Full text: A bis E (1. Band)

  
510 Conſtitutionen der lezten fünf Jahre 
Staatsbiener ohne Urtheil und Recht entlaſſen werden kann, Trennung der Juſtiz 
von der Verwaltung, zeichnen die heſſiſche Verfaſſung vortheilhaft aus. Daß Ab- 
gaben ohne ſtändiſche Bewilligung nicht erhoben werden können, wird in beiden Ur- 
Eunden anerkannt. Die heffifchen Stände haben nur Eine Kammer, welche aus 
48 Mitgliedern beſteht. Die ſächſiſchen Stände ſind in zwei Kammern getheilt, 
wovon die erſte außer den volljährigen Prinzen des königlichen Hauſes 40, die 
zweite 75 Mitglieder zählt. Sowol die heſſiſche als die ſächſiſche Verfaſſung 
machen Offentlichkeit der Verhandlungen zur Regel. Die Stände können Anträge 
auf neue Gefege machen, nur dürfen ſie in Sachſen dem Könige nicht vollftän- 
dige Öefegentwürfe vorlegen. Die Bewilligung der Steuern ſoll in Sachſen nur 
dann für abgelehnt angeſehen werden, wenn in einer der beiden Kammern wenigz 
ſtens zwei Drittheile der Anweſenden dagegen geſtimmt" haben, und einmal be- 
willigte Steuern können auh nah Ablauf der Berwilligungszeit und bei Weige- 
rung der Stände, ſie ferner zu verwilligen, noch ein Jahr lang ‘erhoben werden. 
Die altenburgiſ <e Verfaſſungsurkunde geht von denſelben Grundlagen 
aus, iſt aber in einigen Theilen weiter ausgeführt , wie ſich ſhon daraus abneh- 
men läßt, daß ſie ohne ihre Beilagen 266 $$. enthält, während die ſächſiſche nur 
154, und die Eucheffifche 160 zählt. Sie hat Manches aus der meiningifchen auf: 
genommen, z. B. die Beſtimmung, daß ein minderjähriger Regent nach zurü>- 
gelegtem achtzehnten Lebensjahre von dem regierenden Senior des ſächſiſchen Ge- 
ſammthauſes für großjährig erklärt werden kann ; die ſächſiſche und heſſiſche Verfaſz 
ſung laſſen die Großjährigkeit des Regenten hon mit erfülltem achtzehnten Jahr 
eintreten. Die Domainen, wozu, abweichend von den gewöhnlichen Anſichten, 
auch die Regalien gerechnet werden, ſind Eigenthum des landesherrlichen Hauſes, 
jedoch wird auch hier für den Souverain eine Civilliſte beſtimmt und die Do- 
mainenverwaltung mit der Finanzverwaltung des Landes vereinigt. Jn den Be- 
ſtimmungen über die Nechtsficherheit der Unterthanen und die Garantie der bür- 
gerlichen Freiheit findet ſich Manches, wodurch die allgemein gegebenen Gewäh- 
rungen wieder zurü>genommen werden, wie der Saß, daß Niemand ſeinem or- 
dentlichen Richter entzogen werden könne, durch die Verfügung : daß die Staats- 
regierung außerordentliche Criminalgerichte und Standgerichte, auch für andere als 
Militairperſonen, in Fällen eines „thätigen Anſtrebens gegen die Staatsgewalt“, 
ohne Weiteres niederfegen Eann; die Freiheit, Thatſachen und Meinungen mitzu- 
theilen, wtrd durch den Zuſas vernichtet, daß Alles, was der Ehrfurcht gegen den 
Landesheren, der öffentlichen Ruhe, der Religioſität und Sittlichkeit zuwider iſt, 
vor dem Druck entfernt werden ſoll, wodurch alſo die Cenſur auch größerer Werke 
grundgeſeßlih wird. Manche Beſtimmungen find ſehr allgemein, wie $. 47 : 
„Keinen neuen Öefege darf rückwirkende Kraft beigelegt werden.” Alſo auch nicht 
dem, welches allzu harte Strafen mildert oder unnöthige Formalitäten aufhebt? 
Ausländer follen, wenn fie auswärts ein Verbrechen begangen haben, jedesmal 
ausgeliefert werden, 28 wäre denn, daß fie fich auch im Lande eines Verbrechens 
ſchuldig gemacht hätten. Alſo gewährt das Herzogthum Altenburg keinem Ver- 
folgten den Schuß, welchen heutzutage faſt kein Staat mehr verweigert, und nur 
durch ein neues wirkliches Verbrechen ſoll derſelbe erworben werden können. Keine 
geſebliche Beſtimmung ſichert wenigſtens dagegen, daß ein Fremder nicht wegen 
einer bloßen ungegründeten Anſchuldigung oder wegen einer Handlung, die nach 
den Landesgeſeßen gar kein Verbrechen iſt, ausgeliefert werde. Die Landſtände 
beftehen aus 25 Mitgliedern, nämlich einem vom Herzog aus den Abgeordneten 
der Nittergutsbefiger ernannten Präfidenten, und aus den Abgeordneten der Ritter: 
gussbefiger, Bürger und Bauern, die immer auf zwölf Jahre erwählt werden, bie 
längſte Periode, welche uns vorgekommen iſ, und in welcher das Vertrauen der 
Wähler fi wol mehrmals ändern könnte. Die Rechte der Stände ſind die ge- 
  
  
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