von
A. leihweiſe bis zum nächſten Tage empfangen zu haben. (9)
*Ägypten. Die wichtigen Umwandlungen, die ſeit einigen Jahrzehenden ín
dem Nillande, einer der álteſten Wiegen der Cultur unſers Geſchlechts, ſich bilden,
find jegt zu einer umfaſſenden Überſicht und zu einer Darſtellung nach ihren Grund-
lagen und Ergebniſſen reifer geworden. Wenn auch nur ein Zehntheil der Saat
aufgeht und Früchte trägt, die jezt dort ausgeftreut wird, fo werden die Folgen
zunächſt für Nordafrikas Cultur, das ſeit Jahrhunderten unter der Fluchhertſchaft
bildungfeindlicher Barbaren ſtand, nicht zu berechnen ſein. Agypten war immer
tiefer geſunken, ſeit es (1517) der Osmanenherrſchaft unterworfen wurde, und der
Schauplab innerer Kriege der mächtigen Mamluckenhäupter, welche, durch einge-
führte Sklaven von den Geftaden des fehwarzen und kaspiſchen Meeres verſtärkt,
oft mit glü>lichem Erfolge gegen die türkiſche Obergewalt kämpften. Die vorüber:
gehende Herrſchaft der Franzoſen (1798—1801) war in ihren Folgen von ents
fcheidender Wichtigkeit für Agyptens Schikſale. Hatte ſhon die, dur<h Sultan
Selim Ul. verſuchte Umbildung des Heerweſens einen tiefen Eindru> auf das Ge:
müth manches verſtändigen Türken gemacht, ſo mußten beſonders in Agypten die
Kriegsunternehmungen der Franzoſen u. Engländer dazu beitragen, die Vorzüge des
europäiſchen Kriegsweſens je dem Einſichtsvollen klar zu machen. Mohammed
(Mehmed) A li (\. Bd. 7) legte in jener Zeit den Grund zu ſeiner Macht und ſeinem
Glúke, indem er ſich durch ſeine Tapferkeit in dem Kampfe gegen die Franzoſen und
fpäter gegen die unruhigen Mamluken den Kriegsruhm erwarb, der es ihm möglich
machte, ſeine Herrſchaft zu befeſtigen. Als er fünf Jahre nach ſeiner Ernennung
zum Statthalter, mehr durch grauſame Liſt als durch Bewalt, die unruhigen Mam-
lu>en (1811) aus dem Wege geräumt hatte und fich im ruhigen Befige des Lan
des ſah, war ſein eifrigſtes Streben dahin gerichtet, die Erfahrungen zu benugen,
die ihm gezeigt hatten, welche Vortheile Kriegszucht und Kriegskunſt gegen die uns
geordneten Scharen aſiatiſcher Kriegsvölker gewähren. Zu einer richtigen Würdi-
gung der duch Mohammed Alt bewirkten Umwandlungen muß man nicht ver-
geſſen, daß ſie aus dem Bedürfniß einer Umbildung des Kriegsweſens hervorgegan-
gen ſind, und daß dieſes Bedürfniß durch die Nothwendigkeit erzeugt wurde, die er-
langte Herrſchaft gegen offene und geheime Feinde zu hüben. Die Handelsverbine
dungen, welche der Paſcha, {on in ſeinen jüngern Jahren an kaufmänniſche Un-
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