592 Deutſche Kunſt
zog ihn jedoh mehr zur Architektur als zur Malerei, und in Ftalien reifte im An-
ſchauen der alten Monumente und im Umgange mit Weinbrenner der Entſchluß, der
Baukunſt ſich zu widmen. Er war es, dem ſpäter Göthe den Ausbau des weimari-
ſchen Schloſſes übertrug, und der nach eignem Riffe das vor einigen Fahren abge:
brannte Theater zu Weimar aufführte, Jn Stuttgart als Hofarchitekt angeſtellt,
fand er unter der Regierung König Friedrichs keine Gelegenheit, größere Bauwerke
zu unternehmen. Um ſo mehr aber ward ſeine Thätigkeit für die immer wechſeln-
den Feſte an jenem glänzenden Hof in Anfpruch genommen, und hier entwi>elte
T. ſein außerordentliches Talent für die poetiſche und maleriſche Seite der Ar-
chitektur. Davon hat er auh 1828 bei Veranlaſſung des in Stuttgart began-
genen Jubelfeſtes der Geburt des Herzogs Karl Eugen von Würtemberg , des
Gründers der vormaligen Hochſchule ſeines Namens, ein bewundertes Zeugniß
gegeben, und gibt e8 alljährlich in der immer neuen und originellen, gefhmadoollen
Decoration der Säule, die bei dem Volksfeſte zu Kanftadt am Nedar mit Blumen
und Früchten des Landes behangt wird, Unter König Wilhelm hat er das Katha-
vinenhofpital in Stuttgart gebaut und den Kurfaal in Kanftadt aufzuführen anges
fangen, und nad) feinen Planen ſoll ein Palaſt für die Prinzeſſinnen Töchter des
Königs und der Königin Katharina, geb. Großfürſtin von Rußland, auch ein neues
Theater an der Stelle des alten , deſſen innere Einrichtung gleichfalls von T, her:
ruhrt, zur Ausführung kommen. — Sn einer geößern Sphäre, zugleich als Vor-
gänger und Repräſentanten der jüngſten Richtungen deutſcher Architektur, wir-
ken Karl Friedrih Schinkel, preußiſcher Geheimer Oberbaurath, geboren
1781 zu Neuruppin, und Leo von Klenze, bairiſcher Geheimer Oberbaurath,
Hofbauintendant und ſeit 1830 Vorſtand- der neuorganiſirten oberſten Baube-
hôrde in München, geb. 1784 im Fürſtenthum Hildesheim. Wenn Weinbrenner
mehr Studium als Genie, und auch bei jenem eine beſchränktere und gemiſchte
Aneignung claſſiſcher Formen der Vorzeit beſaß, wozu auch die damals noch be-
ſchränktere Kenntnip des Alterthums beitrug , ſo entwi>eln dieſe neuern Meiſter
in dem ihnen aufgeſchloſſenen Spielraume eine ſowol intenſiv als extenſiv be-
deutendere Kraft, jedoch beide in deutlicher Divergenz ihrer Jndividualitäten, wo-
bei Klenze mehr durch hiſtoriſche Treue, Schinkel dur< Originalität und freies
Walten im Gebiete der architektoniſchen Mittel ſich auszeihnet. Klenze lie-
fert in ſeinen Bauwerken den Beweis eines gründlichen und geiſtreichen hiſto-
riſhen Studiums, ſofern z. B. die Glyptothek den ioniſchen, der neue Königs-
bau den florentiniſchen, die damit verbundene Allerheiligencapelle den byzantini-
ſchen, das münchner Kaufhaus den venetianiſhen Bauſtyl repräſentiren. Sein
jüngſt vollendetes Werk iſt das prächtige Palais des Herzogs von Birkenfeld. Der
neue Königsbau und die Pinakothek zu München und die Walhalla, auf dem
Berge Donauſtauf bei Regensburg , ſind gegenwärtig im Bau begriffen. Dieſe
lebtere beſteht in ihrem oberſten Theil aus einem altdorifchen, ganz aus weißem
Marmor conſtruirten Tempel, mit 8 Säulen in der Fronte und 17 Säulen auf
der Nebenſeite, auf drei Stufen ſich erhebend, zu welchen breite Treppen, von cy-
Elopifchen Mauern getragen, den Berg hinanführen. Das Giebelfeld der Vorder-
feite werden Bildwerke fchmüden, Deutſchlands Ruhm und Befreiung in koloſſa-
len Figuren darſtellend. Hinter den 8 Säulen, welche die Fronte bilden, wird
eine zweite Reihe von 6 Säulen die Eingangshalle ſtüben, durch elche eine große
Thür in das Junere des Tempels führt. Hier werden, in drei Abtheilungen ge-
ſondert, 150 Büſten großer Deutſchen aufgeſtellt; die Wände ſind von röthlichem
Marmor, der Fries (von J. M. Wagner) ſtellt der deutſchen Ureinwohner Einwan-
derung, Sitten und Gebräuche, Krieg und Verkehr bis auf die Taufe der Sachſen
„durch Karl den Großen dar. Ebenſo ſind die Glyptothek und Pinakothek durch
plaſtiſche Werke und dur Frescogemälde, dort der alten Mythe und Geſchichte,
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