Full text: A bis E (1. Band)

  
554 Dacier 
hatte, waren die Worte ſets ſeine Loſung: „Beweiſet, Polen, daß die Revolution 
nicht Anarchie und Umſturz der geſellſchaftlichen Ordnung, ſondern die Wieder: 
eroberung geraubter Rechte und Unabhängigkeit zum Zielpunkt ihres Strebens ges 
ſet habe.“ Nach den Greueltagen des 15. und 16. Aug. 1831, wo der patrioti 
ſhe Club, den Prieſter Pulawskfi an der Spige, die Regierung wegen ihrer Langs 
muth und Milde heftiger als je tadelte, auf die Herbeifhaffung des Generaliffi: 
mus Skrzyne>i und deſſen Verantwortung drang, die blinde Volkswuth aber mit 
geäßlichem Morde dem Urtheile des Gefeses vorgriff, legte C. feine Stelle nieder, 
Die Regierung wurde aufgelöſt, und General Krukowie>i, der ſchon in der Nacht 
vom 15. zum 16. neuerdings zum Gouverneur von Warſchau ernannt worden 
war, mit großer Machtvolllommenheit an die Spige der neuen Verwaltung ge- 
ſtellt, Mit dem Abgange des edeln C. ſchien der gute Stern Polens untergegangen 
zu ſein, Um ſelbſt den Terroriſten zu beweiſen, daß ihm kein Opfer für das Vater: 
land zu groß ſei, hielt ſich C. in den lezten Tagen des Freiheitstampfes bei dem 
Truppencorps des Generals Ramorino als Freiwilliger auf, in deren Reihen er 
als gemeiner Soldat diente. Als dieſer aber zu Anfang Septembers 1831 in der 
Gegend von Zaklikow auf öſtreichiſches Gebiet übergetreten war, verließ er mit 
blutendem Herzen Polen und begab ſich ſpäter nach London, wo er jebt an der 
Seite des würdigen Niemcewicz, mitten im Gewühle der Hauptſtadt der Welt eins 
ſam und verlaſſen, wie einſt Marius auf den Trúmmern von Karthago, das nie 
genug zu belagende Gefchick feines Baterlandeg beweint, 8 
“D. 
D acier (Bon Joſeph), franzöſiſcher Akademiker und Bibliothekar, wurde am 
1. April 1742 zu Valognes im Departement Manche geboren, vollendete ſeine 
Studien in Paris am Collège d’ Harcourt ‘als Mitſchüler von Talleyrand und 
Choiſeul-Gouffier, mit denen er auch ſpäter in nahen Verhältniſſen blieb. Von 
ſeinen Altern zum geiſtlichen Stande beſtimmt, erhielt er die erſte Weihe, ver- 
ließ aber dieſe Laufbahn bald, um ſich dem Geſchichtſtudium zu widmen, und 
nahm an den von Sainte-Palaye und Foncemagne geleiteten Arbeiten über die Ge- 
ſchichte Frankreichs Theil. Letterer gewann den jungen D. lieb, nahm ihn zu 
ſich ins Haus, und als Foncemagne Erzieher des Herzogs von Chartres wurde, 
wohnte D. bei ihm im Palais Royal und war dort Mitſchüler des Prinzen, der feitz 
dem unter den Titeln Citoyen Egalité, Herzog von Orleans, Louis Joſeph Philipp, 
in der Geſchichte aufgetreten, D. ward 1772 Mitglied der Académie des ins- 
criptions, die ihn 1782 zu ihrem lebenslänglihen Secretair ernannte. Als ſol: 
cher ſtiftete D. das Comité der Handſchriften, welches ſeitdem die berühmten „No- 
tices et extraits“ aus den unedirten Werken der pariſer Bibliotheken herausgab. 
Er wurde 1784 vom Grafen Provence, ſeitdem Ludwig XVUL, zum Hiftorio- 
graphen der Orden St.-Lazarus, Jeruſalem und Carmel ernannt. 4790 ges 
hörte D. zur Municipalität der Stadt Paris und beforgte die Organiſation der 
Steuern. Einige Zeit nachher ſchlug er das ölnanzminifterium aus, welches ihm 
Ludwig XVI anbot. Er trat dann von der Municipalität aus und zog fich 1792 
aufs Land zur, mußte, un den Berfolgungen zu entgehen, feinen Zufluchtsort 
mehrmals wechfeln und erſchien erſt 1795 bei der Stiftung des National- 
inſtituts von Neuem in der Hauptſtadt. Darauf im Jahre 1800 zum erſten. Vor- 
ſteher der Nationalbibliothek ernannt, 1802 Mitglied des Tribunats, 1804 der 
Ehrenlegion, 1816 Mitarbeiter des „Journal des savans ", 1819 Ritter des 
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