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Conſtitutionen der leßten fünf Jahre 5il
wöhnlichen;, ohne ihre Verwilligung Eönnen Eeine neue Steuern ausgefchrieben,
wol aber, wenn fie fich mit der Regierung über den Staatsbedarf und deſſen Auf-
bringung nicht vereinigen, die bisherigen Steuern noch ein Jahr lang erhoben wer-
denz in Anſehung ber Gefege, welche nicht die Freiheit und das Eigenthum der
Unterthanen betreffen, feheint ihre Zuſtimmung nicht fchlechterdings erfoderlich
zu ſein.
Die belgiſche Conſtitution, welche am 7. Febr. 1831 definitiv angenom-
men wurde, ruht auf ganz andern Grundlagen, indem ihr oberſter Grundſab iſt:
alle Gewalten gehen von der Nation aus (Art. 25). Sie kennt keinen Unter-
ſchied der Stände; Adelstitel kann der König zwar verleihen , aber ſie geben feinen
politiſchen Vorzug. Der König repräſentirt den Staat, ſtellt die Beamten an und hat
den oberſten Befehl der bewaſſneten Machtz die Geſege werden von ihm genehmigt
und bekannt gemacht, wobei er ein uneingeſchränktes Veto hat z er hat das Recht,
die Kammern aufzulöſen, und das Begnadigungsrecht. Er hat allerdings einen
großen Einfluß auf die Kammern, und ein Fürſt von Talent und Charakter wird
auch in dieſer Stellung einen MWirkungskreis von unendlicher Wichtigkeit finden.
Aber die eigentliche Kraft der Regierung liegt doch in den beiden Kammern, welche
beiderſeits unmittelbar von der wohlhabendern Claſſe des Volkes gewählt werden,
da der Wahlcenſus nicht über 100 und nicht unter 20 Gulden jährlicher Steuern
ſein ſoll, nur mit dem Unterſchiede, daß die eigentliche Repräſentantenkammer
der Zahl nach noch einmal ſo ſtark iſ als der Senat; daß die Repräſentanten im-
mer auf vier, die Senatoren auf acht Jahre gewählt werdenz daß man, um zum
Repräſentanten wahlfähig zu ſein, nur geborener oder naturaliſirter Belgier, im Be-
ſig der bürgerlichen und politiſchen Rechte, in Belgien wohnhaft und 25 Jahre alt
fein muß; um Senator zu werden aber 40 Jahre alt und ein reicher Mann fein
muß, welcher wenigſtens 1000 Gulden jährliche Steuern bezahlt. Dagegen be-
fommen die Repräſentanten einen monatlichen Gehalt von 200 Gulden, die Sena-
toren nichts. Die Normalzahl ſolcher reichen Leute wird zu 1 auf 6000 Seelen
der Bevölkerung angenommen, was für ganz Belgien eine Zahl von etwa 700
gäbe, aus welcher die Senatoren ermählt werben können. Es ſcheint aber dieſe
Zahl in den großen Städten doc) größer zu fein; darüber, welchem Stande fie vor-
züglich angehören, ob den Grundbefigern, den Fabrikherren, dem Handelsflande,
wiſſen wir nichts zu ſagen. Die allgemeinen Freiheiten des Volkes ſind dagegen
ſehr groß; Unverleglichkeit dev Wohnung, volle Religionsfreiheit, auch der öffent
lichen Ausübung, Sreiheit des Unterrichts, volle Preßfreiheit, Befugniß , ſich, je-
doh unbewaffnet, zu verſammeln, Vereine zu ſtiften, Adreſſen zu übergeben.
Merkwürdig iſ die gänzliche Unabhängigkeit aller Kirchen. Die Regierung darf
fich ſchlechterdings nicht in die Ernennung und Einſezung der kirchlichen Beamten
miſchen z fie darf ihnen die Correſpondenz mit ihren Obern (alſo auch nicht mit
dem Papſte) nicht verbieten und die Bekanntmachung der kirchlichen Verordnun-
gen nicht hindern. Das Urtheil durch Geſchworene findet in allen Criminalſachen
ſtatt, auch bei Preßvergehen ; die Rechtspflege iſt óffentlich ; die Richter werden
auf Lebenszeit ernannt, und zwar vom König, aber bei den hôhern Stellen aus
doppelten Verzeichniſſen, welche von den Gerichtshôfen und den Provinzialcollegien
(bei dem Caſſationshofe von dem Senate) vorgelegt werden. Die belgiſche Ver-
faſſung nähert ſich demnach ſehr der nordamerikaniſchen , nur daß die neun Pro:
vinzen Belgiens nicht die ſelbſtändige Verwaltung und Geſeßgebung der Staaten
von Nordamerika haben. Sie geht in dieſer Hinſicht ſehr viel weiter als die
franzöſiſche.
Bon den Verfaſſungsarbeiten anderer Staaten läßt ſich in diefem Augendlice
noch nichts ſagen, und die nächſte Zukunft wird es zeigen, welchen Gang dieſe große
Angelegenheit in Braunſchweig, Hanover und Holſtein nehmen wird.