Full text: A bis E (1. Band)

  
  
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Ägypten 4 
als ſie nicht mehr die koſtbar gerüſteten Osmanli ſahen, ſondern Kriegskeute in gros 
ben Ja>en mit langen Nägeln, wie ſie's nannten, auf den Flinten, ruhig in Reihen 
ziehend. Aber das erſte Gefecht, welches das ägyptiſche Nizam beſtand, war ein ent- 
ſcheidender Sieg, und als die frohe Botſchaft nah Kahira kam, ſprang Moham- 
med Ali entzückt vom Divan auf. Die Mahnungen der Pforte, die Beiſtand gegen 
die Griechen foderte, nôthigten ihn zu neuen Rüſtungen , da er den Befehlen des. 
Sultans nicht länger ausweichen konnte, ohne die Betheuerungen ſeiner Unterthanen- 
freue verdächtig zu machen. Er befahl die Einſchiffung ſeiner übrigen vier Regimen- 
ter, die aus 16,000 M. beſtanden, während er zu gleicher Zeit aus den Kriegsluſtiz 
gen, die zu dem Lager ſtrömten, drei neue bildete. Seve, der nun ſein Werk vollendet 
und ein Heer von 24,000 M. gebildet hatte, that den Schritt, der einem Manne 
übrig blieb, welcher in ſeiner Heimath Alles verloren und nur im fremden Lande ein 
belohnendes Ziel feines Ehrgeizes ſah. Er hatte fehon lange, ducch Mohammed’s 
Sreigebigfeit unterftügt, glänzend nach morgenländ. Sitte gelebt und ſich drei Weiz 
ber, Sklavinnen aus Habefch, genommen. Einen Rang im Heere durfte der Pas 
ſcha ihm nicht geben, da ein Chriſt nicht zum Befehlshaber über Osmanli erhoben 
werden konnte, Seiner tveitgreifenden Wirkſamkeit, ſeiner wichtigen Dienſte unz 
geachtet, ward er ſo wenig als andere chriſtliche Offiziere zum Heere gerechnet; ihre 
Dienſileiſtungen wurden nur durh Gehalterhöhungen belohnt, und immer mußten, 
ſie ſich mit dem Namen Talemdſchi (Lehrer) begnügen. Die Würde eines Bey und. 
ber Befehl über ein Regiment waren der Preis, und Seve ging zum Jslam über. 
Er heißt ſeitdem Soliman Bey. 
Bei der neuen Heerbildung war, außer Seve, beſonders der Türke Osman 
Bey Nureddin wirkſam. Er ward in früher Jugend von dem Paſcha nach Europa 
geſchi>t und brachte einige Jahre in Frankreich und JFtalien zu, wo er ſich mit der 
europâiſchen Literatur bekannt machte. Nach ſeiner Rückkehr überfegte er die franz 
zöfifchen Urmeeverordnungen und Exerciervorſchriften ins Türkiſche, und dieſe Anz 
ordnungen wurden bei der neuen Heerbildung angenommen. Er gründete 182% 
eine Elementarſchule zu Caſer el-ain unweit Kahira, die gegen 600 Zöglinge hatte, 
ſowol Türken als Araber, welche Sprachen, Zeichnen, Arithraetik u. Geometrie, ſowie 
das Infanterie-Erercitium lernen mußten. Aus dieſer Schulekamen die Zöglinge in 
die hôhern Lehranſtalten oder wurden in der Civilverwaltung angeſtellt. Dieſe Anſtalt, 
die fpäter unter die Leitung eines unterrichteten, aber ſorgloſen Türken kam, erfüllte 
ihre Beſtimmung nicht, da Sitten und Schulzucht in Verfall kamen, und als die Leh- 
rer einſt ihre Klagen an den Vorſteher brachten, antwortete er: „Lieber Gott, es ſind jæ 
nur Kinder!“ Am Beſchneidungsfeſte brachte man ſogar Tänzerinnen und lüderliche 
Mädchen in den Schulſaal, um die auf Paradebetten liegenden Zöglinge zu zerſtreuen. 
Eine Kriegsſchule zur wiſſenſchaftlichen Bildung der Offiziere ward 1825 geſtiftet, 
und zu gleicher Zeit ein Generalſtab errichtet, an deſſen Spize Osman Bey kam. Die 
Schule ſtand unter der Leitung des franzöſiſchen Artillerieoffiziers Planat, unter 
welchem mehre Franzoſen und Jtaliener als Lehrer angeſtellt waren. Die Zög- 
linge waren Oberſten, Adjutanten und Hauptleute, die in der Arithmetik und Geoz 
metrie, im Zeichnen und Franzöſiſchen, in der Jnfanterietaktik, Artilleriewiſſen- 
ſchaft, Topographie und Situationszeichnung unterrichtet wurden. Es war an- 
fänglih mit großen Schwierigkeiten verbunden, die trägen und unlenkſamen Tür- 
fen an eine tägliche Anſtrengung von ſehs Stunden zu gewöhnen. Jhr Verſtand 
war fo wenig geübt, daß fie nicht die einfachften Erklärungen begriffen. Die 
Schwierigkeit, ſich verſtändlich zu machen, vermehrte die Hinderniſſe, bis es eînem 
jungen Drientaliſten, König, nach vielen Nachforfchungen gelang, die nöthigen 
techniſchen Ausdrücke ins Türkiſche zu überfegen; da es aber für viele Ausdrücke 
keine Wörter in diefer Sprache gab, fo bildete Dsman Bey mit Hülfe des Arabiz 
ſhea neue, die in dea Schulen angenommen wurden. Bei dem Unterrichte im 
 
	        
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